304. Nacht

Das Donnerstags-Mahl


Frühstück. Seitenbacher Müsli mit Hafertrunk* und Galia-Melone* und Heidelbeeren*, 3 Brötchen, mit Brombeer-Marmelade*, Sojola-Margarine, Mandelcreme*, Honig*, Erdnussmus*, Schokocreme*, 0,5 Liter Kaffee* (Erst jetzt festgestellt, dass in diese Tasse tatsächlich 1/2 Liter passt.) , 1 Tablette LactAid
* = Bio-Produkt


1 Haps Mandelcreme*
 


1/2 Liter Wasser
 


0,2 Liter Kaffee, 2 Stück Bitter-Orange-Schokolade*, Fair Trade
 


Ein Streifen Orbit-Kaugummi (aus USA)
 


0,5 Liter Leitungswasser


Schawarma im Brot mit Salat, scharfer Soße, Mangosoße, Tomate, Zwiebeln, Gurke


0,3 Liter Apfelschorle, 0,33 Liter Becks alkoholfrei
 


2 x 0,33 Liter Becks alkoholfrei


0,3 Liter Apfelschorle
 


0,33 Liter Becks alkoholfrei
 


0,5 Liter Berliner Pilsener
 


0,33 Liter Becks

 

*

Die Schlangen-Dämonen helfen Abu Mohammed: Der Affe lebe in der

Messingstadt, über der die Sonne nicht aufgeht.

Um dorthin zu gelangen, wird ihn einer ihrer Sklaven über die Lüfte tragen.

"Wisse jedoch, dass jener Sklave einer von den Mârid-Dämonen ist; und wenn er dich trägt, so sprich den Namen Allahs nicht aus, solange du auf seinem Rücken bist; denn sonst wird er vor dir fliehen; und du wirst hinabfallen und umkommen."

Fragt sich also nur, was geschehen muss, damit genau dieser Fall eintritt:

Während Abu Mohammed getragen wird, kommt eine Gestalt auf ihn

die trug ein grünes Gewand, hatte wehende Locken und ein strahlendes Antlitz und hielt einen Wurfspeer in der Hand, von dem die Funken sprühten.

Ob es der Erzengel Gabriel (Dschibril) sein soll?

Diese Gestalt verlangt von Mohammed das islamische Glaubensbekenntnis. Dem kommt Abu Mohammed nach, zumal

ich so lange unterlassen hatte, den Namen Allahs des Erhabenen auszusprechen. […]
Darauf durchbohrte jene Gestalt den Mârid mit dem Wurfspeer; der Dämon schmolz und ward zu Asche, ich aber fiel von seinem Rücken und stürzte zur Erde hinab […] in ein tosendes Meer.

Fischer retten ihn, verstehen aber seine Sprache nicht. Sie bringen ihn zu ihrem König in die Stadt Hanâd in China, der ihn nach kurzer Begrüßung zu seinem Leibwächter ernennt.

Ein sorgloser König mit wenigen Feinden muss das sein, der den erstbesten Schiffbrüchigen zu seinem Leibwächter ernennt.
Mit Hanâd ist vielleicht die jemenitische am Meer gelegene Stadt Al-Hanâd gemeint, die allerdings nie chinesisch war. Ein Übersetzungs- oder Überlieferungsfehler?

 
Größere Kartenansicht

Ein Wesir zeigt unserem Helden die Sehenswürdigkeiten, insbesondere die Steine, in die Allah die früheren Bewohner verwandelt hatte, denn sie

waren in alter Zeit Heiden gewesen.

Nach einem Monat begegnet er an einem Fluss einem Reiter, der ihn fragt, ob er Abu Mohammed der Faulpelz sei. Er gibt sich selbst als Bruder der geretteten Schlange, zu erkennen:

"Fürchte dich nicht, der Sklave, der unter dir umkam, war einer von unseren Sklaven."

Das entführte Mädchen sei ganz in der Nähe, und Abu Mohammed möge sich zur Messingstadt begeben. Dort angekommen, überreicht ihm der Schlangenbruder ein

"Zauberschwert, dass mich vor allen Menschen unsichtbar machen sollte."

Ein Bruch mit der Märchenregel, dass Zaubergegenstände ihre eigentliche Wirkung verstärken: Eine Tarnkappe verbirgt mehr als eine einfache Kappe, in einem Zauberspiegel sieht man mehr als nur die Reflexion, bei einem Zauberschwert vermutet man eher eine unheilvolle Wirkung. Auch bleibt die Bedienung unklar – soll er sich dahinter verstecken oder es einfach nur anlegen?

Kaum ist der Dämon fort, umringt ihn

eine große Menge von Menschen, die ihre Augen auf der Brust hatten

und die ihm den Weg zur gefangenen Jungfrau weisen. An der Quelle eines Flusses findet er sie

unter einem Baldachin von Brokat […] in diesem Garten standen goldene Bäume mit Früchten aus kostbaren Edelsteinen, Rubinen, Chrysolithen, Perlen und Korallen.

