Zwischenzeit

Zwischen zwei geworfnen Bällen
und zehn Liegestützen
will mit kleinen Witzen
ich dein trüb’ Gemüt erhellen.

Zwischen zwei gehauchten Küssen
wird ich stummer.
Teilst den Kummer,
der dich letzte Nacht zerrissen.

Zwischen zwei verliebten Blicken
sind wir einig,
leise wein ich,
streichle ruhig deinen Rücken.

Ungeduld (Corona 25)

Wie gerne würd’ ich jetzt verreisen.
Doch darf ich’s nicht. Und überhaupt:
Mit euch im Schusterjungen speisen
ist leider auch nicht mehr erlaubt.

Wie gerne stünd ich jetzt auf Bühnen.
Wie gerne hielt ich dich im Arm.
Wie gern würd ich jetzt Geld verdienen.
Ach, wär’s doch nur ein Fehlalarm.

Wie gerne lauschte ich jetzt Chören.
Wie gerne säh ich ein Ballett.
Wie gerne ging ich zur Friseurin,
wenn ich denn noch Haare hätt.

Fast ein Jahr (Corona 23)

War fast beruhigt: Wir übertreten eine Schwelle,
doch horch! Sie sprechen von der dritten Welle,
und es klingt, als rede man vom Krieg.

Tausend Tote weniger. Ein Sieg.
Wer hat die Kraft, das alles anzuhören?
Ein Hamsterrad. Man rennt und tritt doch auf der Stelle.

Fühl mich am besten, wenn ich auf dem Sofa lieg
und was notier und auf die Schnelle
nebenbei von dir ein Küsschen krieg.

Februar im Park

Trunkne Närrin auf dem halbzermatschten Rasen
sucht vergeblich, ihre Straßenmischung zu dressieren.
Doch die Hunde lenken heute ihre schlauen Nasen
umeinander, um einander zu kapieren.

Wo der Schneemann letzte Woche heiter winkte,
ist geblieben eine Handvoll grauer Harsch.
Der Winter sich heut dreist auf Happy Frühling schminkte.
Er zeigt uns lächelnden Gesichts den blanken Arsch.

Ich wusste…

Ich wusste, ich müsst’ ehrlich sein.
Ich wusste, heut gäb’s kein Zurück.
Ich wusste, Du und ich,
das hatte keine Zukunft.

Ich wusste, du würdst es tapfer nehmen.
Ich wusste, ich würd’s an der Tür Dir schon sagen.
Ich wusste, Du und ich
kämen bald drüber hinweg.

Du öffnetest die Tür, ich sagte nichts.
Dein Duft, ich musst dich in die Arme nehmen.
Kein Zurück. Du und ich
wir hatten nur das Jetzt.

Flirt und Pflege

Ich flirtete dereinst im Gras
Mit einem Girl, das bei mir saß
Und spielte ihr ein Lied in Gis,
als plötzlich eine Saite riss
von der Gitarre, ach, o weh!
Es war (wie stets) die Saite D.
Ich schrubbte weiter. Mein Geklimper
klang so wie das von einem Stümper.
Am Schluss sprach sie „Ich muss nun geh’n.“
Ich hab nie wieder sie geseh’n.“

Moral:
Vermeide Unannehmlichkeiten:
Besorg dir immer frische Saiten.
Denn so verlor ich eine Braut
nur mangels der Gitarrenpflege.
Doch wenn ich’s recht mir überlege:
Vielleicht war auch der Text versaut.

Misserfolg 89

Ich bin dereinst im halben Land
nach einer Spieluhr rumgerannt,
sie dir zu geben in die Hand
als eindeutiges Liebespfand.
Die Händler gaben mir bekannt,
das sei ein rarer Gegenstand.
Und so verlief es sich im Sand.
Dein Herz sich an ’nen andren band,
als hättest du mich nie gekannt.
Doch auch ich selbst ’ne andre fand
(die freilich mir recht bald entschwand).

