235. Nacht – Schwimmen können

Mardschâna verliebt sich in el-As’ad, der immer betrunkener wird. Er geht in den Garten, um dort ein Bedürfnis zu verrichten und legt sich neben den Springbrunnen, um dort seinen Rausch auszuschlafen.

Nach einem Jahr Folter dürfte er auch einigermaßen geschwächt sein.

Bahrâms Matrosen füllen ein letztes Mal ihre Schläuche und finden den schlafenden el-As’ad, den sie aufs Schiff tragen. Zu Bahrâm sprechen sie:

„Deine Trommel hat geschlagen, deine Flöte hat geblasen! Deinen Gefangenen, den dir Mardschâna mit Gewalt abgenommen hat, haben wir wiedergefunden.“

Sie segeln davon.
Mardschâna lässt nach el-As’ad suchen, man findet aber nur seinen Mantel, und so befiehlt sie die Verfolgung des Schiffes.

„Wenn ihr das Schiff des Magiers einholt, so sind euch von mir Ehrenkleider und Geldgeschenke gewiss. Wenn ihr es aber nicht einholt, so lasse ich euch bis zum letzten Mann hinrichten.“

Es kommt immer auf die richtige Motivation an.

Die Flotte erreicht das Magier-Schiff, und Bahrâm ist wieder mit der Folterei von el-As’ad eschäftigt.

Da sah er, wie das Geschwader sein Schiff umringte wie das Weiße des Auges das Schwarze umringt.

Und so lässt Bahrâm seinen Gefangenen ins Meer werfen, der zunächst untertaucht, dann aber

ruderte er mit Händen und Füßen.

Klingt einigermaßen unbeholfen. Warum nicht „Schwimmen“? Vielleicht ist es wirklich dort gerade nicht bekannt. Tatsächlich ist es immer wieder erstaunlich, dass z.B. Matrosen nicht schwimmen konnten oder womöglich gar wegen dieser Unfähigkeit rekrutiert wurden, umso mehr würden sie in Gefahr für den Erhalt des Schiffs kämpfen.
In Ghana verbrachte ich ein paar Tage am Lake Bosumtwi, an dem ca. 35 Fischerdörfer lagen. Keiner der Fischer, so hieß es, sei in der Lage zu schwimmen.

El-As’ad erreicht Festland und ernährt sich von Kräutern und geht weiter, bis er eine Stadt erblickt.

234. Nacht – Marx‘ Kapital

Vitrine Gesamtausgaben

Dritte Reihe, elftes Buch von rechts

Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Dritter Band. Buch III: Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion.

Erworben: ca. 1990
Status: Gelesen.
Erster Satz „Im ersten Buch wurden die Erscheinungen untersucht, die der kapitalistische Produktionsprozess, für sich genommen, darbietet, als unmittelbarer Produktionsprozess, bei dem noch von allen sekundären Einwirkungen ihm fremder Umstände abgesehn wurde.“
Kommentar: In Vorbereitung zu meiner Zwischenprüfung gelesen, was mir dann aber auch nicht viel geholfen hätte. Das Kommunistische Manifest könnte, mit wenigen Umformulierungen auch als das Manifest von atac übernommen werden. Die phänomenale Sprengkraft der globalisierten kapitalorientierten Wirtschaft hat Marx seherisch schon 1848 beschrieben. Was den dritten Band des Kapital betrifft, muss ihm zumindest Unschärfe vorgeworfen werden: Jedenfalls ist bis heute unklar, ob mit „tendenzieller Fall der Profitrate“ eine wirtschaftliche Gesetzmäßigkeit beschrieben wird oder nicht.

**

Das Magierfest naht, und der Magier Bahrâm belädt sein Schiff mit Kisten, in einer versteckt er el-As’ad. In einer Regung lässt dessen Bruder el-Amdschad das Schiff durchsuchen, findet aber nichts. Das Schiff fährt los und landet an einer Insel, der Königin Mardschâna heißt. Man behauptet, el-As’ad sei ein Mamluke, ein weißer Sklave. Die Königin befiehlt ihm zu schreiben, wenn er das könne. Dieser schreibt:

„Du Einsichtsvoler, sage, was vermag ein Mensch,
Wenn ihm das Unglück stets auf allen Wegen hetzt?
Gott warf gefesselt ihn ins Meer und sprach zu ihm:
Sei auf der Hut, dass dich das Wasser nicht benetzt.“

Als sie diese Verse liest, verlangt sie, ihn zu kaufen, doch Bahrâm lehnt ab. Sie lässt el-As’ad fortführen und zwingt Bahrâm sofort abzureisen, sonst

„nehme ich dir alle deine Habe und lasse dein Schiff zertrümmern.“

Darauf Bahrâm:

„Dies ist wahrhaftig keine Reise, über die man sich freuen kann

Alles eine Frage der Perspektive.

Mardschâna vergnügt sich indessen am offenen Fenster bei Speisen und Wein mit el-As’ad.