Sie berichtet ihm, dass der Oberdämon (d.h. der früher Geld herbeischaffende Affe) die Einwohner dieses Ortes und sämtliche Ifrite beherrscht. Er könne aber durch einen Talisman bezwungen werden, der auf einer Säule liegt und der die Ifrite gefügig macht.

"Und wo ist die Säule", fragte ich sogleich. Sie erwiderte: "An dem und dem Orte."

Gut, dass wir das jetzt wissen.

Er beschwört die Ifrite und befiehlt ihnen, der Mârid zu fesseln.

"Wir hören und gehorchen!"

Danach lässt er sie frei und kehrt zurück zu den Leuten, die ihm den Weg gewiesen hatten.

303. Nacht

Das Mittwochs-Futter


Frühstück. Seitenbacher Müsli mit Hafertrunk*, Galia-Melone* und Heidelbeeren*, 1 gekochtes Ei*, 0,3 Liter Kaffee*
* = Bio-Produkt


Ein Vollkorn-Mohnbrötchen mit Sojola-Margarine, Schokokrem*, Honig*, 1 Tablette LactAid
 


Ein Vollkornbrötchen mit Mandelcreme*, Sojola-Margarine, Brombeer-Konfitüre*


Ein Zusatzhaps Mandelcreme*


Ein Stück Lindt Edelbitter mild


0,3 Liter Leitungswasser


Ein 15-Zentimeter-Subway-Sandwich getoastet, Honey-Oat-Brot, Cheddar, Hähnchen, Salat, Gurke, Tomate, Zwiebel, Mexiko-Soße.  1 Tablette LactAid.
(Zum ersten Mal kapiert, woher das leicht eklige Aroma dieser eigentlich guten Klappstulle herrührt: Es ist das Packpapier. Es stinkt! Ich vermute eine Konspiration vom Packpapierlieferanten und McDonalds.)


Ein halber Liter Mineralwasser still.


Kaugummi Wrigley’s Doublemint


Ein Cappuccino Grande laktosefrei, 1 Blaubeermuffin,  1 Tablette LactAid (man kann bei Muffins nie wissen).


Spaghetti* mit Auberginen*, Zwiebeln*, Tomaten*, Paprika*, Zucchini*, Hafer-Creme* und Ketchup, frische gelbe Tomaten*
0,6 Liter Weißwein Silvaner 2009, Janson Bernhard


2 Stück Lindt Edelbitter mild

0,6 Liter Leitungswasser

*

Abu Mohammed erkundigt sich auf dem Basar der Futterhändler nach dem Scherifen und bittet ihn, ihm seine Tochter zur Frau zu geben. Dieser zögert:

"Du hast weder Abkunft noch Adel." Da zog ich einen Beutel mit tausend Dinaren von rotem Golde hervor und sprach zu ihm: "Das ist meine Abkunft und mein Adel. Und er, dem Allah Segen und Heil spenden möge, hat selber gesagt: ‚Der beste Adel ist der Reichtum.‘

Einen Beleg dafür habe ich nicht gefunden.

Wie schön sagt doch auch der Dichter:

Kann jemand auch zwei Dirhems sein eigen nennen,
So werden seine Lippen manche Rede kennen.
Dann kommen die Genossen, lauschen seinen Worten;
Du siehst ihn bei dem Volk sich blähen allerorten.
Und hätte er das Geld, mit dem er großtut, nicht,
Du fändest bei den Menschen ihn als ärmsten Wicht.
Und wenn der Reiche auch in seinen Worten irrt,
So heißt es: Du sprichst wahr, du redest nicht verwirrt.
Doch spricht der Arme wahr, so ruft die Welt betört:
Du lügst! Und was er sagt, verhallet ungehört.
Ja, Dirhems geben hier auf Erden weit und breit
Den Männern Würde und das Kleid der Lieblichkeit.
Sie sind die Zunge dem, der feine Reden liebt;
Sie sind die Waffe dem, der sich zum Kampf begibt."

Auf Wunsch legt Abu Mohammed noch mal dreitausend drauf, und der Deal ist besiegelt:

"Nach zehn Tagen will ich dich zu ihr einführen."

Dankbar kehrt Abu Mohammed zum Affen zurück, der nun aber ein Anliegen hat: An der Rückwand des Schlafzimmers, einer Halle, befindet sich eine Kammer, darin eine Truhe mit vier Talismanen in Form von Fähnlein, ein Becken voll Gold und ein gefesselter Hahn. Diesen möge Abu Mohammed schlachten, die Fähnlein abschneiden und die Truhe umstoßen.

"Darauf gehe zu deiner jungen Gemahlin und nimm ihr das Mädchentum!"

