Trost vom Feinde

Als ich in Trauer, reichte mein Feind mir die Hände.
Wie transzendent erschien mir jener Trost,
also ob der heiße Schmerz uns nun verbände,
als brächte der grausame Tod auch die Wende.
Zwei Trauergäste, zusammenzustehen gelost.

Die Zeit ließ den Schmerz verglimmen und bald war’s beim Alten:
Er verabscheute mich, als sei ich die Pest.
Ihm auszuweichen unmöglich. Ich konnt seinen Hass nur verwalten.
Doch ich werde wohl immer in Erinn’rung behalten,
wie er hielt mich zum Trost. So fest. So fest.

Schlüsse von langen Storys proben

(Ergänzung: Diese Gedanken habe ich bearbeitet und weiter ausgeführt im Buch „Improvisationstheater. Band 8: Gruppen, Geld und Management


Schlüsse zu proben ist nötig, um ein Gefühl dafür zu entwickeln (und später: dieses Gefühl zu verfeinern), wie man den Schluss für Zuschauer und Mitspieler markiert, welches Timing man setzt und welcher Schluss aus Zuschauersicht befriedigend ist.
Szenen- und Geschichtenanfänge zu proben, gehört zum täglichen Brot des Impro-Spielers. Gerade im Beginn der ersten Szene entscheidet sich viel: Gelingt es uns, eine gute Plattform zu bauen, eine interessante Hauptfigur zu erschaffen, das Versprechen der Geschichte anzureißen? Positiv starten, Definieren, Behaupten, sich verändern lassen, das sind alles Impro-Tugenden, die sich mit der ersten Szene ausprobieren lassen. Und wenn sie nichts taugt, fängt man eben von vorne an.
Aber wie probt man Schlüsse? Impro-Gruppen neigen dazu, entweder gar keine Schlüsse (oder auch Mittelteile) zu proben oder sie ziehen tatsächlich eine halbe Stunde Langform-Story durch, um dann das Ende zu improvisieren. Wenn das dann nur mäßig zufriedenstellend war, redet man kurz drüber, und dann geht jeder seiner Wege.
Dabei ist es eigentlich nicht so schwer: Einer improvisiert eine Zusammenfassung im Stile von „Was bisher geschah“ und lässt diese Zusammenfassung aufs Ende zusteuern. Das letzte Szenario wird sehr klar vorgegeben: Wo sind wir? Wer sind wir? Was ist bisher geschehen? Wichtig ist, dass die Spieler die Prämisse der Szene nicht mehr definieren müssen. Sie müssen nur noch die „Poesie“ des Schlusses ausfüllen, die Szene emotional füllen und eventuell sich kurz auf Vergangenes beziehen. Es ist nicht die Aufgabe der Spieler, die Vergangenheit zu erklären, vielmehr geht es darum, Verbindungen herzustellen. Dabei kann Vergangenes auch improvisiert werden, so dass man als Zuschauer rätseln muss, etwa so wie wenn man beim Fernsehen ins Ende eines Dramas gezappt hat.
Bei Schlüssen zu trainieren:

  • Timing
  • Verbindungen
  • Staging
  • letzte Sätze
  • Abgänge/Black Out
  • Behaupten

Dresche

Prügelst zuweilen dein Kind,
mal ein Klaps, manchmal Dresche.
Schaut es belämmert aus der Wäsche,
die Verhältnisse geordnet sind.

Schlägst es ja nur, wenn du musst,
maßvoll, bewusst
die Grenze gesetzt,
so dass es lernt zu verstehen,
den rechten Weg zu gehen,
und nie, dass es sich verletzt.

All die Gründe – was für ein Mist!
Du schlägst dein Kind fürwahr,
weil du, und das ist sonnenklar,
siebenmal stärker bist.

Undankbarkeit

Wie kannst du Dankbarkeit erwarten?
Geht es um andre oder dich?
Sieh, deine Taten stehn für sich.
In deines Lebens Blumengarten
gedeihen sie ganz ordentlich.

Erwartungen zu unterwandern,
zumal die eignen, scheint mir klug.
Tu und vergiss in einem Zug.
Die Dankbarkeit gilt nie dem andern.
Sie ist dich selber gut genug.

Der ewige Klaus Schmidtke – Namen in Impro-Szenen

Ich finde es immer wieder interessant, welche Namen in Impro-Szenen verwendet werden. In Anfänger-Workshops begegnen wir unweigerlich den Maiers, Müllers, Schulzes.
Man könnte annehmen, dass das einfach mit der Häufigkeit der Namen zu tun hat, denen man im Allgemeinen begegnet. Aber ich bezweifle das. Und zwar wegen Klaus. Klaus Schmidtke.
Klaus ist der häufigste männliche Vorname, den sich Impro-Anfänger verpassen. Aber ich möchte behaupten, dass dieser Name bei Männern unter sechzig Jahren ziemlich selten ist. (Von meinen knapp 1.000 Facebook-Freunden heißen lediglich zwei Klaus.) Klaus ist aber bekannt als alter Standard-Name. In Romanen heißen Nebenfiguren gerne Klaus. Klaus ist unauffällig. Mit anderen Worten: Mit einem Klaus wagt man sich als Improspieler weniger aus der Deckung als Konstantin.