Die Bourne Faszination

Greengrass zu den Gewaltszenen: „Unstructured, unconsidered ballet.“
Matt Damon/Greengrass: Die Faszination für Bourne liegt auch in seiner Fähigkeit zu Improvisation. Im Gegensatz zu Bond verlässt er sich nicht auf die tollen Hilfsmittel, sondern auf seine Fähigkeit, mit dem umzugehen, was im Moment da ist. In der Brückenszene auf dem Bahnhof Friedrichstraße (!) schließen die Türen der S-Bahn nicht, als er in die Bahn springt. (Durchaus realistisch für S-Bahnhof Friedrichstraße.) Bourne entscheidet in Sekunden: Er springt auf das gegenüberliegende Gleis, wird fast vom Zug erfasst und springt dann auf ein Boot, was ihm die Knochen brechen könnte.

233. Nacht – Andersen

Vitrine Gesamtausgaben

Zweite Reihe, elftes Buch von rechts

Hans Christian Andersen Märchen. Zweiter Band

Erworben: ca. 1997
Status: Einiges gelesen.
Erster Satz "Seht!" (Erster Satz von "Die Schneekönigin!"
Kommentar: Andersen ist schon ein großer Romantiker. Und vieles von ihm liebe ich wirklich, besonders die Geschichte vom großen und dem kleinen Klaus, aber die Elendsstorys wie die vom einbeinigen Zinnsoldaten oder dem Mädchen mit den Schwefelhölzchen schrecken mich doch ab, eine Verklärung der Not. Mir fehlt der Zugang dazu, auch nervt das bisweilen onkelhafte Erzähler-Ich Andersens. Aber all das nehme ich ihm nicht krumm. Die Schneekönigin haut alles raus.

**

El-Amdschad wundert sich, dass der Hausherr Bahâdur nicht wiederkommt und geht in die Stadt, wo dieser gerade hingerichtet werden soll, und so gesteht er den Mord an der Dame. Er wird vor den König geführt, dem er seine Geschichte erzählt und der ihn zum Wesir ernennt.

Minister werden durch Geschichtenerzählen!

Der König lässt nun in der ganzen Stadt el-As’ad ausrufen. Ohne Erfolg

Dabei könnte man doch meinen, dass in einer "Magierstadt" auch der König ein solcher ist.

El-As’ad ward indessen von den Magiern Tag und Nacht, früh und spät gefoltert, bis das Magierfest herannahte.

Möglich, dass es sich hier um das Neujahrsfest zur Tag-und-Nacht-Gleiche am Frühlingsbeginn handelt.

232. Nacht – Cuba sí, Cuba nó!

Ein seltsames Phänomen, dass der Hype um bestimmte öffentliche Personen bei vielen eine abschreckende Wirkung hat, eben weil es ein Hype ist. Diese Abschreckung überträgt sich dann auf die Person. So bin ich vorgestern gleich zweimal innerhalb von einer halben Stunde darauf hingewiesen worden, wie verschlagen und tückisch doch Barack Obama sei. Außerdem sei der Dalai Lama nur eine nützliche Figur des Westens. So aufgesetzt und stellenweise auch ekelhaft der Rummel um solche Leute sein mag, so vergisst man vielleicht auch manchmal, welchen Wandel gerade diese beiden schon durch ihr mutiges Auftreten bewirkt haben:

  • Obama, der in den USA den Mut hat, die internationale Gemeinschaft wieder wahrzunehmen, der sich für die Menschenrechte einsetzt, der seine eigene Fehlbarkeit unterstreicht usw. usf. Fast jede seiner Reden sind bemerkenswert (die Berliner Rede stellt, wie hier bereits erwähnt, eine Ausnahme dar).

  • Den Dalai Lama zu bashen ist gerade seit dem Aufstand in Tibet offenbar ein Modesport unter den Linken geworden. Gerade als wolle man sich des Funktionierens der alten Reflexe versichern.

So wie am Sonnabend  beim Joggen im Stadtpark in der Parkaue. Ein Fest der Arbeitsgemeinschaft "Cuba sí", die zur Linken gehört. Als ich ankomme, wird wie üblich die Freilassung des Amerikaners Abu Mumia-Jamal gefordert. Gleich danach sitzen kubanische Funktionäre auf dem Podium, sprechen von pueblo, patria und Fidel – zu deutsch: Führer, Volk und Vaterland. Dass es die Todesstrafe auch auf Kuba gibt, dass dort hunderte politische Gefangene einsitzen, nur weil sie "socialismo o muerte" nicht als zwingende Alternative empfinden, wird hübsch ausgeblendet. Verehrt werden der Mörder Che Guevara, der Stalinist Thälmann, der altersstarrsinnige Diktator Castro, schöne Familienstimmung.

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Bahâdur, der Eigentümer des Hauses, blickt um die Ecke und sieht el-Amdschad bleich vor Schreck, während die Dame nichts mitbekommt. Er gibt ihm ein Zeichen, zu ihm zu kommen. El-Amdschad entschuldigt sich bei der Dame,

dass er Wasser lassen wolle

und berichtet Bahâdur die Geschichte. Dieser tröstet ihn und verspricht ihm, das Spiel mitzuspielen.

"Wenn ich zu dir komme, so schilt mich und sprich: ‚Warum bis du so lange ausgeblieben?’"