Wenn Abu Mohammed das täte, würde der Affe ihm alle Wünsche erfüllen.
Abu Mohammed verfährt genau so, nur zur Entjungferung kommt es leider nicht, denn nach Hahnschlachtung wird das Mädchen von einem Mârid entführt – dem Ex-Affen, der durch diesen Talisman gebannt war.
Naheliegend, dass sein Schwiegervater nichts mehr mit Abu Mohammed zu tun haben will. Er wird verstoßen. Als er nun seiner Wege zieht, beobachtet er zwei gegeneinander kämpfende Schlangen – eine schwarze und eine weiße. Er hilft der weißen, welche flieht, ihre Kumpels holt und mit diesen der schwarzen Schlange den sagenumwobenen Garaus macht.
Am nächsten Morgen geben sich die weißen Schlangen als gläubige Dämonen zu erkennen.

 

302. Nacht

Dienstags-Mahl


Frühstück. Zwei Vollkornbrötchen mit Sojola-Margarine, Schokokrem*, Honig*, Brombeer-Konfitüre*, Erdnussmus*, 0,2 Liter Kaffee*, 0,4 Liter Leitungswasser, 1 Tablette LactAid
* = Bio-Produkt


0,1 Liter Leitungswasser


0,5 Liter Leitungswasser


Zwei Scheiben Nuss-Sesambrot mit Sojola-Margarine Lachsschinken*, Kürbiskrem. 0,2 Liter Kaffee*. 1 Tablette LactAid.


Ein Kaugummi Wrigley’s Doublemint


0,4 Liter Leitungswasser


13 Haferkekse*, 1 Banane*, 0,3 Liter Leitungswasser


2 Stück Lindt Edelbitter Mild


Abendessen: 2 Scheiben Vollkorn-Nuss-Sesambrot, Kalbsalami*, Ziegenkäse*, 0,2 Liter Apfelsaft*, 1 Tablette LactAid.


2 x 0,5 Liter Berliner Pilsner


1 Krügerol


0,5 Liter Berliner Pilsner

*

Der Emir ist überrascht über die Befreiung durch den Affen:

"Ich zahle ihm dafür tausend Dinare." Und die Kaufleute sprachen: "Ebenso zahlt ein jeder von uns ihm tausend Dinare, wenn er uns befreit."

Das Schiff fährt zurück nach Basra. Der Emir lässt Abu-Mohammed den Faulpelz kommen, der sich nur mühsam mit Hilfe seiner Mutter fortbewegt:

"Nimm diesen Affen; denn ich habe ihn für dich gekauft. Geh mit ihm nach Hase und warte, bis ich zu dir komme!"

Alsbald serviert er ihm in mehreren Kisten die tausenden Dinare, die als Gewinn für die fünf Dirhems entsprungen sind. Und seine Mutter rät:

"Mein Sohn, Allah hat dich mit großem Reichtum gesegnet; drum lass ab von deiner Faulheit, geh zum Basar und treibe Handel!" Und ich schüttelte wirklich meine Trägheit ab und eröffnete einen Laden im Basar.

Der Affe begleitet ihn bei allem, was er tut, doch vormittags beliebt er zu verschwinden;

dann kam er wieder und trug einen Beutel mit tausend Dinaren in der Hand.

Als er so Abu Mohammed zu Reichtum verholfen hat, beginnt er eines Tages zu sprechen:

"Erschrick nicht! Ich will von mir erzählen; ich bin ein Mârid vom Geschlechte der Geister…"

Darauf hätte man wetten können.

Der Affe bietet Abu Mohammed an, ihn

"mit einem Mädchen zu vermählen, das schön wie der Vollmond ist."

Abu Mohammed möge am folgenden Tag zum Basar der Futterhändler gehen.

Und so sieht so ein Basar heute aus: http://www.futterboerse.ch/

271. Nacht a)

Diskussion bei der Chaussee, ob es sich lohnt, unsere Lotsen am Tor2 des RAW zu positionieren, solange wir im Skandal auftreten. Ist es peinlich und hirnverbrannt, wie die eine Fraktion meint, oder liebenswürdig und notwendig, wie die anderen sagen? Wie in der Mathematik kommt man der Sache näher, wenn man sich das Extrem der anderen Seite vorstellt: Man stünde umsonst am Tor oder es kämen wöchentlich Hunderte dort vorbei.
Indessen ignoriert uns de zitty im Programmteil, während sie uns in der vorigen Ausgabe noch mit einem Tagestipp bedachte.
Was die Immobilienspekulanten auf dem RAW nun vorhaben, ist unklar. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass 2007, beim Verkauf des Geländes nur der offizielle Preis gezahlt wurde (obwohl doch die Immobilien- und Baubranche doch sonst als so sauber gilt.)
Trenne mich nun von 10 Jahrgängen "Rolling Stone". Die New Noises CDs klingen für mich von Jahr zu Jahr gleicher. Meine besten Entdeckungen der Nullerjahre habe ich aber auch diesem Heft zu verdanken: Fiona Apple, Laura Veirs, The Strokes. Es sieht nicht so aus, als würde ich mehr als 1 Euro pro 12 Hefte bei Ebay dafür bekommen.
Kuriositäten bei Facebook: Ich soll Fan einer Künstleragentur werden, die sich nicht mit ihren Künstler rühmt, sondern damit, dass sie wirbt. Wieder eine Freundschafts-Anfrage eines ausländischen Künstlers, der mich mit Daniel Richter aus Hamburg verwechselt.
Grob fahrlässige Körperverletzung im Pflegeheim. Aber man zögert, Anzeige zu erstatten, aus Angst, der geliebten Verwandten könne dann noch übler mitgespielt werden. Alternativen: Keine; denn es ist eines der teuersten und am besten ausgestatteten Heime der Gegend, und die Schlamperei und der Zynismus des Pflegepersonals dem Vernehmen nach überall gleich.

