Gelernt: Der Ökonomie-Nobelpreis wurde erst 1968 gestiftet und 1969 vergeben, das Geld kommt nicht aus der Nobel-Stiftung, sondern von der schwedischen Reichsbank.
Außer Laktose, Lakritz und Paprika vertrage ich auch Kohlrabi nicht. Schön wäre, wenn ich auf etwas allergisch wäre, was ich ohnehin nicht mag, z.B. Brachsen.
Schöner Satz bei Wikipedia: „Wie alle Weißfische (Gesamtheit aller Karpfenfische mit Ausnahme von Karpfen) neigen Brachsen bei Überpopulation zur Verbuttung.“

Geschichtsklitterung: Per Bote erreicht mich eine bei Ebay ersteigerte CD von Kurt Schwaen, der sich allmählich in meiner Lieblingskomponistenhierarchie nach oben arbeitet und drauf und dran ist, Eisler von seinem angestammten Platz unter den Modernen zu vertreiben. Und dann entdecke ich in der Erläuterung zur Aufnahme des Violinkonzertes, dieses sei am 28./29.6.1989 in Chemnitz aufgenommen. Aber zu jener Zeit gab es gar keine Stadt dieses Namens in der DDR, wenn man mal vom Ortsteil der Gemeinde Blankenburg (Bezirk Neubrandenburg) absieht, die aber keine Robert-Schumann-Philharmonie beherbergte. Mein Konflikt: Wie benenne ich den mp3-tag – historisch korrekt oder CD-korrekt? Schließlich will ich die CD-Infos ja auch so exakt wie möglich speichern.

In einer Besprechung von „Schmidt liest Proust“ wird Odessa der Krim zugeordnet. Wenn ich so etwas lese, muss ich viel guten Willen aufbringen, um den Rest noch ernstnehmen zu können.

***

Sa, 29.7.06

In der Zeitung zwei Seiten zu den Wahlen im Kongo. Schaffe die Hälfte. Dann ist es mir zu wirr. Man mag dem nicht mehr folgen. Vielleicht lässt sich auch keine gute Reportage darüber schreiben, weil es keine schöne Gut/Böse-Trennung gibt.
Seit dem Aufstehen mit freiem Oberkörper in der Wohnung. Aus dem Blickwinkel nehme ich die vereinzelten weißen Brusthaare wahr, deren Existenz sich nicht mehr leugnen lässt, ein einzelnes Härchen lässt sich nicht mehr belächeln und herauszupfen, es hat inzwischen schon zu viele Verbündete. Nicht Anzeichen von Verfall, sondern realer Verfall. Wäre es nicht so heiß, dass ich halbnackt herumlaufe, wäre mir meine Alterung gar nicht aufgefallen. Ich habe schließlich kein Bad, geschweige denn ein Bad mit gnadenlos gut ausgeleuchteten Spiegeln, wie einige Hotels sie bereitstellen.
Gedankensplitter zum Unterschied zwischen Lesebühnen einerseits und Kabarett/Comedy andererseits: Die Themen des Kabaretts und der Comedy wurden durch die Lesebühnen unterlaufen. Das alte Kabarett orientierte sich an der Tagespolitik und tut es heute noch. Es ist grundsätzlich SPD-nah und tut niemandem wirklich weh. Das typische Comedy-Thema ist die Beziehung zwischen Männern und Frauen. In der älteren Comedy der Seitensprung eines Ehepartners oder die tausendfach verschmunzelten typischen Eigenschaften von Mann (kann nicht zuhören), Frau (kann sich nicht für das richtige Kleid entscheiden), Schwiegermutter (nörgelt rum). Die neuere Comedy löst sich von der Ehe und thematisiert das Physische zwischen Männern und Frauen, somit hat es auch einen Hang zum Ekligen. (Während ich dieses schrieb, dachte ich nicht an Barth.)
Bei den Lesebühnen ist all das zwar auch immer wieder zu finden, aber sie haben sich von den Schemata gelöst. Vor allem durch die tendenzielle Identität von Autor und lyrischem Ich werden größere Themen auf den Alltag runtergebrochen: Thematisiert wird also nicht die Reform der Arbeitspolitik, sondern wie diese am eigenen Leib zu erfahren ist. Nicht die Mann/Frau-Schemata werden reproduziert, sondern die eigene Erfahrung in den Wirren des Geschlechterkampfes.
Tube hilft mir, meine Tagebuch-Dateien zu retten.