Außerdem möge el-Amdschad ihn ruhig schlagen und keine Ausreden akzeptieren. El-Amdschad geht nun zur Dame zurück, die beiden trinken und scherzen. Tatsächlich tritt Bahâdur mit einer schlechten Ausrede ein, und

el-Amdschad schlug ihn leicht. Aber nun sprang die Dame auf, riss ihm den Stock aus der Hand und fiel mit so heftigen Schlägen über Bahâdur her, dass ihm vor Schmerzen Tränen über die Augen rannen und dass er um Hilfe rief und mit den Zähnen knirschte.

Vor Schmerz mit den Zähnen knirschen?

Bahâdur fällt in Ohnmacht, und der Dame ist es noch nicht genug, sie will ihn tot sehen.

Da riss er ihr das Schwert aus der Hand und hieb auf den Nacken der Dame, so dass ihr der Kopf vom Rumpfe flog und auf den Hausherrn niederfiel.

Dieser staunt nicht schlecht, als er erwacht. Um el-Amdschad zu schützen, wickelt er die Leiche in einen Mantel und legt sie in einen Korb, um sie im Meer zu versenken, doch am Ufer wird er von der Wache des Königs gestellt. Der König revidiert daraufhin sein Urteil über den freigelassenen Sklaven:

"Wehe dir! Du tust immer dergleichen (…)! Wie viele Morde magst du schon vor diesem begangen haben!"

231. Nacht – Karl Valentin

Vitrine Gesamtausgaben

Zweite Reihe, elftes Buch von links

Alfons Schweiggert: Karl Valentins Stummzeit. Grünwalder und Planegger Jahre 1941 bis 1948

Erworben: ca. 2000
Status: Gelesen.
Erster Satz (wenn wir Vorwort und einleitende Biografie weglassen): "Am 16. April 1939, zu Beginn eines Gastspiels im Apollotheater in Augsburg, erkrankte Liesl Karlstadt unerwartet an Angina."
Kommentar: Ein großartiges, äußerst sorgfältiges Buch über Karl Valentins letzte Lebensjahre. Vor allem erfährt man endlich etwas über seine Zeit in Grünwald, die sonst in den Biografien oft ausgespart wird. Der Abstieg des größten deutschen Komikers der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Bedeutungslosigkeit. Er, der immer auch mit dem Schrecken Schabernack getrieben hat, muss nun erleben, wie das Grauen schlimmer zuschlägt, als in seinen eigenen groteskesten Fantasien. Noch in den späten 30er Jahren hatte er in der Ritterspelunke zum Spaß eine "Folterkammer" aufgebaut, und nur wenige Kilometer entfernt – in Dachau – wurden die Leute wirklich gefoltert. Als dann in München die Bomben fielen, rettete ihn nichts mehr. Er verlor seinen Humor. Als er nach dem Krieg versucht, im Radio Fuß zu fassen, lässt man ihn schnell fallen. Traurigerweise zu Recht. Denn seine alten Nummern wärmt er uninspiriert auf, die neuen sind zu düster und tatsächlich nicht gut genug. 1948 stirbt er durch eine Erkältung, die er bei besserer körperlicher Verfassung sicherlich überlebt hätte.

**

El-Amdschad weiß nicht so recht, was er tun soll und führt die Dame von einer Straße in die nächste, durch Gassen immer weiter, in der Hoffnung, ein Zufalle würde etwas lösen, bis sie in einer Sackgasse landen, an deren Ende sich ein hohes Tor befindet. Sie wundert sich natürlich, warum er nichts unternimmt. Er spinnt:

"Ich erwarte meinen Mamluken; der hat einen Schlüssel. Ich hatte ihm befohlen, er solle uns Speise und Trank und was zum Weine gehört herrichten, bis ich aus dem Bad zurückkäme."

"Uns"?

El-Amdschad hofft, dass sie sich irgendwann zu langweilen beginnt und verschwindet, doch sie zerschlägt das Schloss des Tors mit einem Stein. Sie tritt ein, und ihm bleibt nichts übrig, als ihr in das teuer eingerichtete Haus zu folgen.

"Jetzt bin ich verloren!"

Sie missdeutet seine Unruhe als erotische Nervosität.

"Was stehst du so da?" Dann seufzte sie tief und gab el-Amdschad einen Kuss, der so schallte, wie wenn eine Walnuss aufgeknackt wird.

Sie bietet ihm vom herumstehenden Essen an, dass er kaum zu genießen imstande ist.
Tatsächlich hört man den Hausherrn nach einer Weile eintreten.

ein früherer weißer Sklave (…) er war Stallmeister beim König. (…) Jener Mann hieß Bahâdur; er hatte eine offene Hand, übte Milde und Freigebigkeit und war stets zu Almosen und Spenden bereit. Als er nun näher kam —
Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann und hielt n ihrer verstatteten Rede an.

 

230. Nacht

El-Amdschad erfährt, dass er sich in der Stadt der Magier befindet:

"Ihre Bewohner beten zum Feuer anstatt zum allmächtigen König."

Unklar, wer diese Auskunft erteilt, wenn doch alle Bewohner Magier sind. Erinnert an die lügenden Kreter.
Auch unklar: Ob es dieselbe Magier-Stadt ist, in der Kamar ez-Zamân als Gärtner arbeitete

Der Weg zur Ebenholzstadt, so erfährt er, ist

zu Land eine Reise von eine Jahr, zur See aber eine Fahrt von sechs Monaten.