*

Ahmed geht wieder eines Morgens den Pfeil suchen.

Wie er so überall suchte, sah er, nachdem er schon etwa drei Parasangen weit gegangen war, den Pfeil flach auf einem Felsen liegen.

Wieviel das sein mag, darüber wird noch gestritten. Wahrscheinlich zwischen 5 und 10 km.

Er entdeckt, dass der Pfeil nicht steckt, sondern abgeprallt war.

Darauf bahnte er sich einen Weg zwischen den spitzen Klippen und den großen Blöcken und kam alsbald zu einer Höhle im Boden, die in einen unterirdischen Gang auslief.

Bis er schließlich an einem unterirdischen Palast landet.

Und alsbald trat aus dessen Inneren eine liebliche Maid, schön und voll Liebreiz, eine Feengestalt in fürstlichen Gewändern und über und über mit den kostbarsten Juwelen geschmückt. Sie schritt langsam und majestätisch dahin und doch anmutig und bezaubernd, umgeben von ihren Dienerinnen wie der volle Mond von den Sternen.

Na, auf so etwas wartet man doch! Die ganze Zeit wird der Leser in die Irre geführt mit irgendwelchen Abenteuern, die die Brüder zu bestehen haben, einer Cousine, die geheiratet werden soll, und nun kommt diese Beauty-Queen. Aber es kommt noch besser:

"Herzlich willkommen, Prinz Ahmed! Ich bin erfreut, dich zu sehen. Wie ergeht es deiner Hoheit, und weshalb bist du so lange mir ferngeblieben?

Nicht nur, dass sie seinen Namen weiß, sie führt ihn auch in den Palast, sie gibt sich ihm auch als Fee zu erkennen:

Du hast wohl in der Heiligen Schrift gelesen, dass diese Welt nicht nur eine Wohnstätte von Menschen ist, sondern auch von einem Geschlechte, das man die Geisterwesen nennt, die an Gestalt den Sterblichen ganz ähnlich sind.

Vielleicht ist diese Stelle gemeint: "In jenen Tagen gab es auf der Erde die Riesen, und auch später noch, nachdem sich die Gottessöhne mit den Menschentöchtern eingelassen und diese ihnen Kinder geboren hatten. Das sind die Helden der Vorzeit, die berühmten Männer." (1. Buch Mose 6, 4)
Oder sollte sie sich auf die im Koran Dschinni erwähnten Dschinni beziehen?

"Ich bin die einzige Tochter eines Geisterfürsten von vornehmster Abkunft, und mein Name ist Perî Banû."

Sie war es, die den nicht weit genug abgeschossenen Pfeil entführte und vor ihre eigene Schwelle legte.

Also sprach die schöne Maid Perî Banû, indem sie mit dem Blicke sehnender Liebe zu Prinz Ahmed aufschaute; dann aber senkte sie die Stirn in züchtiger Scham und wandte den Blick ab.

Sie möchte ihn ehelichen, und erläutert dies mit einem erstaunlich emanzipierten Standpunkt der Feenwelt:

"Ich habe dir bereits gesagt, dass ich hierüber mit vollkommenster Willensfreiheit entscheiden kann. Zudem ist es bei uns Sitte und uralter Brauch, dass wir Mädchen, wenn wir das mannbare Alter und die Jahre des Verstandes erreichen, nach dem Gebote des Herzens uns vermählen dürfen, eine jede mit dem Manne, der ihr am meisten gefällt und von dem sie glaubt, er werde ihr das Leben am glücklichsten machen. So leben denn Mann und Frau ihr ganzes Leben in Eintracht und Glück. Wenn aber eine Jungfrau von ihren Eltern nach deren Wahl, nicht nach ihrer eigenen, vermählt wird, und sie so an einen Gefährten gekettet wird, der nicht der rechte für sie ist, weil er eine hässliche Gestalt oder ein hässliches Wesen hat und ihre Zuneigung nicht zu gewinnen vermag, dann werden die beiden wohl ihr ganzes Leben lang miteinander streiten, und Not ohne Ende wird für sie aus einer solchen unglücklichen Verbindung entstehen. (…)
Wir tun offen unsere Neigung dem Manne kund, den wir lieben, und wir brauchen nicht zu warten und zu schmachten, bis wir umworben und gewonnen werden."

