415. Nacht
El-Mamûn lässt sich, begleitet vom listigen Abu Isa und einigen Hofleuten auf einer Barke namens "Flieger" zum Haus des Hamid et-Tawîl et-Tûsi, das sie unvermittelt betreten, während er gerade auf einer Rohrmatte sitzt und sich von Sängerinnen bespaßen lässt. Er improvisiert ein Gastmahl
Speisen wurden vorgesetzt, aber die bestanden nur aus Vierfüßlern, kein Fleisch von Geflügel war darunter. Von diesen rührte el-Mamûn nichts an.
Unklar: Gilt Geflügel als besonders edel? Oder hat el-Mamûn eine schwache Konstitution, die ihm die Verdauung von Lamm und Rind verbietet.
Abu Isa erkennt den Unmut des Kalifen und schlägt vor:
"Lass uns jetzt in ein Haus gehen, das für dich gerüstet ist, so wie es sich gebührt."
So gelangen sie zum Eigentümer der von Abu Isa begehrten Sklavin. Er
öffnete ihnen einen Saal, der so schön war, wie ihn noch nie jemand gesehen hatte. Dort waren der Boden, die Pfeiler und die Wände mit vielfarbigem Marmor bekleidet…
Befriedigend sind außerdem die Speisen und die Getränke, darunter auch Dattelmost und das Geschirr.
Die Schenken aber, die jenen Most in den Saal trugen, waren mondengleiche Jünglinge, bekleidet mit alexandrinischen Gewändern, die mit Gold durchwirkt waren; und auf der Brust trugen sie kristallene Falschen, voll mit Rosenwasser, die mit Moschus gemischt waren.
Nach dem Mahl kommen diverse Sängerinnen, eine schöner als die andere. Ein bemerkenswertes Lied geht so:
Die Huris und die edlen Frauen fürchten kein übel Gerede
Gleichwie Gazellen von Mekka, das unverletzliche Wild.
Nach ihren schmeichelnden Worten hielte man sie für Dirnen;
Doch schützet sie der Islam, dass ihnen kein hässlich Wort gilt.
Bemerkenswert, wegen des Versuchs, die Spannung aufzulösen, die sich aus dem Gebot der Frömmigkeit und der durch die islamische Praxis geduldeten "Huris und edlen Frauen": Das Tun ist zwar unislamisch, aber da sie es dem Islam zuliebe tun, ist es islamisch. Wobei ich mir eigentlich nicht mal sicher bin, wozu die Huris im Paradies eigentlich gut sind. Vielfach werden sie als Jungfrauen beschrieben. Bleiben sie das?
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416. Nacht
Es folgen weitere singende Mädchen.
Was geschieht eigentlich mit ihnen, wenn sie älter werden? Werden sie dann an ärmere Herren verkauft?
Schließlich
trat eine Maid heraus, die gleich einem Weidenzweige war; sie hatte ein verführerisches Augenpaar, und ihre Brauen waren wie zwei Bogen anzuschauen.; auf ihrem Haupte trug sie eine Krone aus Gold von rötlichem Schein, besetzt mit Perlen und Edelgestein. Und darunter eine Binde, auf der in Lettern aus Chrysolith dieser Vers geschrieben war:
Eine Fee, von den Dämonen unterwiesen,
Herzen mit dem Bogen ohne Sehn‘ zu treffen.
Jene Sklavin schritt daher wie ein scheues Reh, selbst die Frommen hätten sie angeschaut mit heißem Liebesweh. Und sie ging weiter, bis sie sich auf einen Schemel setzte.
Schon klar, dass dies Kurrat el-Ain sein muss.
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417. Nacht
Dem Kalifen fällt auf, dass sich Abu Isa mehr noch als die anderen verändert, so sehr schlägt sein Herz. Er bittet sie um ein Lied, dass sie auch vorträgt.
Inzwischen ist Abu Isa fast zu Tränen erstickt und Kurat el-Ain beginnt nun zu improvisieren.
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418. Nacht
Mit der Erlaubnis des Kalifen antwortet Abu Isa ihr singend.
Die Verse sind banal und lang. Ich spare mir hier ihre Wiedergabe.
Alî ibn Hischâm sprang auf, küsste ihm die Füße und sprach: "Mein Gebieter, Allah lässt die Erfüllung deiner Bitte kommen; denn Er hat dein Geheimnis vernommen. Er willigt ein, dass du sie mit all ihrem Besitze an Seltenheiten und Kostbarkeiten erhältst, wenn der Beherrscher der Gläubigen kein Verlangen nach ihr trägt." Doch el-Mamûn sagte: "Wenn wir auch Verlangen nach ihr hätten, so würden wir Abu Isa den Vorrang vor uns lassen und ihm zum Ziele verhelfen."
Als Abu Isa
sie dann erhalten hatte, führte er sie freudigen Herzens in sein Haus. Schau, wie großmütig Ali ibn Hischâm war.
Wenn man mit den Erzählungen aus 1001 Nächten so verführe wie mit einigen Werken des 20. Jahrhunderts, so stünde nach der Eliminierung der rassistischen Geschichten eigentlich auch die der Sklaven-Geschichten an. Wieviele blieben dann noch übrig? Zwölf Nächte? Oder geht es den Eliminierern wirklich nur um Worte, Worte, Poporte? Die Bedeutung ist einerlei?
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Die Geschichte von el-Amîn und deinem Oheim Ibrahîm ibn el-Mahdi
El-Amîn, der Bruder von el-Mamûn, trat einst in das Haus seines Oheims Ibrahîm ibn el-Mahdi.
Hier zur Aufklärung der Verwandtschaftsverhältnisse: Das Besondere – alle drei waren Kalifen in Bagdad und mit Harûn er-Raschîd verwandt. El-Amîn und el-Mamûn waren beide seine Söhne. Ibrahîm ibn el-Mahdi war Harûns Bruder und folgte erst el-Mamûn auf den Thron.
Die Geschichte spielt also zur zur Herrschaftszeit von el-Amîn.
Dort sieht er eine schöne Sklavin, in die er sich verliebt.
Doch als sein Oheim Ibrahîm erkannte, wie es um ihn stand, schickte er ihm die Sklavin zu. (…) Als el-Amîn sie sah, glaubte er, sein Oheim Ibrahîm habe sie bereits erkannt, und darum mochte er ihr nicht mehr beiwohnen. So nahm er sie denn hin, was sie an Geschenken mitgebracht hatte; sie selbst aber sandte er zurück.
Das ist doch wohl bemerkenswert: Egal wie groß die Liebe sein mag – dass ein anderer sie gehabt haben könnte, zerstört diese Liebe.
Der auch als großer Dichter bekannte Ibrahîm ibn el-Mahdi legt ihr ein Hemd an, auf das er schreiben lässt:
Fürwahr, bei ihm, vor dem sich alle Stirnen neigen,
Was unter diesem Saume ist, dass kenn ich nicht.
Auch ihren Mund berührt ich nie; mein einzig Trachten
War, was das Auge sieht und was die Zunge spricht.
Als sie nun wieder bei el-Amîn eintrifft, singt sie zur Laute:
Du nahmst die Gabe nicht und zeigtest, was du denkest;
Dass du dich von mir trennest, ward mir kund und klar.
Doch wenn du Anstoß nimmst an etwas, das vergangen,
Verzeih du als Kalif, was längst schon nicht mehr war.