Mezzopiano (Corona 21)

Unser kleiner, wattierter Kosmos,
in dem wir nicht rufen,
nicht rennen,
nicht jammern und weinen,
nicht lachen und schreien,
nur halblaut was meinen
und vorsichtig schreiten
und lächeln und flüstern
und tapfer leis atmen,
wird nun noch gehüllt
in dick-nassen Schnee.

Verwegen plane ich
Unseren Sommerurlaub.

Sentimentale Minute

Ein seltner Nebel hält die Nachbarschaft gefangen.
Doch da es 18 Uhr, ist hektisch man wie eh.
Sah wer, wie sich die Schwäne dort kanalwärts schwangen?
Ich denk, die Antwort darauf ist wahrscheinlich: Nee.

Tu ich hier auch gefühlig – lang hielt ich’s nicht aus.
Rasch wurden Schuh und Kleidung klamm, ich ging nach Haus.

+90jährige, Arena, Januar 2021 (Corona 20)

8 Uhr 10. Es ist soweit.
Ärzte stehn auch schon bereit,
um Menschen (die mit Rollatoren)
Spritzen in den Arm zu bohren.

Taxis spucken dicht am Haus
Hunderte von Greisen aus.
Bulle fuchtelt, Fahrer schimpft.
Heut wird 90-Plus geimpft.

Besucher harr’n im Wind allein,
dürfen leider nicht hinein.
Im Regen warten sie auf Kohlen,
um ihren Opa abzuholen.
Nach einer Stunde wolln wir gehen,
hab’n den Opa nicht gesehn.
Ach, man tut halt, was man kann.
Bald sind wir ja selber dran.

Damals im November

Früh bin ich heut aufgestanden,
und mein Kummer war noch da.
Dein Geruch im Bett vorhanden,
auch wenn ich dich nicht mehr sah.
Seit gestern schläfst du nicht mehr hier.
Jetzt ist Ich, was damals Wir.

Die Frühe heut war sternenlos.
Niemand sah mich weinen.
Keiner hört’ mein Klagen.

Ich ahne, deine Freud’ ist groß,
bist ja bei dem Einen.
Musst es mir nicht sagen.

Minus 1 Grad (Corona 17)

Anstatt zu klagen wollt spazieren ich. Von wegen!
Zur Trübsal hat das trübe Wetter sich gesellt.
Und so verengt sich enger noch die enge Welt,
in der wir Halbversperrten uns noch halb bewegen.

Kaum schrieb ich was, könnt ich ins Bett mich wieder legen.
Zum Frühstück Brötchen und zum Mittag Bohnen.
Gleich einem fetten Kater fress ich die Portionen.
Ein kurzer Blick zum Fenster: Wind und Schnee und Regen.

Voll Selbstmitleid. Dabei könnt ich die Bude fegen.
Adrenalin durch Horror-News aus Übersee.
Die vierte Tasse (fair gehandelter) Kaffee.
Ich geb zum Jammern mir den jämmerlichen Segen.

Grauer Tag

Starr sind heute die Wolken
da oben festgedübelt.
Starr mein Gemüt, und ich hoffe,
dass keiner mir es verübelt,
wenn ich mich heute nur wenig bewege
und mich vom Ruhen zur Ruhe lege.
Starr’ aus dem Fenster, ich habe
noch lang nicht genug gegrübelt.

Sport (Corona 14)

Am Spielplatz der Jugend – ein ranziger Ort
– da stehen drei Menschen und treiben Sport.

Ein Kind, sein Vater und dessen Frau.
Tischtennis spieln sie, dabei schneit es wie Sau.

Der Ball springt zu flach, der Ball springt quer.
Nach zwanzig Minuten wolln sie nicht mehr.

Sie spielen täglich seit Corona begann.
Das Kind, seine Mutter und deren Mann.