Was die Bemerkung vom in züchtiger Scham gesenkten Blick Lügen straft. Jedenfalls kann Ahmeds Cousine Nûr en-Nahâr von solcher Wahlfreiheit nur träumen, denn gefragt wurde sie ja nicht.

Doch auch die Eheschließung erfolgt unkonventionell:

"Du bist mein Gemahl, und ich bin dein Weib. Dies feierliche Versprechen, das wir beide einander geben, steht an Stelle einer Eheurkunde. Wir brauchen keinen Kadi; den bei uns sind alle andern Förmlichkeiten und Zeremonien überflüssig und nutzlos."

Es wäre schön zu wissen, ob wir es hier mit der utopischen Phantasie einer weiblichen Erzählerin zu tun haben oder vielleicht eines männlichen, der sich vielleicht eine Beziehung auf Augenhöhe erträumt.

269. Nacht k)

Zum dritten Mal in der Türkei.
Beim ersten Mal 1996 auf Durchreise in den Iran. Ich war vorher so sehr mit den Iran-Vorbereitungen beschäftigt, dass ich mir erst auf dem Flug nach Istanbul klarmachte, dass es ja nicht schlecht wäre, sich türkisches Geld zu besorgen, ein paar türkische Sprachfloskeln und wenigstens einen Stadtplan. Der Taxifahrer versicherte mir, die Fahrt ins Hostel würde mich "Tri Dollar" kosten. Dass er später dreißig wollte, hielt ich für eine Unverschämtheit. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, warum ich mich aufregte. Die Busfahrt nach Iran an dir kurdische Grenze kostete mich meinen Gelassenheitsvorrat für mehrere Jahre. Es war März, auf den Serpentinen lag teilweise noch Schnee, und der Busfahrer heizte wie ein Lebensmüder durch die Berge. Hinter Uwe und mir betete ein Jugendlicher während der gesamten Fahrt, und ich glaubte, den Grund dafür zu kennen. Im Bus saßen viele freundliche Iraner, die uns darüber belehrten, welche Verhaltensweisen man im Iran beherzigen sollten, z.B. die Positiv-Geste des Daumenhochstreckens vermeiden, da diese identisch mit unserer Mittelfingergeste sei. Nicht vergessen werde ich die fünf Stunden Aufenthalt im Iranisch-Türkischen Transitraum. Über der einen Tür ein Bild von Atatürk, über der anderen eines von Chomeini. Zwei große Veränderer mit so unterschiedlichen Zielen und mit einem guten Gespür für Gelegenheiten. Der eine unterzieht das zerfallende Osmanische Reich mit einem gehörigen Schuss Autorität einer Säkularisierung, Modernisierung und Republikanisierung. Der andere nutzt ebenfalls die Gelegenheit einer untergehenden Monarchie und geht den umgekehrten Weg.
Bei meinem zweiten Aufenthalt in der Türkei weilte ich nach der AIDA-Tour mit dem Improtheater "Paula P." nur kurz in Antalya und lernte Schiffs- und Flughafen kennen.
Als Kind war für mich die Türkei eine Art Exotenland. Und während andere Jungen damals Piraten und Indianer zeichneten, waren meine Modelle die Türken aus Hannes Hegens Mosaik.

Turbane, Pluderhosen, Bärte aller Art, Spitzpantoffeln, rund geformte Dächer und Dolche. Nichts davon wiederzufinden in Klein-Istanbul, wovon man in Ostberlin nur die seltsamen Zeilen aus dem Radio hörte

Kebabträume in der Mauerstadt,
Türk-Kültür hinter Stacheldraht
Neu-Izmir in der DDR,
Atatürk der neue Herr.

 

und sie nicht richtig politisch einordnen konnte. "DAF spielten dreist mit Faschismus, Fehlfarben ironisierte Ängste." Und man glaubte beinahe, Politische Wissenschaft zu betreiben.

*

Der seinen fiesen, aber glücklicherweise inzwischen toten Bruder in Fiesheit übertreffende Maure sucht nun, in China angelangt, eine weise alte Einsiedlerin namens Fatima auf, die er überfällt und deren Kleider er sich geben lässt und sich außerdem seine Haut von ihr färben lässt. Als er nun wie sie aussieht, bringt er sie um,

und warf sie in eine Grube, die sich vor ihrer Höhle befand.

Als Fatima heilt er vorm Palast Kranke, und wieder ist es Prinzessin el-Budûr, die auf die Maurenkünste hereinfällt, die Schein-Fatima in den Palast holt und ihr ein Gemach anweist.