Wieder diese seltsame Zeitverschiebung. Die Brüder waren doch lediglich ein paar Tage unterwegs.

El-Amdschad trifft auf einen muslimischen Schneider, der ihm anbietet, bei ihm zu wohnen.

Nun blieb der Prinz eine Reihe von Tagen bei ihm, während dieser ihn tröstete, ihm Mut zusprach und ihn im Schneiderhandwerk unterrichtete, bis er es gelernt hatte.

Dauert in Deutschland derzeit drei Jahre!

Eines Tages trifft er nach dem Bade

eine Frau von großer Schönheit und Zierlichkeit,

die ihn durch Verse anlockt. Er lockt sie zurück. Ebenfalls durch Verse, bis er schließlich zur Sache kommt:

"Willst du zu mir kommen, oder soll ich zu dir kommen?"

Diese Worte hörte ich 1992 zum ersten Mal.

Sie darauf:

"Die Männer haben den Vorrang vor den Frauen um dessen willen, was Allah den einen vor den anderen vorausgegeben hat."

228. Nacht

Es gibt doch eine schöne Übersetzung fürs englische "Wellness" – WOHLIGKEIT. Mein Wort des Jahres.

**

Auch in den folgenden Tagen wir El-As’ad im Keller der Zoroastrier gefoltert. Wanzen fallen über ihn her. Er lebt von Brot und Salzwasser. Bemerkenswert eines der Gedichte, die er rezitiert:

Mit deinen Sorgen quäle dich nie;
Vertrau dem Schicksal alle Müh!
Manch Ding schaut sich betrüblich an;
doch später hast du Freude dran.
Oft wird zur Weite, was bedrängt;
Oft wird die Weite eingeengt.
Denn Allah tut, was er nur will;
Und seinem Willen füg dich still!
Freu dich an Gutem, das du hast;
Vergiss dadurch vergangne Last.

Sorge ich nicht, lebe!-Haltung im Folterkeller. Hut ab!

227. Nacht – Schulen, Freddie Mercury

Billig scheint es, sich darüber zu echauffieren, was in Schulen unterrichtet wird. Müssen Schulen immer 100 Jahre hinterherhinken? Der Fokus auf die Naturwissenschaften (die mir selber immer viel Freude bereitet haben) scheint mir übertrieben im Vergleich zu den völlig unterbelichteten Wissenschaften des 20. Jahrhunderts. Wo lernen die Schüler Grundsätzliches über Recht, Wirtschaft, Psychologie, Soziologie. Dagegen bietet sich der Geschichtsunterricht immer schön für ideologische Streitereien an. Angeblich halten viele Schüler Willy Brandt für einen DDR-Politiker, also mehr Unterricht über jüngere deutsche Geschichte. Nationalsozialismus muss, so die Bildungspolitiker nach Nazi-Anschlägen, auch gelehrt werden. Aber wo lernen die Schüler, wie man einen Kredit aufnimmt oder ein kleines Unternehmen aufbaut? Wo lernen sie juristisches Denken, das über das Grundgesetz hinausgeht? Freilich sind die Wissenslücken, die in den Tests zutage treten erstaunlich, aber haben diese Lücken nicht mit der Unfähigkeit der Kinder, sich selbst Wissen zu erschließen zu tun?

**

Der Alte ist sehr freundlich und lädt el-As’ad zu einer Feier ein. Nach kurzem Zögern – sein Bruder wartet schließlich im Gebirge – willigt dieser ein. Der Alte führt ihn durch die Gassen der Stadt, in ein geräumiges Haus.

Darin befand sich eine Halle, in deren Mitte vierzig alte hochbetagte Männer saßen, im Kreise um ein brennendes Feuer aufgereiht; rings um das Feuer saßen sie auf den Knien, beteten es an und warfen sich vor ihm nieder. Wie el-As’ad das sah, erschrak er über sie.

Die armen Zoroastrier! Diese Religion, die von vielen durchaus als Vorläufer der großen monotheistischen Religionen angesehen wird, litt im frühislamischen Persien unter großen Vorbehalten. Natürlich wird nicht das Feuer "angebetet", es ist eher ein Symbol und wird als solches verehrt, so wie ja auch im Christentum nicht das Kreuz als solches angebetet wird. Heute ist die Religionsgruppe – vor allem durch ihre strikten endogamen Heiratsvorschriften vom Aussterben bedroht. Bekanntester Zoroastrier der letzten Jahre: Freddie Mercury.

Die schlimmsten Ängste gegenüber der fremden Religion werden war. El-As’ad wird von einem schwarzen Sklaven namens Ghadbân gefesselt.

Sein Ansehen war voll Graus, und seine Nase sah wie flachgedrückt aus.

Einen folternden schwarzen Sklaven dieses Namens haben wir bereits in der Geschichte von Omar ibn en’Nu’man erlebt.

In einem Keller wird er einer weiteren Sklavin übergeben, die ihn in der Nacht foltert.

Erinnert an Hinkebein aus Pulp Fiction.