*

Der Aufwand, alles was er in Odessa wahrnimmt, ins Russlandtypische einzuordnen, überträgt sich auf Jochens Proust-Lektüre. Franzosen werden als typisch russisch zugeordnet. Vielleicht liegt es daran, dass es sich bei Frankreich und Russland um zwei Wälzer-Schreiber-Nationen handelt. Da schreiben doch die Amis zu jener Zeit schon effektiver. Und die Iren schöner. Nichts gegen Proust.

Vorteil des Nuschelns: Falscher Inhalt (Proust) oder falsche Grammatik (Schmidt) wird überhört. Ist es nicht überhaupt die Angst vor falschen Aussagen oder falscher Grammatik, die uns ins Nuscheln und Stottern treibt?

***

So, 30.7.06

H. beschwert sich über das „lahme Publikum“ einer Lesebühne. Der seltsame Reflex der Bühnenkünstler, die Schuld zunächst beim Publikum zu suchen.
In der Hasenheide „Der ewige Gärtner“ mit Ralph Fiennes. Beeindruckende Afrika-Bilder. Faszination und Abstoßendes. Aber das Problem wie bei so vielen Polit-Thrillern – man versteht im Film die Verwicklungen nicht mehr, wenn zu viele Personen, Firmen, Interessen und Produkte auf den Markt kommen. Und das Schlimme ist dann, dass die Informationen immer in einem Affentempo abgeliefert werden. Erwarten sie, dass man den Film mehrmals sieht oder das Buch liest? Auf der Flucht im Sudan, als die Banditen schon angaloppiert kommen. Könnte man mal als Parodie in einer Impro-Szene bringen.

*

Jochen schaut „wie in der Kindheit“ sowjetische Filme, während draußen die Sonne scheint. Da muss wohl gerade im ZDF nichts losgewesen sein. Russenfilme waren doch immer nur der letzte Notanker, wenn man nicht vor lauter Langeweile doch nach draußen zum Spielen ging. Irritierend, dass sie ihre Hausmeister und Lehrer immer mit Vor- und Vatersnamen ansprachen, oft in jenem jammernden Ton: „Och bütteeee, Jelena Nikolajewna!“ Ältere Menschen nannten sie „Onkelchen“, Polizisten sprachen die Bürger mit „Bürger“ an. (Sagten sie grashdanin oder towarisch?)

Swann verpasst Odette und lernt erst jetzt den Wert der Möglichkeit, ihr zu begegnen, schätzen.

***

Mo, 31.7.06

Lakonischer Kommentar zu meinem Youtube-Video über die Gewalt gegen weißrussische Oppositionelle: Lukashenko: JOHN 3:16. Da hat man was zu knobeln. Nachdem ich herausfinde, dass der Kommentator Lukashenko in die Nähe zu Jesus stellt, muss ich nur noch eruieren, ob er das ironisch meint, dafür klicke ich auf sein User-Porträt: Ein venezolanischer Fan von allerlei Sozialismuskitsch. Habe ich jetzt etwas gelernt?
In der taz ein Interview mit Falk Walter, dem Betreiber von Badeschiff und Admiralspalast. Er ist mit 20 Jahren über die Mongolei aus der DDR in den Westen geflüchtet. Eine Idee, auf die man auch erst mal kommen muss. Badeschiff und Admiralspalast ähnlich visionär.
Laufe am Nachmittag 10 km.

*

Jochen joggt morgens 20 km.

Er vermutet, Proust habe „bewusst ein Gebirge von Blumenmalereien vor dem Leser aufgetürmt, um die Spreu vom Weizen zu trennen.“
Eco zu Der Name der Rose: „Wer die Abtei betreten und darin sieben Tage verbringen will, muss ihren Rhythmus akzeptieren. Wenn ihm das nicht gelingt, wird er niemals imstande sein, das Buch bis zu Ende zu lesen. Die ersten hundert Seiten haben daher die Funktion einer Abbuße oder Initiation, und wer sie nicht mag, hat Pech gehabt und bleibt draußen, zu Füßen des Berges.“