Das Motiv der scheinbar Heiligen kennen wir bereits aus der Geschichte des Königs Omar ibn en-Numân und seiner Söhne Scharkân und Dau el-Makân und dessen, was ihnen widerfuhr an Merkwürdigkeiten und seltsamen Begebenheiten

"Fatima" lobt das Gemach, bemängelt jedoch das Fehlen des Eis des Vogel Roch. Alâ ed-Dîn wünscht es sich vom Mârid, der außer sich gerät:

"Du Undankbarer, ist es dir nicht genug, dass ich und alle Geister der Lampe dir zu Diensten sind? Nun verlangst du auch noch, dass ich dir unsere Herrin bringe, damit du sie zu deinem Vergnügen in der Kuppel deines Söllers aufhängst, auf dass du mit deiner jungen Frau dich daran ergötzest?"

Doch er verzeiht ihm, da es die Schuld des Mauren sei. Der listenreiche Alâ ed-Dîn gibt nun vor, Kopfschmerzen zu haben. Seine Frau führt ihn zur angeblichen Fatima, die ihm die Hand auflegen soll. Der Maure zückt schon den Dolch, aber Alâ ed-Dîn entreißt ihn und

bohrte ihn ihm ins Herz.

Heirat, Königreich erben. Alle glücklich. Mit dieser Coda endet die Geschichte, deren Wiedergabe ich hier vor über 1 Jahr begonnen habe. Sie mit der Disney-Version zu vergleichen, steht jedem frei. Sagen wir mal so: Disney erzählt stringenter.… Weiterlesen

269. Nacht i)

Aus Bachs Markus-Passion "Ich will daraus studieren" geklaut von Heinrich Isaacs "Innsbruck ich muss dich lassen". Später hat er sich noch mal offensichtlicher in "O Welt ich muss dich lassen" bedient. Heute würden ihm Gema und WMG einen Strick draus drehen.
Haydn beklaut sich selbst: Kaiserquartett op. 76 C-Dur und Trompetenkonzert Es-Dur HOB VIIE 2. Satz benutzen dieselbe Anfangsfigur.

Am Ende von "The Man Who Shot Liberty Valance" sagt der Herausgeber des Shinbone Star den entscheidenden Satz: "If the legend becomes fact, print the legend." Der Satz könnte auch von jedem Herausgeber deutscher Tageszeitungen über die Wende stammen. Die Geschichte ist offen. Und das war sie auch 1989/1990. Aus der bequemen Haltung des heutigen Status Quo sieht eben alles so schön folgerichtig und eindeutig aus:

1. Der Versprecher, der keiner war. Schabowski hat sich natürlich nicht verplappert, als er die Öffnung der Grenze verkündete. Es war schon mehrere Tage vorher abgesprochen. Momper wusste bescheid. Und alle befürchteten, dass die Situation unbeherrschbar würde. Und so hielt Schabowski erst mal bewusst eine langweilige Pressekonferenz ab, an deren Ende der die erstaunliche Nachricht wie nebenbei einflocht. Und auf das Nachhaken des Journalisten so antwortet, als hätte er nichts weiter damit zu tun.

2. Die Demonstranten hätten gerufen "Wir sind ein Volk". Es gab den gerufenen Slogan "Wir sind das Volk", mit dem aber nicht die Zweistaatlichkeit attackiert wurde, sondern die Bewohner des Elfenbeinturms, die sich für die Elite hielten und die Augen vor dem Offensichtlichen verschlossen. Zwar wurde ab Dezember 1989 "Wir sind ein Volk" in Reden und auf Transparenten verwendet, nicht aber in Sprech-Chören. Ich behaupte das solange, bis mir jemand das Gegenteil beweist

3. Die DDR-Bürger hätten im November 1989 die deutsche Einheit gefordert. Am 28. November 1989 legte Kohl den in jenen Wochen visionär erscheinenden Zehnpunkteplan vor. http://www.kas.de/wf/de/71.6032/ Noch im Dezember 1989 war nur jeder Dritte für eine Wiedervereinigung. Kohls politischem Instinkt und Geschick ist es natürlich zu verdanken, dass er diesen Plan schleunigst über den Haufen warf, die Ost-CDU schluckte, und international die Weichen für den Anschluss der DDR stellte, allem Zweifel zum Trotz. Und als Trostpflaster für die Ostler holte er eine plump wirkende Trine ins Kabinett, die ihm garantiert nie gefährlich werden würde. Dabei wusste er doch selbst, dass man Plumpwirkende nie unterschätzen darf.

*

Der maurische Zauberer ist unterdessen in seiner Heimat wieder angekommen. Täglich freut er sich darüber,

"dass dieser Bastard (= Alâ ed-Dîn) unter der Erde verreckt ist."

und trauert über das Abhandenkommen der Lampe. Eines Tages wirft er geomantische Figuren, um zu sehen, was denn nun geschehen ist. Zu seiner Überraschung lebt Alâ ed-Dîn und die Lampe ist verschwunden. Da heißt es, hurtig das Ränzlein schnüren und ab nach China.


(Quelle Wikipedia)

Zu seinem Schrecken erfährt der Maure in China, wie reich und beliebt sein Widersacher geworden ist. Durch seine astrologischen Instrumente kann er die Lampe orten und lässt sich durch einen ortsansässigen Kupferschmied neue bauen. Verkleidet als Händler setzt er sich an den Markt und bietet diese Lampen zum Tausch:

"O, wer vertauscht alte Lampen gegen neue Lampen?"