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226. Nacht – Wilhelm Meister

Vitrine Gesamtausgaben

Elftes Buch von rechts

Johann Wolfgang von Goethe: "Werke Band 7. Romane und Novellen II – Wilhelm Meisters Lehrjahre"

Erworben: 1999 oder 2000
Status: Immer wieder reingeblättert und entmutigt fortgelegt.
Erster Satz: "Das Schauspiel dauerte sehr lange."
Kommentar: Der Reflex, ein solches Werk abzubuchen unter "Bücher, die ich dereinst im Altersheim lesen werde", funktioniert wohl nicht bei einem Entwicklungsroman. Was, wenn ich mit 90 Jahren durch die Lektüre feststelle, dass mein Leben viel besser verlaufen wäre, wenn ich mit 18 Wilhelm Meister gelesen hätte? Außerdem: Acht Bücher! Fast so umfangreich wie Tausendundein Nächte. Man kann nicht alles haben.

**

El-As’ad bricht beim Marsch durchs Gebirge zusammen, so dass sein Bruder ihn tragen muss. Auf einer Lichtung mit Quellwasser, Granatapfelbäumen und Gebetsnische ruhen sie aus.

Unklar: Eine von Menschen errichtete Gebetsnische oder einfach eine Nische, in der die beiden beten können?

Drei Tage ruhen sie, dann ziehen sie weiter, bis sie eine Stadt erblicken. El-Amdschad bietet seinem Bruder an, zu warten, er würde in der Stadt Hilfe holen. Doch ausgerechnet der erschöpfte el-As’ad besteht darauf, derjenige zu sein, der die Stadt erkundigt, el-Amdschad solle warten. El-Amdschad ist einverstanden.

Ich hatte schon befürchtet, der Streit zöge sich, wie der, wer zuerst getötet werden dürfe, über mehrere Nächte hin.

El-As’ad begegnet in der Stadt einem

alten hochbetagten Mann mit einem langen Barte, der ihm auf die Brust herabwallte und sich dort in zwei Spitzen teilte; in seiner Hand trug der Mann einen Stab, auf dem Leibe kostbare Gewänder und auf seinem Haupte einen großen roten Turban.

225. Nacht – Obama in Berlin

Besuch Obamas in Berlin.

16.10 Uhr

16:20 Uhr
17.30 Uhr
18.00 Uhr

20 Uhr

Die vielgelobte Rede hielt ich dann doch für enttäuschend, da erwartbar. Wenig, was man nicht auch vorher schon gehört hätte. Anders als sonst ging er wenig auf die Situation ein. Eine sich scheinbar ewig hinziehende Passage über die Luftbrücke, ein Thema, das eher in die verschnarchte Sonntagsausgabe der „Berliner Morgenpost“ passt. Statt eines markigen Satzes (Kennedy: „Ich bin ein Berliner“; Reagan: „Tear down this wall“) blieb er vorsichtig und zitierte sicherheitshalber Ernst Reuter: „Schaut auf diese Stadt!“, ohne das Risiko auf sich zu nehmen, in peinliches Deutsch zu rutschen.

Zweimal kam er auf das Heroin-Problem in Berlin zu sprechen. Nicht dass es das nicht gäbe, aber für eine westliche 3,5-Millionen-Stadt ist die Rate der Opfer nicht wesentlich höher als anderswo (173 „Drogentote“ zählte man 2006 in Berlin, Alkohol-Opfer wie immer nicht einberechnet). Er erwähnt die in der Innenstadt noch sichtbaren Einschusslöcher an den Gebäuden aus dem 2. Weltkrieg. Unwahrscheinlich, dass er selbst welche gesehen hat.


Er bedankt sich bei Merkel und ist offensichtlich von den daraus resultierenden Buhs irritiert.
Seine Allgemeinplätze scheinen sich nach Hillary Clintons Rückzug zu häufen. Er taktiert eher und verliert an Charme. (Ich kurz bei 1:18 im Bild)
Oder bin ich einfach nur enttäuscht, weil ich dreieinhalb Stunden gewartet habe und ein Meter Entfernung vom Zaun dann doch zu groß ist, um ihm die Hand zu schütteln?

**

Am Abend Trost bei meinem ersten Chaussee-der-Enthusiasten-Open-Air-Auftritt

20:55 Uhr

**

In den Kleidern seiner Söhne findet Kamar ez-Zamân die Liebesbriefe seiner Gattinnen, und sieht nun, dass er el-As’ad und el-Amdschad unschuldig zum Tode verurteilt hat. Er lässt ein Haus bauen

das nannte er das „Haus der Trauer“

Ironie: Auch für ihn selbst gibt es ein „Haus der Trauer“ in Chalidân.

Er improvisiert Trauerverse.

In dem für el-As’ad gelingt dann doch stellenweise hübsche Poesie.

Ach, gern wollt ich das Urteil mit dir teilen;
Doch anders wollte Gott, als ich gedacht!
Schwarz machte ich die Welt vor meinem Blicke;
Des Auges Schwärze hab ich weiß gemacht.
Die Tränen, die ich wein‘, versiegen nimmer;
Mein wundes Herze ist an Schwären reich.
Wie schwer ist es für mich, dich dort zu wissen,
Wo Knecht und Edelmann einander gleich!

Die Brüder el-Amdschad und el-As’ad wandern indessen erschöpft durchs Gebirge.

