54. Nacht

Der Heizer des Bades pflegt Dau el-Makan mit Zuckerscherbett, Veilchenscherbett 54, Weidenblütenwasser (s.a. den Beginn von "Die Geschichte des Lastträgers und der drei Damen"), Rosenwasser und täglich zwei Küken einen Monat lang, bis dieser gesundet. Von den fünf Dirhems, die der Heizer täglich im Bad verdient, verwendet er zwei für die Pflege des Prinzen.

Man beachte: 40 % des täglichen Verdienstes für Wohltätigkeit an einen Fremden auszugeben. Was für eine Gastfreundschaft!

Dann gehen die beiden ins Bad, wo ihn der Heizer mit Lotusblättern und Lupinenmehl 54a waschen will, doch der Badediener übernimmt diese Aufgabe mit der Begründung:

"Das ist ein Eingriff in die Rechte des Herrn des Bades."

Heißt das, dass der Badediener in der Hierarchie über dem Heizer steht?

Heizer und Dau el-Makan kehren zurück zum Haus des Heizers, wo sie sich gegenseitig die Geschichte erzählen. Dau el-Makan wird erst jetzt wieder bewusst, dass er in Jerusalem ist.

"Sie haben mich in der Liebe über die Kraft beladen;
Um ihretwillen kam über mich das schwerste Leid.
Oh ihr, die ihr mich fliehet, fühlt doch mit meinem Herzblut;
Sogar jeder Neidhart erbarmt sich meiner Verlassenheit.
Versagt mir nicht einen Blick, der meine Schmerzen lindert,
Die Leidenschaft auch, die mir zu schwer zu ertragen ward!
Ich bat mein Herz, es möchte mit euch Geduld noch haben;
Es sprach: Lass mich in Ruh! Geduld ist nicht meine Art."

Dau el-Makan erklärt, weiter nach Damaskus reisen zu wollen, aber der Heizer will ihn weiterhin beschützen:

"Es wird mir schwer, mich von ihm zu trennen, und ich bin um ihn wegen der Straßenräuber besorgt."

Die Frau des Heizers willigt ein, die beiden zu begleiten, und so verkaufen sie ihre gesamte Habe.

Damaskus! Da läuten doch bei jedem die Alarmglocken, der aufgepasst hat, wohin Scharkân in der 53. Nacht aus Hass gegen seinen Bruder gezogen ist.

 

54 Scherbett = Sorbett, d.h. Halbgefrorenes, das ohne Milchprodukte zubereitet wird. Herkunft sowohl des Wortes und wahrscheinlich auch des Gerichts aus dem Persischen, das über die Araber nach Europa gelangte.

54a Lupinenmehl (aus der Süßlupine, nicht aus den giftigen Zierlupinen) derzeit als Ökofutter wieder im Kommen, da es das Sojamehl verdrängt, allerdings gibt es viele, die auf Lupinenmehl allergisch reagieren. Lange Zeit war, wie hier beschrieben, Lupinenmehl aber auch als Waschsubstanz im Einsatz, besonders im Mittelmeerraum.

53. Nacht

Während König Hardûb dem Rat der Alten folgt und Dutzende Mädchen ausbilden lässt, gewahrt König Omar ibn en-Nu’mân das Verschwinden von Abrîza, und lässt nun die Tore der Stadt noch stärker bewachen. Seinen drei Kindern lässt er nun alle Liebe angedeihen, was Scharkân zu immer größerer Eifersucht aufstachelt:

"Ich fürchte, sie wird in mir so stark werden, dass ich sie umbringe und dass du aus Rache mich erschlägst. Dies ist also der Grund, warum meine Farbe bleich ist."

Um diesem Schicksal zu entgehen, lässt sich Scharkân als Statthalter von Damaskus einsetzen. Er reist dorthin, und nimmt den Wesir Dandân mit sich.
Kaum ist Scharkân abgereist, so erhält der König die Kunde, dass die anderen beiden Kinder voll ausgebildet sind. Vor allem der Sohn Dau el-Makân

widmete sich der Frömmigkeit und dem Gottesdienste; denn er liebte die Armen, die Gelehrten und Männer des Korans, so dass ihn alles Volk von Bagdad liebgewann, Männer wie Frauen.

Als eines Tages nun eine nach Mekka reisende Pilgerschar durch Bagdad kommt, bittet Dau el-Makân seinen Vater, mitreisen zu dürfen, was dieser ihm verweigert. So beschließen er und seine Schwester sich heimlich dem Zug anzuschließen.

So erreichten sie das hochheilige Mekka, verweilten am Berge Arafât und vollzogen alle Pilgerpflichten. Dann gingen sie nach Medina zum Grabe des Propheten.


Mekka heutzutage während der Hadsch

Schließlich gelüstet es Dau el-Makân, auch nach Jerusalem zu reisen. Doch auf der Reise erkrankt erst Nuzhat ez-Zamân, die wieder gesund wird, aber ihren Bruder ansteckt, der, als sie Jerusalem erreichen, völlig am Ende ist. Seine Schwester pflegt ihn, aber das Geld geht ihnen aus. Als der Dau el-Makân wieder bei Besinnung ist, erbittet er sich etwas Fleisch.

"Bei Gott, lieber Bruder (…) ich habe nicht die Stirn zum Betteln; aber morgen will ich in das Haus eines Reichen gehen und durch Dienst etwas erwerben, wovon wir beide leben können." (…) Er entgegnete: "Das verhüte Gott! Du wirst ins Elend geraten."

Spricht hier die Erfahrung, dass man durch Arbeit nicht reich wird oder sieht es der Bruder als Schande an, dass seine Schwester als Frau arbeiten muss oder weil sie adlig ist?

Tatsächlich kehrt die Schwester zwei Tage lang nicht wieder. Zitternd steht er auf, um auf dem Basar etwas zu erbetteln. Sein Anblick rührt die Kaufleute, sie spenden ihm Nahrung. Und als er zusammenbricht, gibt man einem Kameltreiber Geld, damit dieser ihn nach Damaskus brächte.

Heißt das, in Jerusalem gibt es keine Spitäler?

Der Kameltreiber nimmt das Geld, doch hält er den Kranken nicht für reisefähig und wirft ihn auf den Misthaufen hinter en Badehaus. Dessen Heizer hält Dau el-Makân zunächst für einen Drogensüchtigen:

"Na ja, so’n Kerl wie du frisst Opium und wirft sich dann hin, wo es gerade trifft." Doch als er ihm ins Gesicht blickte und seine bartlosen Wangen und seine Schönheit und Anmut sah, da hatte er Mitleid mit ihm und erkannte, dass er ein kranker Fremder war."

Er nimmt ihn zu sich auf,

denn der Prophet – Allah segne ihn und gebe ihm Heil – hat befohlen, den Fremdling zu ehren, vor allem, wenn der Fremdling krank ist."

Langsam geht es Dau el-Makân besser.