Kurz nachdem Adschîb den Prinzen mit des Zufalls und eines Messers Hilfe in Allahs Reich befördert hat, kommt prompt das Schiff wieder angesegelt, und der Alte beweint versreich seinen toten Sohn, den sie mit einem seidenen Leichentuch bedecken. (Haben sie es schon sicherheitshalber mitgebracht?) Das Schiff fährt wieder weg, und Adschîb lebt einen Monat auf der Insel. Danach trocknet die Westseite des Meeres aus, und er watet hindurch, bis er ans Festland kommt, wo er einen leuchtenden Palast sieht.

„Kaum hatte ich mich gesetzt, da traten zehn Jünglinge auf mich zu, in kostbare Gewänder gekleidet, und bei ihnen war ein uralter Greis; doch die zehn Jünglinge waren alle auf dem linken Auge blind.“

Blindheit als Leitmotiv bei der letzten Chaussee der Enthusiasten. Sieht man wirklich nur mit dem Herzen gut? Chirurgische Tests, bei denen man versuchte, die funktionsfähige Herzen von Hirntoten in die leeren Augenhöhlen Blinder einzusetzen, schlugen leider fehl.
Wie weit können wir eigentlich gehen mit unseren Scherzen über Behinderung, die wir uns herauszunehmen wagen, mit der Begründung, dass wir die höchste Behindertenquote unter den Berliner Lesebühnen haben. Scherze über Behinderungen gelten merkwürdigerweise als anstößig, während sich niemand daran reibt, wenn sie als literarisches Mittel des Schreckens eingesetzt wird.

Wir wissen ja schon, dass Adschîb am Ende das Schicksal dieser zehn Jünglinge teilen wird – fragt sich nur, wie es dann dazu kommt.
Sie bieten ihm Aufenthalt unter der Bedingung, dass er sie nicht über ihre Handlungen und ihre Gebräuche befragen soll (Wiederaufnahme des Motivs der Rahmenhandlung der Geschichte vom Lastträger und den drei Damen). Doch er kann nicht an sich halten, aber wer würde nicht nachhaken, wenn sich der Gastgeber plötzlich das Gesicht rußig färbt.

Sie sagen ihm, er möge sich von ihnen in ein Fell nähen lassen, das hernach vom Vogel Roch auf einen Berg getragen würde (Motiv bekannt aus dem russischen „Edelsteinberg“). Auf dem Berg stünde ein Palast, dort erführe er, warum sie einäugig seien und sich die Gesichter schwärzten.
Eine für 1001 Nächte seltsame Begründung:

Wollten wir dir jetzt unsere Geschichte erzählen, so würde es zu lange dauern.

Dabei lieben doch gerade die Protagonisten von 1001 Nacht nichts so sehr wie lange Geschichten. Es ist umso erstaunlicher, als das folgende Abenteuer von Adschîb länger als ein Jahr dauert, so lang hätte die Einäugigen wohl nicht gebraucht.
Adschîb tut, wie ihm geheißen, und er entdeckt vierzig Mädchen im Palast:

„Wir sind deine Dienerinnen und dir untertan; also befiehl uns nach Gutdünken!“

Machoherz, was willst du mehr!
Er verbringt die erste Nacht mit der Schönsten unter ihnen. Die zweite Nacht mit einer, die noch schöner ist, usw.

Ich sah auf ihrer Brust zwei Schreine, die waren versiegelt
Mit Moschus, auf dass der Verliebte sie nicht berührt und verletzt.
Sie behütet die beiden mit Pfeilen aus ihren Blicken;
Sie trifft mit ihrem Pfeile den, der sich ihr widersetzt.

Doch nach einem glücklich miteinander verbrachten Jahr (warum wird hier eigentlich nie jemand schwanger?) müssen die vierzig fort zu ihren Vätern, die Könige sind:

„Hüte dich, die vierzigste Tür zu öffnen, sonst musst du uns verlassen.“

Ob dieses Motiv universal ist? Vielleicht gibt es das schon so lange wie Türen? Schließlich: Wer kennt nicht die Versuchung zu stöbern, wenn man vom Nachbarn den Schlüssel zum Wellensittichfüttern bekommt! Fragt sich nur, warum sie ihm überhaupt den Schlüssel zum letzten Raum geben.

Dann flogen sie davon.

Hä? „Flogen“?

Jeden Tag probiert er ein Zimmer aus. Die ersten vier werden beschrieben:

  1. Blumen, Bächlein, Bäume, Rehlein, Quitten, Aprikosen

  2. Palmen, Bächlein, Rosen, Jasmin, Majoran, Eglantinen, Narzissen, Levkojen

  3. Sandel- und Aloeholz, Singvögel in Käfigen (Wer füttert die eigentlich?)

  4. Perlen, Saphire, Topase, Smaragde

Im vierzigsten Zimmer schließlich wird er vom Geruch betäubt und steigt auf ein schwarzes Pferd, dass mit ihm zum Himmel emporfliegt.

Nach einer Weile jedoch ließe es sich mit mir auf einer Dachterrasse nieder, warf mich vom Rücken, peitschte mich mit dem Schweif ins Gesicht und schlug mir das linke Auge aus, so dass es mir über die Wange rollte, und flog weg von mir.

Hallihallo – die Dachterrasse gehört zum Palast der zehn Jünglinge. Man könnte nun annehmen, jetzt wäre er einer von ihnen, aber sie jagen ihn davon, und er reist nach Baghdad.
Ende der Geschichte des dritten Bettelmönches
Für meinen Geschmack die aufregendste, aber hat er sich nicht auch am tollpatschigsten angestellt?
Die Dame schenkt sowohl ihm das Leben als auch dem Kalifen und seinen zwei Begleitern, nachdem sie ihre Lügengeschichte wiederholen. Alle dürfen gehen. Am nächsten Tag jedoch befiehlt der Kalif alle vor seinen Thron:

„Jetzt aber möchte ich euch zu wissen tun, dass ihr steht vor dem fünften der Nachkommen des Abbâs, vor Harûn er-Raschîd, dem Bruder des Kalifen Musâ er-Hâdi, dem Sohne des Muhammed el-Mahdi, des Sohnes des Abu Dscha’far el-Mansûr, des Sohnes Muhammeds, des Bruders von es-Saffâh ibn Muhammed.“

Gehen wir gnädig über den Umstand hinweg, dass der historische Kalif seinen Bruder – den erwähnten Kalifen Musâ er-Hâdi – umbringen ließ, um auf den Thron zu gelangen.
Die erste Dame tritt hervor und berichtet ihre Geschichte

***

16. Nacht
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