224. Nacht

Mit dem Blut des Löwen in den Flaschen und den Kleidern der Brüder als Beweis für ihre Tötung kehrt der Schatzmeister zu König Kamar ez-Zamân zurück.

Nun ist die Parallele zu Schneewittchen nicht mehr zu leugnen.

Der Schatzmeister spricht zum König, wie beauftragt die Verse:

Die Weiber sind Teufel, zu unserem Verderben erschaffen;
Ich flüchte zu Gott vor diesen teuflischen Schlingen.
Sie sind der Quell des Leiden, die unter den Menschen
Erscheinen, in Sachen der Welt und in Glaubensdingen.

Unter Tränen wandte er die Kleider der Söhne um.

223. Nacht

Der Schatzmeister folgt dem fliehenden wertvollen Pferd ins Dickicht.

Seit wann fliehen Pferde ins Dickicht?

Und dort wohnt ein Löwe, der nun den alten Schatzmeister, der sein Schwert ja bei den Brüdern gelassen hat, attackiert.
Die immer noch gefesselten Brüder warten inzwischen und leiden an Durst.

Eben haben sie sich noch umarmt.

el-As’ad nimmt seine Kraft zusammen, ruckelt an ihren Fesseln, bis es gelingt, sie zu lösen. Und die beiden suchen den Schatzmeister. Sie kommen gerade rechtzeitig:

Als el-Amdschad das sah, hob er sein Schwert, stürzte sich auf den Löwen und versetzte ihm einen Hieb zwischen die Augen.

Darauf der Schatzmeister:

"Bei Allah, hohe Herren, es ist mir unmöglich, mich so an euch zu versündigen, dass ich euch töte!"

Verkennt er die Situation? Die Brüder haben das Schwert, nicht er.

222. Nacht

Brüder und Schatzmeister fahren fort, Klageverse zu rezitieren. Schließlich umarmen die Brüder einander.

Schon zog der Schatzmeister sein Schwert und wollte die beiden treffen, als plötzlich sein Pferd scheute und in die Wüste davonrannte.

Aufgrund seines hohen Wertes

warf der Schatzmeister das Schwert aus der Hand und eilte seinem Rosse nach.

221. Nacht

Jeder der beiden Brüder fährt fort, den Schatzmeister zu bereden, selbst als erster getötet zu werden.

Schließlich sprach el-Amdschad: "Am schönsten wäre es, wir umarmten einander, so dass, wenn das Schwert auf uns herniedersaust, es uns mit einem einzigen Streiche tötet."

Ich hätte, ein, zwei Ideen, was noch schöner sein könnte.

Der Schatzmeister willigt ein, und nun beginnen die beiden Brüder darüber zu streiten, wer oben liegen – also vom Schwert als erster getroffen – werden darf.

Wäre dies ein Schelmenroman, so wäre das leicht als Finte zum Zeithinauszögern erkennbar, hier aber die schwer verkitschte Botschaft: Die Brüder lieben sich.

Als letztes geben sie dem Schatzmeister den Auftrag, ihrem Vater diese Verse zu übermitteln:

Die Weiber sind Teufel, zu unserem Verderben erschaffen;
Ich flüchte zu Gott vor diesen teuflischen Schlingen.
Sie sind der Quell des Leiden, die unter den Menschen
Erscheinen, in Sachen der Welt und in Glaubensdingen.

Gotteslästerlich? Schließlich hat Allah das Weib erschaffen?

220. Nacht – Werther

Vitrine Werkausgaben

Elftes Buch von links

Johann Wolfgang von Goethe: „Werke Band 6. Romane und Novellen 1 – Die Leiden des jungen Werther / Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter / Die Wahlverwandtschaften / Novelle“

Erworben: 1999 oder 2000
Status: Ungelesen. Leider.
Erster Satz: „Wie froh bin ich, dass ich weg bin.“
Kommentar: Als meine damalige spanische Freundin 1996 Goethes Wahlverwandtschaften las, um die deutsche Kultur zu verstehen, lag sie mir in den Ohren, wie sehr sie sich langweile. Auch die erhöhte Selbstmordrate unter Werther-Lesern macht das Buch nicht gerade magnetisch.

**

Kamar ez-Zamân beschließt, seine Söhne eigenhändig mit dem Schwert zu töten.

aber da trat ihm sein Schwäher, der König Armanûs entgegen (…) Er sah, wie er das gezückte Schwert in der Hand hielt und wie ihm das Blut vor dem Übermaße seines Ingrimms aus der Nase tropfte.

Schwäher = Schwiegervater.
Nasenbluten als Zeichen von Wut.

Armanûs warnt Kamar ez-Zamân davor, die Söhne eigenhändig zu töten,

„sonst würdest du ihre Todesqual hinunterwürgen müssen.“

Er schickt also seinen Schatzmeister los, dies für ihn zu übernehmen,

einen hochbetagten Greis.

Zum Beweis soll er ihm zwei Flaschen mit ihrem Blut bringen.

Schneewittchen, ick hör dir trapsen.

Entschuldigend fesselt der Schatzmeister die Brüder und legt sie in zwei Kisten, die er einem Maultier aufbürdet, das er in die Wüste treibt.