***

Di, 1.8.06

Ich wäre nicht zum Agenten geboren. So viel mir auch an „Free Play“ liegt ziehen, mich die Absagen der Verlage (und noch mehr ihre fehlenden Reaktionen nach anfänglicher Begeisterung) runter. Frage nun bei O.W.Barth und Klett-Cotta an. Die Lektorin von O.W.Barth sehr begeistert. Voraussetzung sei aber, dass das Wort „Zen“ im Titel auftauche.
(Ein halbes Jahr später erst bekomme ich Antwort vom Verlag. Die Lektorin ist verstorben. Ihr Nachfolger hat sich beim Aufräumen ihres Schreibtischs in das Manuskript verliebt und will das Buch herausbringen. Er wird allerdings auf den Titel Das Tao der Kreativität bestehen.)
Treffe meine alte Freundin L., die nun schon seit zwei Jahren in Beirut lebt und nach Ausbruch des Konflikts hierbleiben muss. An die alten DDR-Zeiten denkt sie nicht zurück. Zu alten Freunden sucht sie keinen Kontakt. Ich werte das als Kompliment.
Loose Change fasziniert. Unterschwellig spürt man die Verschwörungstheorien. Aber vieles passt einfach zu gut. In den Wochen darauf, sammle ich Gegenargumente.
Mein Freund Ralf Petry wäre 38 geworden, wenn er nicht mit 24 verunglückt wäre. Denke immer noch jeden Tag an ihn.

*

Jochen schaut einen Film über einen russischen Journalisten in Sibirien. Das Bild „friert ein“. Fünfzehn Minuten. Er ist sich nicht sicher, ob es „eine avantgardistische Pointe des Regisseurs, seinen Film so zu beenden“ sei.

Party-Gesetze vs. Salon-Gesetze. Man muss sich amüsiert zeigen, aber nicht zu engagiert, um nicht lächerlich zu wirken.

***

Mi, 2.8.06

Ein Autor fragt wegen dem Offenen Mikro bei der Chaussee an. Nicht zum ersten Mal. Er ist nicht wirklich schlecht, aber er wird uns wieder fünf Minuten langweilen. Lieber einen skandalösen schlechten Autor, der Leben in die Bude bringt, wie z.B. jenen abgewrackten Opernsänger mit christlicher Message und mangelnder Scheu vor schlimmsten Wortspielen. Und wer hat die Höflichkeit, dem Langweiler zuzusagen? Dan.

*

„Ein schlimmes Stadium von Eifersucht hat man erreicht, wenn man sich nachträglich über die Genüsse ärgert, die einem eine Frau ermöglicht hat, weil man weiß, dass der nächste sie auch bekommen wird.“

***

Do, 3.8.06

L. besucht mit ihrer Schwester die Chaussee. Mein Text eher politisches Kabarett. Jochens Abwesenheit senkt das intellektuelle Niveau der Show. Fast immer. Meinen Kollegen scheinen die Autoren-Gäste egal zu sein.
Der angemeldete Open-Mike-Gast kommt nicht, stattdessen Trash vom Feinsten. Einer der RAW-Verrückten springt auf die Bühne und verkündet, er sei der Indianer Hokahe. Man wartet, dass es anfängt, aber dann stellt sich heraus, dass seine Vorbereitungen die eigentliche Nummer sind.

*

Jochen sammelt deprimierende Fakten über Gogol.

Swann beleidigt Odette „auf so sublime Weise, dass sie es gar nicht bemerkt.“ Beleidigung als Selbstbefriedigung, als Nicht-Kommunikation.
„Liebe zählt zu den Künsten, in denen man erfolglos bleibt, wenn man seine Emotionen nicht zu kontrollieren weiß.“ Ich würde sagen, man muss auf die positiven Elemente des Liebens fokussieren, wenn man die Liebe nähren will. Gier, Habsucht, Dünkel löschen sie aus.

***

Fr, 4.8.06

Schlage der Chaussee einen Termin für ein gemeinsames Essen vor, der Bö einen Termin für eine Probenfahrt. M. meint, er sei dann in Odessa!

*

Jochen besucht das Odessaer Literaturmuseum (in dem ich, was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, wenige Monate später auftreten werde), die Museums-Aufpasserinnen immer im Rücken. Wüsste Jochen, dass dies ein kleines theatrales Statusspiel ist, das man einfach mitspielen kann, wäre es ihm vielleicht nicht ganz so unangenehm.

