Nichts als der Hunger aufeinander,dabei war’n wir schon voll von des andern Schweiß.Gehüllt im Wäscheduft: Oleander.Fauchender Atem, von Gier so heiß. Als hätte man uns etwas vorenthalten,als kennten nur wir den wahren Preis.Jedes Haar, alle Narben, jeder Blick, alle Falten,bald
Zeit
Ja, auf Schönes in der Fernefreuet sich ein jeder gerne.Doch auch in vergangnen Tagenschwelgt man doch mit viel Behagen.Unsre Gegenwart indessenkönnen wir sehr leicht vergessen. Hast dich prima abgelenktund die Zeit betrogen.Wenn man nur an andres denkt,ist das Jetzt verflogen.
Der Mensch
Den größten Teil des Lebens meintder Mensch, er blieb vom Tod verschont,da doch die Hoffnung in ihm wohnt,dass nichts so übel ist, wie’s scheint. Der Eine glaubt, man würd ja sehn:Gott hilft uns schon beim Auferstehn.Der Andre meint, es würd
Armut
Ganz langsam kroch die Armut in die Stadt.Mach einer fror, manch einer wurd’ nicht satt.Bald schliefen viele unter Brücken,die Augen müd, die Körper matt.Und Rücken wärmte sich an Rücken. Ganz langsam kroch die Armut in die Hirne.Die Sorge zeigte sich
Wozu
In deinen Sprüchen, den Gedichten,wonach soll man sich denn da richten?Nach nichts. Es schwindet mit der Zeit.Außer vielleicht: Freundlichkeit.
Trost vom Feinde
Als ich in Trauer, reichte mein Feind mir die Hände.Wie transzendent erschien mir jener Trost,also ob der heiße Schmerz uns nun verbände,als brächte der grausame Tod auch die Wende.Zwei Trauergäste, zusammenzustehen gelost. Die Zeit ließ den Schmerz verglimmen und bald
Dresche
Prügelst zuweilen dein Kind,mal ein Klaps, manchmal Dresche.Schaut es belämmert aus der Wäsche,die Verhältnisse geordnet sind. Schlägst es ja nur, wenn du musst,maßvoll, bewusstdie Grenze gesetzt,so dass es lernt zu verstehen,den rechten Weg zu gehen,und nie, dass es sich verletzt.
Undankbarkeit
Wie kannst du Dankbarkeit erwarten?Geht es um andre oder dich?Sieh, deine Taten stehn für sich.In deines Lebens Blumengartengedeihen sie ganz ordentlich. Erwartungen zu unterwandern,zumal die eignen, scheint mir klug.Tu und vergiss in einem Zug.Die Dankbarkeit gilt nie dem andern.Sie ist
(Verantwortung)
Freiheit ist leicht.Freiheit ist Spiel.Wird auf Verantwortung sie geeicht,findet der Mensch sein Ziel.
Schuld
Die Freundinnen saßen so freundlich beisammen.Recht flink trat ich ein wie ein frierendes Frettchen.Sie schauten kaum auf, als ich rasch meine klammenVelourschuhe auszog. Ich kam aus dem Städtchen. Ein lockerer Gruß, denn ich wollt sie nicht stören.Für mich war’s ein
Des Menschen Wert
Wie solln wir eines Menschen Wert erkennen?Man sagt, es zählt, was Gutes er getan.Ist er geduldig? Lebt er wie im Wahn?Wer kann die Kriterien hier benennen? Versteht er wohl, sein Leben zu genießen?Vermag zu lindern er des andern Leid?Ist er
Der Improvisierer (Vervollkommnung)
Was soll mir all das Streben nach Vollkommenheit?Ich scheitre immer und bewahr mir Heiterkeit.Doch heißt das nicht, das Scheitern solle mir genügen.Ich werd im Siegen scheitern und im Scheitern siegen.
Nachtgedanken
Die Augen weit zu nächtlicher Stunde.Von welchem Traum bin ich aufgeschreckt.Konfuse Gedanken drehen die Runde,die tief im Unterbewussten versteckt. Ich hätte die Palme längst gießen müssen.Hat Jens mich beleidigt? Oder ich ihn?Schlaf ich gleich ein oder geh ich jetzt pissen?Ist
Nachbarn
Der Nachbar öffnet nichtdie Tür zu seinem Herzendie synchron fast schlagensie die Sahne nebenanda klappert was beständighör ich ihn am Tagelang scheint er sich zu versteckenwir uns voreinandermuss man nichts verbergenSie dort etwas, das niemandsah ihn jeden Nachbarnder ich bin.
