Tu erst mal so, als wärst du gut. Umso eher stellt sich das dann auch ein.
Tu erst mal so, als würdest du dieses Game, dieses Format beherrschen. Umso eher stellt sich das dann auch ein.
Tu erst mal so, als hättest du gute Laune. Umso eher stellt sich das dann auch ein.
Fake it til you make it.
Freude und Arbeit
In dem Moment, wo das Geschehen auf der Bühne eher nach angestrengter Arbeit als nach Freude aussieht, langweilt es. Das bedeutet, man sollte sich nicht auf mehr als zwei Regeln gleichzeitig konzentrieren. Für alte Bühnenhasen bedeutet es: Entwickle ein Gespür dafür, wann etwas zur Routine wird. Egal ob lustiges Impro-Spielchen oder elaborierte Langform – für den Zuschauer ist es nur spannend, wenn es auch für den Spieler spannend ist.
Akzeptieren
Akzeptieren können wir einerseits als Technik begreifen, andererseits aber auch als grundlegendes Prinzip der Improvisation.
Johnstone beschreibt vor allem den technischen Aspekt: Indem wir vor allem auf Sinn-Gehalte eingehen, treiben wir die Geschichte voran. Wir verlassen uns psychologisch auf den Strom der Gedanken und Ideen, der durch uns fließt, ohne an einer einzelnen Idee festzuhalten. Dies betrifft nicht nur die Improvisation mit Partner, sondern auch die Solo-Improvisation, z.B. beim Musizieren oder Schreiben.
Wenn wir Improvisation von einer Ebene darüber betrachten, geht es um Akzeptieren des Spiels. Das heißt, ich muss zunächst erkennen, worin das Spiel liegt. Beispielsweise hat Johnstone das Spiel „Beide blockieren“ erfunden, welches recht unterhaltsam sein kann, wenn die Spieler das Spiel akzeptieren und sich entsprechend einbringen. Akzeptieren als Prinzip verlangt einen weiten Blick, ein Gespür für Spiele (i.S.v. „Game“) aller Art. Liegt ein verbales Spiel in der Luft, eine emotionale Achterbahn oder ein langer Erzählbogen.
Um Akzeptieren als Prinzip in uns aufzunehmen, brauchen wir Offenheit und ein Gefühl für Muster. Um Akzeptieren als Technik zu verinnerlichen, müssen wir uns von unserer Angst lösen.
84. Nacht
Der Wesir Dandân fährt fort, Dau el-Makân davon zu berichten, wie die Alte dem König Omar ibn en-Nu’mân durch Anekdoten ihre Weisheit unter Beweis stellt.
Der Imam esch-Schâfi’i 84 pflegte zu sagen: "Ich habe es gern, wenn die Menschen aus meiner Gelehrsamkeit Nutzen ziehen, wenn nur mir nichts davon zugeschrieben wird."
Als Imam, der von allen geachtet wird, kann er sich solche demonstrative Bescheidenheit freilich leisten, die ihm dann wieder zum Ruhm gereicht. Und dass der Ausspruch noch heute bekannt ist, macht ihn sozusagen selbst zum Paradoxon.
Eine Anekdote über Abu Hanifa 84a berichtet über dessen Verachtung gegenüber dem zweiten Abassidenkalifen Abu Dscha’far el-Mansur 84b, den er als Tyrannen bezeichnet.
esch-Schâfi’i sprach:
Willst du, o Seele, meinen Rat befolgen,
Und reich an Ehren sein in Ewigkeit,
Wirf von dir die Begierden und die Wünsche!
Wie mancher Wunsch schon brachte Todesleid.
Es folgen weitere Anekdoten. Nachdem die Alte ihr Rede endet, ist König Omar ibn en-Nu’mân so ergriffen, dass er der Alten und den hochbrüstigen Jungfrauen den Palast der verstorbenen Prinzessin Abrîza zuweist. Er erkundigt sich bei der Alten nach dem Preis der Jungfrauen.
"Ich verkaufe sie dir nur um den Preis, dass du einen vollen Monat lang fastest, und zwar so, dass du tagsüber fastest und die Nacht hindurch wachest um Allahs des Erhabenen willen."
Die Alte steigt durch dieses Ansinnen in den Augen de Königs:
"Allah segne uns durch diese fromme Frau."
Sie reicht ihm außerdem einen Krug, aus dem er nach zehn Tagen trinken soll.
84 Eine als "Biographie" betitelte Sammlung von Anekdoten über diesen Imam (132-204 n.H.) findet sich hier.
84a Gründer der hanafitischen Rechtsschule – der bedeutendsten im Islam.
84b Gründer Bagdads
Akzeptieren in fragmentierten Langformen
Crossover-Probe mit der Tänzerin Nina Wehnert. Ähnlich wie in anderen nicht-narrativen Langformen liegt eine gewisse Poesie in der Fluktuation, im Fraktalen usw. Die Schwierigkeit besteht aber darin, sich nicht aus der Schwierigkeit der Darstellung ins Fraktale zu retten, bloß weil man szenisch-narrativ in Schwierigkeiten steckt. Die Poesie der Brüche ist keine Entschuldigung fürs Blockieren.
Akzeptieren / Blockieren
Im Workshop wieder Diskussion übers Akzeptieren, als ich ein Blockieren entferne, obwohl die Szene im Grunde funktionierte. Man kann natürlich bis zum Abwinken diskutieren, ob ein Angebot geblockt wurde oder nicht. Der Kern, so denke ich, liegt darin, dass 95% der Blockierungen aus Angst geschehen. Selbst wenn man mit den so entstehenden Szenen noch einigermaßen kreativ umgehen kann, katapultiert es die Szenen wesentlich besser, wenn nicht verneint wird. Ich kann mich eigentlich auch nicht erinnern, je eine Blockierung gesehen zu haben, die nicht aus Angst entstand, sich auf die Angebote des anderen einzulassen, wobei ich das Blockieren aus Arroganz („Meine Idee ist besser als deine“), als Teilmenge des Angst-Blockierens auffasse.