Odettes Person nimmt in Swanns Liebe nicht mehr viel Platz ein. Unklar – wird die Liebe zu einer allesumschlingenden Geilheit oder erweitert sie sich zum universalen Lieben?

***

Sa, 5.8.06

Einer der seltenen Tage, an denen ich als Zweiter aufstehe. Trübe und warm – das richtige Wetter für ein Balkonfrühstück.

*

Jochen besichtigt die Champagnerfabrik in Odessa. Seit mir im Jahre 1991 ein Winzer auf der Krim einen Kanister Essig als Wein verkauft hat, steh ich der Ukrainischen Wein- und Champagner-Industrie skeptisch gegenüber.

Bewunderung des Stils der Dienerschaft bei der Marquise de Saint-Euverte. Jochen vermutet, deren ihn an das Haus am Eaton Place erinnernde aristokratische Manieren verdanken sich u.a. dem Wunsch, eines Tages aufzusteigen. Das bezweifle ich, denn auch in der stratifizierten Klassengesellschaft des 19. Jahrhunderts, hat der Diener kaum die Chance aufzusteigen, es sei denn, in der Dienerhierarchie.

***

So, 6.8.06

„Klaus ist tot“ in den Sophiensälen. Das Stück. 5 Schauspieler, drei männlich, zwei weiblich. Sie geben sich nacheinander Lektionen, die typischen Schauspieler- und Tänzerübungen, die sie auch brillant ausführen, die aber eben lange nicht so unterhaltsam sind wie Johnstones Games und denen man vor allem immer wieder das Geprobte und Choreographierte anmerkt. Tod als übergreifendes Thema, aber da hätten wir wahrscheinlich einen schöneren Harold hingekriegt. Ein Madrigal zwischengeschoben. Ein bisschen Contact Impro. So gut die Schauspieler auch sind, so gut sie auch tanzen – ich langweile mich. Dann denke ich, warum wird so ein Werk in der Presse durchgelobt, wo doch ein Abend bei der Chaussee der Enthusiasten oder ein guter Harold viel reichhaltiger sind? Vielleicht ist es auch ein gewisser Werkfetischismus des zuschauenden Kritikers, der über das Flüchtige ja kaum schreiben kann, denn beim nächsten Mal wird alles ganz anders sein.

*

Jochen reist nach Wilkowo. Die Reiseleiterin, die pausenlos in ihr rückkoppelndes Megafon schwatzt, wäre für mich eine Herausforderung, überhaupt an einer solchen Reise teilzunehmen. Ein abzuschaffender Beruf: Reiseleiterin.

***

Mo, 7.8.06

Überaus kooperative Mail der Betreiber der Alten Kantine. Sie sind von allen, mit denen ich bisher zu tun habe und hatte, die professionellsten und kooperativsten Partner.

Im Café Zapata lässt man mich nicht zu Laura Veirs ein. Ich höre sie da drinnen singen. Schön und unschuldig, denn sie weiß ja nicht, dass ihr größter Fan in Deutschland draußen vor der Tür wartet.

*

Jochen wagt einen Blick in die Zukunft nach dem Ende der Lektüre: „Da ich dann besser als jeder andere über die seelischen Hintergründe der Liebe informiert sein werde, werde ich mich nie mehr verlieben.“ Er ahnt noch nicht, was für Qualen ihn im Spätwinter noch erwarten.

Swanns Eifersucht war „berechtigt“. (Das Ganze erinnert inzwischen schon an die Brest-Episode aus „Müller haut uns raus“.) Aber dennoch ist Eifersucht nicht Teil der Liebe, sondern ihr Gegenteil, was weder Swann noch Marcel noch Jochen zu sehen scheinen.

Di, 8.8.06

Stephan erneuert einen Vorschlag zum „Photoshooting“ für die Chaussee. (Er ahnt nicht: Es wird noch bis Winter dauern, dass wir uns einigen können.)

Mein alter Freund V. hat sich vor einem halben Jahr von seiner Frau getrennt. Ich erfahre das von ihr.

*

Man wird in Odessa von Kioskmädchen ignoriert, die lieber Geld zählen oder das Rechnungsbuch kontrollieren als Gespräche mit Kunden zu führen. (Einer der wenigen Odessa-Einträge, die ich schon damals zeitgleich lese. Ich weiß noch nicht, dass ich schon bald ebenfalls diese Erfahrung machen werde.)

