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Kotzen
„Keine Szenen übers Kotzen spielen“ – dieses Johnstone-Gebot hatte sich dermaßen in meinem Hinterkopf eingebrannt (und tatsächlich sieht man selten eine gute Szene, in der gekotzt wird), dass ich wohl noch nie in einer Impro-Aufführung gekotzt habe. Am letzten Freitag dann als Nebenfigur eine kotzende Partyleiche gespielt. Fast hatte der Tabu-Bruch etwas erlösendes. (Dabei hat man ja als Spieler sonst kaum Probleme, Mörder zu spielen.)
Dann noch mal über Johnstone nachgedacht: Es war ja keine Szene übers Kotzen, sondern das Kotzen war nur ein nebensächliches Element, dem nicht einmal viel Bedeutung zukam.
Knack deine Tabus!
„Durchgedreht“
Der ca. sechste Versuch, Improtheater ins Fernsehen zu bringen, ist wieder einmal völlig misslungen. Dafür können wir fünf Gründe nennen:
- Jörg Tadeusz als Moderator ist eine intellektuelle und geschmackliche Zumutung. In keinem Augenblick interessiert er sich für das, was er macht, worüber er spricht oder mit wem er spricht. Das gilt für „Die Profis“ auf Radio Eins, seine Talkshow, den von ihm moderierten Poetry Slam, und es wäre ein Wunder, wenn er sich nur ein bisschen mehr als absolut notwendig mit Improtheater beschäftigt hätte. Das Schlimmste aber: Tadeusz hat keinen Humor. Lasst ihn meinetwegen Schlager-Wunschsendungen moderieren.
- Die Sendung wird in Köln produziert. Das ist schon fast eine Garantie für billigsten Ich-setze-mir-eine-Perücke-auf-und-dann-lacht-das-Publikum-schon-Humor.
- „Durchgedreht“ versucht, Improtheater einen politischen Dreh zu geben. Das ist an sich löblich, da gerade diese Kombi hierzulande fehlt. Nun könnte man die Möglichkeit des Improtheater nutzen, wirklich tagesaktuell auf die Themen einzugehen und der Sache wirklich Biss zu geben. Stattdessen Genre-Replay-Softporno zwischen Obama und Merkel. Bruhaha.
- Die Schauspieler. Man setzt auf Parodisten und den allgegenwärtigen Hoecker. Was es bräuchte: Intelligente, humorvolle, schlagfertige Schauspieler.
- Und überhaupt!
Melanie – Format
Habe bisher das schöne Format „Melanie“ noch nicht auf einer deutschen Impro-Seite gefunden. Deshalb also hier:
Die Grundlage von Melanie funktioniert wie ein freier Harold, also eine Collage aus Szenen, Songs, Games usw. zu einem Begriff. Ein Spieler ist „Melanie“. Melanie hält Monologe, und kann in Szenen eingreifen oder sie beenden. Im besten Fall tut sie das stilvoll, also nicht als Regisseur, sondern sie ähnelt eher einem Engel. Sie kann Charaktere oder Szenen kommentieren (verbal oder besser noch: physisch). Und: Sie wird von den anderen Spielern nie angespielt oder kommentiert.
Das Format entstand angeblich in Chicago in Zusammenarbeit von Del Close mit einer speziellen Spielerin namens Melanie, für die der Harold auf diese Weise abgewandelt wurde.