Der weitere Verlauf ist vorhersehbar: Die Prinzessin Badr el-Budûr lässt die Zauberlampe durch den Obereunuchen eintauschen, und am Abend lässt der fiese Maure das Schloss samt Sklaven und Prinzessin nach Afrika abtransportieren.

Was die durch den Mârid herbeigezauberten Sklaven betrifft, frage ich mich auch, ob diese eine Vorgeschichte haben. Sind sie also von jemand anderem geraubt worden? Oder erschafft der Mârid Menschen und ist also gottgleich?

Als der Sultan das Verschwinden von Schloss und Tochter bemerkt, will er zunächst dem Rat des Wesirs nachgeben, doch nun geschieht etwas eigenartiges: Da Alâ ed-Dîn beim Volk so beliebt ist,

taten sich alle Bürger zusammen, nahmen ihre Waffen in die Hand, verließen ihre Häuser und folgten den Soldaten.

Sie drohen dem Sultan:

"In diesem Augenblick werden wir den Palast über den Häuptern aller, die in ihm sind und auch über deinem Haupte niederreißen, wenn dem Alâ ed-Din das geringste Leid geschieht!"

Das klingt mir denn doch sehr nach französisch-bürgerlicher Erhebung und nicht nach arabischer Story.

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269. Nacht c) – Berlin Marathon 2008

Eine gute Woche ist nun nach dem Berlin Marathon vergangen. Ich bin völlig erholt. Aber auch der Lauf selber ging so gut wie noch nie. Keine Blasen während des Laufs, kein Mann mit dem Hammer, keine Gelenkprobleme, keine Krämpfe, keine ausgedehnten Gehpausen. Von Anfang an, lief alles perfekt.

Ich hatte vorher die etwas seltsame Idee, meine während des Laufs zunehmenden physischen Probleme zu dokumentieren, indem ich an jedem Kilometer einen Stopp einlegte. Aber das Leid hielt sich in Grenzen, vielleichtgerade wegen der kurzen Pausen. Schon bei km 9 habe ich die erste kleine Stretchingpause eingelegt. Ab der Hälfte widmete ich jeden weiteren Kilometer einigen Personen, die mir gerade wichtig sind.

Den kompletten Lauf habe ich hier dokumentiert

***

Es mutet schon etwas seltsam an, dass der Maure so schnell aufgibt, da er ja immerhin mehrere Jahre gebraucht haben muss, bis er nach China gelangt ist.

Nachdem Alâ ed-Dîn mit Weinen und Klagen fertig ist, besinnt er sich des Rings, den ihm der Zauberer gegeben hat. Er fleht weiter zu Allah und ringt dabei wie ein Trauernder mit den Händen, so

dass seine Hand an dem Ringe rieb.

Aber warum musste er sich da des Ringes besinnen?

Es erscheint ein Dämon, der bekennt, er sei der Sklave des Ringträgers. Alâ ed-Dîn befiehlt ihm, ihn zu befreien, was auch höchste Zeit wird, da er schon seit drei Tagen in der Höhle festsitzt. Er geht den Weg zurück, den er gekommen ist und

dankte Allah dem Erhabenen, der ihn zur Oberfläche der Erde herausgeführt und ihn vom Tode errettet hatte.

Allah? Oder nicht doch der Dämon?

Alâ ed-Dîn kehrt ins Haus seiner Mutter zurück und berichtet ihr alles ausführlich,

was wir dann auch noch in aller Ausführlichkeit lesen müssen, Galland scheint Zeilen schinden zu wollen. An anderen Stellen in "1001 Nacht" heißt es immer: "Doppelt erklärt ist nichts wert."

Nachdem sich der Sohn ausgeruht hat, will die Mutter zum Basar gehen, um vom Erlös des gesponnenen Garns Essen zu kaufen. Alâ ed-Dîn rät ihr, lieber die Lampe zu verkaufen, die brächte sicherlich mehr Geld. Doch wie Mütter so sind, sie meint, man müsse die Lampe vorher putzen, dann brächte sie einen höheren Erlös. Ein Dämon erscheint. Sie fällt in Ohnmacht, Alâ ed-Dîn jedoch befiehlt dem Geist, gutes Essen zu besorgen, dies bringt er augenblicklich herbei. Ausdrücklich erwähnt wird darunter nur:

Brot, weißer als Schnee.