Swann unterstellt der Frau, ihn nur zu sich gerufen zu haben, um den Liebhaber, der sich irgendwo in der Wohnung versteckt hat, eifersüchtig zu machen. Jochen hält das für zu weitgehend. Mir ist das allerdings schon widerfahren, ich sage nicht, aus welcher Perspektive.)

***

Mi, 9.8.06

2. Versuch, das Format „4.000 Hubschrauber“ zu spielen. Etwas mehr Erfolg.

*

Ein ukrainischer Fernsehsender nur übers Jagen und Angeln. Wer außer Jochen würde sich davon faszinieren lassen? Ich kenne sonst keinen, der solch eine offene Neugierde besäße.

Die Übelkeits-Reaktionen auf die Ankündigung, nach Venedig fahren zu dürfen, verhindern, dass Marcel als Kind Venedig sieht.

***

Do, 10.8.06

Genickstarre und Schiefhals. Ich lasse mich von einer Chiropraktikerin einrenken, mir von einem weiteren Arzt eine Spritze geben und von einer Chinesin Akkupunkturnadeln einpieksen. Am Abend sind die Schmerzen weg, und ich weiß nicht, welchem der 3 Ärzte ich danken soll. Tippe auf die Chinesin. Das Erlebnis führt zu einem meiner erfolgreichsten Texte des Jahres. Orientiere mich beim Schreiben mal zur Abwechslung an Zeisig und Evers.

*

Jochen liest oder bloggt Proust im Flugzeug zwischen Warschau und Berlin. Russische Männer und Frauen passen nicht zueinander. Die einen lassen sich extrem gehen, die anderen takeln sich extrem heraus. Frauenüberschuss?

Zeitsprung bei Proust: Statt Kutschen fahren nun Automobile. Seitdem das Auto den Straßenverkehr dominiert, hat sich bei uns nur wenig verändert. Dagegen Telekommunikation. An die einfach vor sich hin plappernden Menschen auf der Straße werde ich mich wohl nie gewöhnen. Dafür werden meine Enkel nicht wissen, dass es mal eine Zeit gab, in der dies ein untrüglicher Indikator für geistige Gestörtheit war.

***

Fr, 11.8.06

Nehme alle positive Energie zusammen und formuliere einen Rettungsbrief an die Bö-Spieler. (Die Gruppe wird noch 1/2 Jahr weiterleben.)
Lese nach Jahren wieder einmal in Robinsons Chaplin-Biografie: Robinson, der Biograph, hält den Boxkampf in City Lights für den Höhepunkt des Slapsticktanzes.

Diese Sequenz war die letzte gedrehte, und sie hat ihm offensichtlich ungeheuren Spaß gemacht. Ein atemberaubendes Spiel der Kombination von choreographischen Einzel-Elementen. Ausgangssituation: Charlie versteckt sich so, dass immer der Ringrichter zwischen ihm und seinem übermächtigen Gegner ist. Hält dieses Spiel an, weil der Boxer sich beschwert oder der Ringrichter die Kämpfer zurückweist, schlägt er zu und klammert sich augenblicklich an den Gegner wie ein ängstliches Kind an seinen Vater, woraufhin sie getrennt werden. Mit zunehmenden Runden werden die beiden Elemente Dazwischengehen und Klammern immer mehr variiert. Gerechtfertigt werden die verrückten Variationen einfach dadurch, dass durch die Schläge – ähnlich wie bei Trunkenheit – man sich nur noch reflexhaft an Bewegungsabläufen orientiert, ohne sie zu interpretieren oder zu reflektieren.

*

Im Schatten junger Mädchenblüte

Jochen: „Dass große Kunst sich den Grenzen der menschlichen Wahrnehmung unterordnen muss, ist ein Makel.“
Nein, genau darin liegt der Reiz. Das Halberstadtsche Orgelprojekt ist ja vor allem reizvoll in der Imagination. Dass das tatsächlich aufgeführt wird, ist eigentlich lächerlich.

„Marcel will nicht Botschafter werden, weil er dann später in irgendeine Hautstadt geschickt würde, fern von Gilberte.“ Das war auch für mich 1996 der Grund, mich nicht für den höheren Dienst im AA zu bewerben. Ein halbes Jahr später zerbrach die Beziehung.

29.7. – 11.8.06
Markiert in:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert