(Ergänzung: Diese Gedanken habe ich bearbeitet und weiter ausgeführt im Buch „Improvisationstheater. Band 8: Gruppen, Geld und Management„
Ich denke, bei kleineren Auftritten wie Mixed Shows und Open Stages kann man sich überlegen, das formale Gruppen-Warm-Up wegzulassen. Schließlich kann es durchaus sein, dass die äußeren Bedingungen dagegen sprechen:
– Belästigt man andere Künstler im Backstage mit dem eigenen Herumgehampel?
– Eventuell hampeln andere Künstler um einen herum, so dass man sich aufs Warm-Up kaum konzentrieren kann.
– Bei Firmenauftritten oder kurzen Shows auf Tagungen kann es sein, dass es weder die Zeit noch den Ort für ein Warm Up gibt.
Aber auch subjektive Gründe können gegen ein Warm Up sprechen. Wenn sich ein Spieler zum Beispiel schon vom Tag dermaßen ausgepowert fühlt, dass er sich die Reserven für die Show sparen will, sollten das die Kollegen in Erwägung ziehen.
Ich habe es auch erlebt, dass das Geplauder eine dermaßen heitere, künstlerisch-intelligente und kraftvolle Dynamik annahm, dass sie quasi fließend in ein sitzendes Warm Up überging und man entschied, das formale Warm Up fallenzulassen, da es nichts mehr hinzuzufügen gab.
Bei gewissen entspannten Shows, die sehr alltags- und publikumsnah aufgeführt werden, etwa zur Mittagspause im Universitäts-Café oder als Game-Show in einer Bar, kann man das Warm Up ebenfalls fallenlassen, wenn die Aufführung sozusagen eher einer Skizze als einer Gala gleicht.
Verzichtet man bei regulären Shows auf ein formales Warm Up, sollte man aber darauf achten, dass der Impro-Fokus erhalten bleibt. Die Zeit vor der Show stattdessen mit unterspanntem Lümmeln und improfremdem Getratsche zu verbringen, halte ich für Zeitverschwendung.
Gerade bei kurzen Auftritten, bei denen es darauf ankommt auf der Stelle da zu sein, halte ich eine Erwärmung für unabdingbar. Bei längeren Shows kann man in den ersten 20 Minuten noch etwas Betriebstemperatur aufnehmen, aber wenn man nur eine viertel Stunde spielt, ist das unschön.
Meine persönliche Erfahrung hat gezeigt, dass auch das Publikum erkennt, wenn man eine Aufwärmphase gebraucht hat. Mich hat nach einem Auftritt einmal eine Frau angesprochen und gesagt: "In der ersten Hälfte waren sie aber noch nicht ganz da." Seit dem wärme ich mich für die kürzesten Auftritte auf. Und sei es auch nur mit mir alleine.