Nachlass
Du liegst still im Sterbehaus.Wir leer’n deine Wohnung aus.Teppich, Schränke, deine Kleidermüssen fort nun, leider, leider.Ja, du hast daran gehangen.Was ist damit anzufangen,wenn die einzge, die’s geliebt,alle Viere von sich schiebt?Fünfzig Fotoalben – bitter,Strickpullover und die Zither,dein Barrett, die alte
Püntklichkeit
Warte zwölf Minuten schon.Starre auf mein Telefon.Weiß ja, wie sie nachher flötet:„Ach der Bus – total verspätet!“Wie ich hasse diesen Ton! Lasche Diebin meiner Zeit!Wie wär’s mal mit Pünktlichkeit!.Ach, ich seh, mein wahres Lebenfindet statt jetzt, hier und eben.Bin erst
Lied für Pflaumendorf (Plum Village)
Reicht euch die Hände! Erkenne dich selbst in dem andern.Nimm dir die Zeit, um mit ihm ein Stück Weges zu wandern.Lös dich vom Bald.Was gestern war, ist schon alt.Lasst eure Liebe mäandern. Reicht euch die Hände! Nun seht, ihr seid
Sicherheit im August
Der See ruht sich aus.Kein Boot, kein Schwimmer.Motorsägenund Rasenmäher im Stall. Das Eifersuchtsquakender Haubentaucher – verstummt.Sie gleiten nun schweigend. Und selbst die männlichen Mücken,erschöpft von der Nachmittagspartyhalten nun inne. Wir sitzen am Steg.Du nimmst meine Hand.Ich fühle mich sicher.
Mit nichts (Poetry Slam)
Verzweiflung
Mein Schutzengel schlief tief.Mein Leben hängt nun schief.Keine Tat ist zu tun.Ohne Ruh ist kein Ruh’n.Faule im Mief. Ich nähm das Wort zurück,den allzu kalten Blick.Ach, nur ein kleines Stückvon meinem alten Glück!Ich leb im Knick.
Der Investor
In heikle Hedgefonds investiert,in furchtbar neue Kryptowährung.Das Auf und Ab hat sich rentiert,und jetzt gibt’s die Bescherung. Denn deine Wirtschaftskraft erstarkt,du bist im Luxus abgesichert.Heut Abend kriegst du’n Herzinfarkt.Die Schicksalsgöttin leise kichert.
Schlaf
Nun, komm, du süßer Schlaf.Komm, weiche Ruh im Kissen.Hier gilt kein Solln, kein Müssenund nichts, was ich nicht darf. Lockere Gliederlege ich nieder.Ich bin bald verschwundenin schaukelnden Stundenjede Nacht wieder.
Die Freigiebige
Du gabst mir Halt, warst mir ein Boot, Decke zur Nacht.Dein Arm. Und ein Busen schwang mir vorm Maul.Geschlagener Falbe wurde rasch erwärmt. Ein Atem. Mund zu Mund. Aus einem müden Manne – Achill erwacht,heiß bittet er um mehr.Freigiebig tränkt
Ehegelöbnis
Glaub mir, ich will dich stets begleiten,drum sag ich klar und freundlich Ja.In guten wie in schlechten Zeitenbin ich dir nah, bin für dich da.
Menschenkenntnis
Zweierlei Fähigkeiten brauchst du im Umgang mit Menschen.Wohl dir, wenn du beide beizeiten zu nutzen verstehst.Die eine – den Leuten ins Herz zu schaun – braucht Erfahrungund mehr noch – das Mitgefühl für das Leiden und Streben des anderen.Den feinen
Vor dem Losgehen
Wenn du eilst, dann bleib im Jetzt,behalte deine Ruhe.Mancher, der blind losgewetzt,verlor dabei die Schuhe.
Rache
Wir hätten gerne Rache genommen.Denn schließlich hatte sie uns verraten.Doch hurtig war sie uns doch noch entkommen.Wir gingen zur Feier in Hassemers Garten. Mir selbst war an Rache nicht viel gelegen,ja, wie hätten wir uns denn rächen sollen?Simones Verrat schien
Die Zigarette
Letzte Krümel aus der Tüterasch ins Paper eingerollt,angezündet, bis sie glühte,hab es selber so gewollt. Dachte, man könnt Freundschaft zeigen,wenn man sich ’ne Kippe teilt.Wenn die Räuchernebel steigen,hab ich mich dran aufgegeilt. Und für alle, die es wissenwollen, hier, damit
Abendbetrachtung
Wenn der Tag verstrichen,die Träume auf mich warten,dann sind fast verblichendie Spur’n meiner Taten. Dem Narr’n angebiedert.Das Weh fortgefegt.Den Dank nicht erwidert.Die Lieb nicht gehegt. „Lass gut sein und schlafe!Erlös das Gewissen!Die Nacht sei nicht Strafe.“Ich schrei in mein Kissen.
Der Weise
Wenn andre stritten, schwieg Bernardo sanft,doch sparte später nicht die Schlichterworte.Und schlug ihn Kummer, war’s ihm wie ein Spiel:Was kann ich lernen aus des Schicksals Schlingern?Wo er sich aufhielt, wohnte Heiterkeit,die noch verblieb, wenn er gegangen war.Nun ist er fort.