Tatsächlich können Maultiere auch Lasten bis zu 150 kg tragen, und das 30-40 km weit.
Unklar: Wie hievt der Greis die Kisten aufs Maultier und wieder herab?

el-As’ad bittet nun den Schatzmeister darum, als erster getötet zu werden, da er den Anblick des toten Bruders nicht ertragen könne. Dasselbe erbittet nun aber auch el-Amdschad.

219. Nacht

El-Amdschad liest den Brief und ist nicht amüsiert:

"Weh dir, du elender Mohr! Bringst du die Botschaft, die Verrat birgt, von der Frau deines Herrn? Bei Allah, an dir ist nichts Gutes, du Schwarzgesicht, dessen schwarze Taten im Himmelsbuche stehen, du Kerl von hässlichem, törichtem Wesen und eklig anzusehen!"

Mit diesen Worten köpft er ihn.

Wenige Seiten zuvor wurden noch Anmut und Herzensbildung des Prinzen gelobt. Einen Befehle ausführenden kastrierten Sklaven rassistisch zu beschimpfen und ihn anschließend zu töten, spräche wohl eher dagegen.

Sowohl el-Amdschad als auch Hajât en-Nufûs können in dieser Nacht vor Kummer nicht schlafen.
Als am nächsten Tag el-As’ad auf dem Thron sitzt, schreibt ihm Königin Budûr einen Liebesbrief.

Man bedenke: Dieselbe Budûr, die vor wenigen Kapiteln noch als Jungfrau von Dämonen bewundert wurde.

Der gereimte Brief wird mit starkem Moschus eingedieselt und ebenfalls mit Haarbändern verknotet.
Auch in diesem Fall wird die Überbringerin des Briefes – eine alte Frau – geköpft.

Eine hübsche Erzähl-Parallele: Aufpasser von Kamar ez-Zamân war ein Eunuch, Budûr wurde von einer alten Frau bewacht, die ebenfalls getötet wurde.

Die Brüder berichten verschämt einander von den Briefen, die sie von der Mutter des jeweils anderen bekommen hätten und geloben einander, ihrem Vater nichts davon zu erzählen.

Aber sie unterschätzen die Listigkeit ihrer Mütter.

Diese berichten Kamar ez-Zamân bei dessen Rückkehr, es sei umgekehrt gewesen: Sie hätten Liebesbriefe bekommen und wären vergewaltigt worden.

Dass aufgrund dieser Lügen ihre Söhne nun in Lebensgefahr sind ahnen sie entweder nicht oder sie nehmen es in Kauf.

218. Nacht

Kamar ez-Zamân reitet aus, und während el-Amdschad auf dem Thron sitzt, schreibt ihm die Gattin seines Vaters einen langen, gereimten Liebesbrief.

Für dieses Verwandtschaftsverhältnis fehlt im Deutschen offenbar das Wort, denn die Stiefmutter kann es wohl kaum sein, wenn der Vater auch noch mit der Mutter verheiratet ist.

Der Brief legt sie in ein Tuch, das mit Haarbändern umschlungen wird. Ein Eunuch muss el-Amdschad diesen Brief bringen.

217. Nacht – Globalisierung

Regal Politik

Elftes Buch von rechts

Hans-Peter Martin/Harald Schumann: „Die Globalisierungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand“

Erworben: 1998 vonStephan Zeisig zum Geburtstag
Status: Stellenweise reingeblättert.
Erster Satz: „Träume von Weltformat sind im Fairmont-Hotel von San Francisco zu Hause.“
Kommentar: Wie es so ist mit zum Geburtstag geschenkten Büchern – die meisten liest man dann doch nicht, vor allem wenn sie dick sind. Ich versuche wenigstens, ihnen die Chance von 10 Minuten zu geben. Diese Chance hat „Die Globalisierungsfalle“ nicht nutzen können.

**

König Armanûs klärt Wesire und Emire über die neue Lage auf, verleiht Ehrenkleider, verteilt Almosen

und befreite alle Gefangenen.

Kamar ez-Zamân wird zum Sultan gekrönt, hebt die Abgaben auf

und entließ die Leute, die noch in Gefangenschaft geblieben waren.

Unklar: Wie können noch Leute in Gefangenschaft geblieben sein, wenn eben noch „alle“ befreit wurden?

Kamar ez-Zamân vergisst seinen Vater

wegen dem er ja eigentlich mit Prinzessin Budûr aus China fortgezogen war

und zeugt mit seinen Gattinnen zwei Söhne
Von Königin Budûr: el-Malik el-Amdschad. Von Königin Hajât en-Nufûs: el-Malik el-As’ad.

Beide Söhne sind wunderschön und werden mit allem Notwendigen vertraut gemacht.
Als sie siebzehn Jahre alt sind, lässt ihr Vater sie in seiner Abwesenheit auf dem Thron sitzen, regieren und Recht sprechen.

Nichts da mit Gewaltenteilung.
Aber auch schön: Schehrimân war zu Beginn der Erzählung ein alter Mann, dann wurde Kamar ez-Zamân geboren, der nun schon – nach einer Reihe von Abenteuern – zwei Söhne hat. Es sind also mindestens schon 35 Jahre vorüber.

Es wird pikant: Die Mütter verlieben sich in den Sohn der jeweils anderen.