Und dann Schmidtke! Nicht Schmidt, sondern Schmidtke.
Bin ich der Einzige, dem das so geht? Seit 15 Jahren Schmidtke. Und ich muss gestehen, auch ich habe ein paar Schmidtkes ins Impro-Universum hinzugefügt. Ich vermute, es sind mehr Schmidtkes im Improtheater geboren worden als im realen Leben.
Was haben Impro-Spieler nur mit Schmidtke? Bei fast jedem Impro-Spieler, ob Anfänger oder Profi sieht man diesen Moment des Zögerns, wenn er einen Namen erfinden muss. Anfänger erfinden dann den Schmidtke. Ich glaube ja, es ist diese Millisekunde, in der dem Spieler klar wird, dass Schmidt ein bissche zu banal wäre. Oder aber es liegt an der Einsilbigkeit. Impro-Spieler erfinden selten eine Frau Schmidt, Schulz, Koch oder Wolf.

Ich verwende ja gern Namen meiner früheren Mitschüler und Lehrer: Braunschweig, Assemacher, Wurzbacher, Hantigk. Sie sind sicherlich wenig spektakulär und auch keine „sprechenden Namen“, wie vielleicht Sorgenreiter, aber sie evozieren sicherlich plastischere Bilder als die üblichen Top 3.

Schuld

Die Freundinnen saßen so freundlich beisammen.
Recht flink trat ich ein wie ein frierendes Frettchen.
Sie schauten kaum auf, als ich rasch meine klammen
Velourschuhe auszog. Ich kam aus dem Städtchen.

Ein lockerer Gruß, denn ich wollt sie nicht stören.
Für mich war’s ein Scherz, für sie klang es wie Hohn.
Fast hätt ich vermutet, sie könnten’s nicht hören.
Die Älteste eilte zum Münztelefon.

Ein Wort gab das andre. Und untereinander
zerstritten sie sich. Während ich nur noch schwieg
und in den Gedanken viel weiter schon wanderte,
herrschte bei diesen Gespielinnen Krieg.

Des Menschen Wert

Wie solln wir eines Menschen Wert erkennen?
Man sagt, es zählt, was Gutes er getan.
Ist er geduldig? Lebt er wie im Wahn?
Wer kann die Kriterien hier benennen?

Versteht er wohl, sein Leben zu genießen?
Vermag zu lindern er des andern Leid?
Ist er bewusst sich der Vergangenheit?
Und kann mit ihm die Freude fließen?

Führt dieses Denken auf die falschen Fährten?
Der Gutes-Tuer mehr wert als ein Kind?
Wir alle, auch der Schurke, Kinder sind.
’s ist sinnlos, Menschen zu bewerten.

Nachtgedanken

Die Augen weit zu nächtlicher Stunde.
Von welchem Traum bin ich aufgeschreckt.
Konfuse Gedanken drehen die Runde,
die tief im Unterbewussten versteckt.

Ich hätte die Palme längst gießen müssen.
Hat Jens mich beleidigt? Oder ich ihn?
Schlaf ich gleich ein oder geh ich jetzt pissen?
Ist 1517 prim?

Wenn niemand mehr stirbt, was bedeutet dann Leben?
Jetzt zähl ich Schäfchen. Bei Drei lass ich’s sein.
Klingling, Es ist Zeit nun, sich zu erheben.
Ich schalt den Wecker aus und schlaf ein.

Nachlass

Du liegst still im Sterbehaus.
Wir leer’n deine Wohnung aus.
Teppich, Schränke, deine Kleider
müssen fort nun, leider, leider.
Ja, du hast daran gehangen.
Was ist damit anzufangen,
wenn die einzge, die’s geliebt,
alle Viere von sich schiebt?
Fünfzig Fotoalben – bitter,
Strickpullover und die Zither,
dein Barrett, die alte Uhr
– all das holt die Müllabfuhr.
Nur dein Bild mit Eugen Schmidt
nehm als Andenken ich mit.
Wir leer’n deine Wohnung aus.
Du liegst still im Sterbehaus.

Lied für Pflaumendorf (Plum Village)

Reicht euch die Hände! Erkenne dich selbst in dem andern.
Nimm dir die Zeit, um mit ihm ein Stück Weges zu wandern.
Lös dich vom Bald.
Was gestern war, ist schon alt.
Lasst eure Liebe mäandern.

Reicht euch die Hände! Nun seht, ihr seid gleich unter Gleichen.
Arme sind reich hier und hilfebedürftig die Reichen.
Nichts zählt dein Gut.
Gut ist nur, was man auch tut.
Davon wolln wir hier nicht weichen.