Seit Ende des letzten Jahrhunderts haben sich Bewertungssysteme im Internet etabliert. Das wichtigste dieser Systeme war wohl das von Ebay, welches ohne Bewertung gar nicht richtig funktionieren könnte, denn das System selbst beruht vor allem auf Vertrauen: Schließe ich mit einer mir unbekannten Person einen Kaufvertrag ab oder lasse ich lieber die Finger davon? Schnell lernte man hier, dass man Bewertungen auch auf besondere Weise lesen muss: Eine 90%-Rate an positiven Bewertungen ist für einen professionellen Händler eine Katastrophe. Wenn der Verkäufer hingegen erst 10 Transaktionen hinter sich hat und die eine negative von einem Käufer stammt, der eigentlich vom Produkt selbst enttäuscht ist, so kann man ihm durchaus vertrauen. Inzwischen haben sich bei den meisten Services Fünfer-Skalen etabliert, meist mit Sternen, so wie man das von Hotels kennt. Am bekanntesten ist wahrscheinlich die von Amazon. Dort stehen die Sterne unerklärt für sich. Intuitiv versteht man, ob das Produkt etwas taugt oder nicht. Diese Intuition wird uns aber in einigen Systemen geraubt. Uber zum Beispiel lässt keine Abstufungen von „gut“ zu. Die Fahrt war entweder ***** zufriedenstellend (dann kann man auch ein Kompliment abgeben). Oder sie war
**** OK, aber ich hatte ein Problem
*** Enttäuschend
** Schlecht
* Schrecklich.
Man kann also nicht zwischen guten und herausragenden Fahrern unterscheiden. Wie bewertet man nun Fahrer, die zum Beispiel hervorragend fahren, aber auf der Fahrt fünf mal rülpsen? Ich würde das nun nicht als „ich hatte ein Problem“ bezeichnen, aber auch nicht als herausragend. Vielleicht hat diese aufs Negative geeichte Skala damit zu tun, dass man die Fahrer wirklich an der Kandare halten will. Tatsächlich gibt es ja auch viele Dinge, die einem die Fahrt verleiden können. Ich etwa habe erlebt: Überschreitung der Geschwindigkeitsbegrenzung, nach Rauch stinkende Karre, Video-Chat mit Freunden, Beschimpfen von Fußgängern und Radfahrern, dröhnend laute Musik, die auf die Bitte, leiser zu stellen, auf halbdröhnend gedimmt wurde, aggressiv-anbiedernder Small Talk, orientierungs- und verständnisloses Starren aufs Navi.
Auf der anderen Seite gibt es die zum Positiven verzerrte Skala des Lektüre-Sozialnetzwerks Goodreads.
* Ich mochte es nicht.
** Es war OK.
*** Ich mochte es.
**** Ich mochte es sehr.
***** Es war toll.
Mit dieser Abstufung haben anscheinend viele Nutzer ein Problem. Ein Roman lässt sich zum Beispiel nicht vernünftig einordnen, wenn die Story völlig wirr und grottig war, die Sprache aber faszinierte (oder umgekehrt). Nein, das Buch war dann nicht „OK“, aber eben auch nicht so grauenvoll wie, sagen wir „Mein Kampf“. In der Folge wurschtelt sich jeder sein eigenes Verständnis der Skala zurecht, und man liest die Mini-Rezensionen, wenn man Genaueres erfahren will.
*
(Fortsetzung von Die Abenteuer Bulûkijas in Die Geschichte der Schlangenkönigin)
487. Nacht
Die Schlangen sagen, sie seien von Allah als Strafe für die Ungläubigen erschaffen worden und kämen direkt aus der Hölle. Sie gehörten zu den kleinsten, denn nur sie könnten bei Vulkanausbrüchen ausgespien werden.
„Woher kennt ihr Mohammed – Allah segne ihn und gebe ihm Heil! – ?“
Sie erwiderten: „O Bulûkija, der Name Mohammeds steht am Tore des Paradieses geschrieben; und wäre er nicht, so hätte Allah weder die Geschöpfe noch das Paradies noch die Hölle, weder Himmel noch Erde geschaffen.“
Zu behaupten, dass diese Antwort einige Fragen aufwirft, wäre eine Untertreibung. War Mohammed vor den Geschöpfen da? Wenn nicht, warum hat sich Allah dann Zeit gelassen mit der Schöpfung des Grundes aller Schöpfungen? usw.
Bulûkijas Liebe zu Mohammed wächst, und so reist er rasch mit dem Schiff weiter, kommt in ein anderes Land und trifft dort erneut auf Schlangen, unter ihnen die Schlangenkönigin.
Aha. Zwei verschiedene Schlangenvölker.
Die Schlangenkönigin bittet Bulûkija, dem Propheten einen schönen Gruß auszurichten.
Das kann man dem Propheten kaum übelnehmen. Ich meine, wer wäre nicht gern mit einer Schlangenkönigin befreundet.
Bulûkija reist weiter nach Jerusalem und trifft dort den Gelehrten Affân, der Bulûkija vom Siegelring Salomo berichtet, der einem helfen könne, die Tiere, Menschen und Geister sich untertan zu machen.
488. Nacht
Da aber Salomon an einem für Schiffe entfernten Ort begraben sei, könne man ihn nicht ohne weiteres erreichen. Es sei denn, man bestreiche sich die Füße mit einem Kräuterextrakt.
Doch könne man dieses Kraut nur gewinnen, wenn man die Schlangenkönigin bei sich habe.
Nachdem Bulûkija auch seine Geschichte berichtet, begeben die beiden sich in das Land der Schlangenkönigin, die sie mit einem Köder aus zwei Schalen mit Milch und Wein in einen Käfig locken.
Ab hier erzählt die Schlangenkönigin von sich in der dritten Person.
Als sie aufwacht, empört sie sich:
„Ist das der Lohn derer, die den Menschenkindern kein Leid antun?“
Bulûkija beschwichtigt sie, und so führt die Schlangenkönigin die beiden zum Berg, wo die Zauberkräuter wachsen. Sie finden das Kraut mit der gewünschten Eigenschaft und reiben sich die Füße ein. Sie glauben sich dem Ziel schon nahe, als die Schlangenkönigin ihnen die Hoffnung raubt:
„weil Allah, der Erhabene, jenen Ring dem König Salomo als Geschenk verlieh und ihn allein dadurch ausgezeichnet hat, da er zu ihm sprach: ‚O Herr, gib mir ein Königreich, wie es keiner nach mir besitzen soll, denn du bist der Allspender!‘ Wie sollte jener Ring an euch kommen!“
Die Schlangenkönigin bezieht sich hier auf den Koran 38.34-35
Als sie diese Worte von ihr vernommen hatten, kam ihnen bittere Reue, und sie gingen ihrer Wege.