Gewohnheiten

Drei Wochen lang kann ich wegen einer Sehenenverklemmung in der Schulter den linken Arm nur eingeschränkt bewegen. Dann macht es „Derrrrr“ und die Sehne dengelt zurück in ihre Ausgangsposition.
Aber immer noch bewege ich meinen Arm vorsichtig, und manche Bewegungen wirken dadurch unnatürlich.
Wieviele Gewohnheiten hat man durch kleinere körperliche und seelische Verletzungen angenommen, ohne sie wahrzunehmen? Und wie schwierig ist es, sie loszuwerden?

Limelight

Was für ein Film! Chaplin porträtiert seine eigene Angst, seine eigene Schwäche, seinen eigenen Untergang. Das Mitleid mit Chaplin überwiegt das Mitleid mit Calvero, denn nicht allein Calvero hat Schwierigkeiten mit seinen Gags, sondern auch Chaplin hat nicht mehr das Gefühl für Timing. Was in „The great dictator“ begann, nimmt hier seinen Lauf: Lange Einstellungen, in denen Chaplin monologisiert. Die Bild- und Körpersprache kommt abhanden. Und er hält nicht Schritt mit dem Medium Film. Ein aufs Stichwort geliefertes Telegramm funktioniert zwar noch in den frühen 30ern, in den 50ern ist es billig.
Aber in jeder Szene spricht die Angst Chaplins und gleichzeitig seine Gier nach Leben.

216. Nacht

Budûr lässt am folgenden Tag den Kapitän vor ihren Thron bringen und fragt ihn, woher er die Schläuche habe. Sie versiegelt die Warenhäuser der Kaufleute und droht, diese töten zu lassen, wenn man ihr nicht den „Gärtner“ brächte, da dieser ihr Geld schulde.

Den wahren Grund – er ist ja ihr Gatte – verrät sie natürlich nicht.

Die Kaufleute flehen den Kapitän an:

„Mache, dass wir von diesem ungerechten Tyrannen loskommen.“

Der Kapitän segelt zurück und schnappt Kamar ez-Zamân:

„Du bist ein Schuldner des Königs Armanûs; du willst ihm sein Geld stehlen.“

Kamar ist entsetzt, als er zu den Ebenholzinseln gebracht wird. Budûr hebt die Sperre über die Kaufleute auf und beschenkt den Kapitän. Sie beschenkt aber auch Kamar ez-Zamân.

Als sie ihn erblickte, zwang sie ihr Herz sich zu gedulden, bis sie ihr Vorhaben ausgeführt hätte.

Sie befördert ihn zum Schatzmeister und Kamar ez-Zamân tritt in ihren Dienst. Nach einer Weile bittet er aber um Entlassung. Budûr treibt aber weiterhin ihr Spiel mit ihm, befördert ihn zum Wesir, schmeichelt seinem Äußeren und deutet erotisches Begehren an.

Wie entzieht man sich diesen Wünschen eines Sultans?

Kamar ez-Zamân argumentiert:

„O König, ich bin nicht gewöhnt, solche Dinge zu tun; und nicht stark genug, dass solche Lasten auf mir ruhn, die selbst ein älterer als ich kaum ertragen kann, geschweige denn ich ganz junger Mann!“

Man tauscht gereimte Argumente aus, darunter auch Budûr:

Der Mann erhebt die Hände zum Gebet;
Die Frau erhebt die Füße, wenn sie fleht.
O welch ein fromm Beginnen ist es doch;
Und Gott erhebt es in der Tiefe hoch.

Kamar ez-Zamân willigt schließlich voller Scham ein, unter der Bedingung, dies wäre das letzte Mal. Sie liegen also beieinander:

„Lege deine Hand zwischen die Schenkel an die Stelle, die dir bekannt; vielleicht, dass es dann, nachdem es lag, wieder aufstehen kann.“

Völlig verwirrt tut er auch das und glaubt, nachdem er „nichts“ findet, einen Zwitter vor sich zu haben. Und endlich löst Budûr ihren Scherz auf. Liebend und reimend fallen sie einander in die Arme.
Am nächsten Morgen verkündet man dem Sultan Armanûs die ganze Geschichte, und dieser bietet Kamar ez-Zamân seine Tochter an, da diese ja noch unberührt ist. Kamâr willigt ein, nicht ohne Budûr um Einwilligung zu bitten, damit keine Eifersucht zwischen den beiden Frauen entstünde.

Man könnte meinen, die Geschichte sei so gut wie vorbei, nur König Schehrimân müsse noch informiert werden.

215. Nacht

Kamar ez-Zamân mietet nun den Garten vom Besitzer.

Unklar: Er musste sich doch vor den Einwohnern der Stadt verbergen, da diese bösartige Magiere seien.

Der Kapitän landet unterdessen auf den Ebenholzinseln und bietet Königin Budûr seine Waren an. Diese ist vor allem auf seine Sperlingsoliven scharf. Sie kauft ihm die fünfzig Schläuche für 1.000 Dirhems ab und staunt nicht schlecht, als sie in Gegenwart von Hajât en-Nufûs das Gold findet. Als sie aber auch noch den Stein findet, fällt sie erwartungsgemäß in Ohnmacht.