Sie essen sich satt, aber anschließend bittet die Mutter ihren Sohn Alâ ed-Dîn darum, Ring und Lampe fortzuwerfen:

"denn sie verursachen uns große Furcht; (…) Auch wäre es eine Sünde für uns, mit ihnen zu verkehren; denn der Prophet – Allah segne ihn und gebe ihm Heil – warnt uns vor ihnen."… Weiterlesen

269. Nacht – Strickkleider und Schnarch-Lacher

(12.4.07)

Сибирь занимает большую территорию 2
Strickkleider und Schnarch-Lacher

Angeblich sind die Zwischenansagen des Kapitäns und der Stewardessen auch auf Deutsch. Erkennen kann man es nicht, der Tonfall und der Klang sind dieselben.
Als wir in Moskau ankommen, jammert Jochen, er habe im Flugzeug nicht schlafen können. Somit ist Jochen Schmidt der einzige Mensch, den ich kenne, der auch im Wachsein schnarcht, von ein paar Schnarchlachern abgesehen, deren Vorkommen in meiner unmittelbaren Umgebung in den letzten Monaten zugenommen hat. Ein Schnarchlacher ist ein Mensch, dessen Lachen zwar einigermaßen verhalten klingt, der dann aber beim Luftholen kräftig grunzt. Haben die dafür zuständigen Ärzte den Grund für dieses Phänomen schon mal untersucht? Ich glaube nicht.
Passkontrolle. Jochen wird angeschnauzt, weil er unverschämterweise kein Einreiseformular ausgefüllt hat. „Ot kuda?“, fragt er und will wahrscheinlich wissen, woher man diese Papiere bekommt, ich vermute aufgrund der barschen Reaktion der Flughafenaufpasserin einen Vokabelfehler. Willkommen in Russland.
In der Nähe des Flughafencafés, von dem wir abgeholt werden sollen, legen wir uns auf die Wartebänke zwischen die jemand Videosäulen gebaut hat, auf denen ein Drei-Minuten-Video des World Wildlife Funds läuft. Ein Jaguar und ein Hirsch. Der Hirsch, dann wieder der Jaguar. Der Jaguar im Schnee, der Hirsch im Schnee. Der Hirsch bei Nacht, der Jaguar bei Nacht. Wie in einem Liebesfilm fragt man sich: Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht? Oder anders gefragt: Unter welchen Umständen kriegen sie sich? Aber der Zuschauer wird enttäuscht. Wie in einer Liebeskomödie aus den 50er Jahren sieht man das Paar erst am Morgen danach. Der Jaguar kaut schon etwas übersättigt an den Hirschresten. Hab ich etwas verpasst? Ich habe in den nächsten 5 Stunden genug Gelegenheit, meine Filmanalyse zu verifizieren, denn der dreiminütige Jaguar-Hirsch-Clip läuft hier als Endlos-Schleife.
Unsere deutsche Begleiterin Dana, die man uns für die nächsten Tage als Beschützerin zugeordnet hat, können wir gar nicht erkennen, so russisch ist sie gekleidet. Aber das ist ein Schicksal, das anscheinend jedem widerfährt, der länger als ein halbes Jahr hier lebt. In der Schule konnte man früher auch die Russischlehrerinnen, die ein Jahr lang in Moskau studiert hatten, an ihrer Vorliebe für unvorteilhafte Strickkleider, altmodische Tropfenformbrillen, unzweckmäßige Plastegürtel und eigenwilliges Naschwerk identifizieren.
Der Binnenflughafen Scheremetjewo 1, zu dem uns Dana lotst, wirkt, als hätten ihn russische Leibeigene vor der Erfindung der zivilen Luftfahrt erbaut. Die slawische Rustikalität des Gebäudes und der hier angebotenen Nahrung kontrastiert auf beeindruckende Weise mit der distinguierten Preisgestaltung der Cafeteria.
Ein gleichzeitig geschäftsmännisch aber auch polit-mafiös wirkender Bartträger, den ich instinktiv-rassistisch als Armenier einordne, setzt sich, drei Russen nehmen neben ihm Platz, und ein Sonnenbrillenträger baut sich ostentativ als Personenschützer am Eingang des Cafés auf. Die drei Russen sind die Idealtypen des russischen Mannes:
1. der fette Alkoholiker-Macho á la Jelzin
2. der fetthaarige Funktionär á la Karpow
3. der Bodybuilder á la Iwan die Kampfmaschine in Rocky IV
Um ein Binnenflugzeug in Russland zu besteigen, muss man sich beim Sicherheits-Check fast bis auf den Leoparden-Schlüpper ausziehen. Ich vermute, dass sie nur von ihrer mangelhaften Durchleuchte-Technik ablenken wollen. Wenn man kein Messer mitnehmen darf, warum gibt es dann in der Ersten Klasse Stahlbesteck und Glasflaschen?
Die Sitzreihen sind diesmal so eng, dass sogar Jochen Probleme hat. Falls sich mein Vordermann anlehnt, werde ich mir die Kniescheiben brechen. Jochen hat den Gangsitz, aber sobald er seine Beine etwas rausschiebt, pfeifen ihn die Stewardessen zusammen. Müssen die eigentlich auch einen Freundlichkeitskurs belegen. Der Umstand, dass sie auf diesem Flug nur sachlich und nicht mürrisch sind, scheint das zu belegen.
Ankunft Jekaterinburg. Die übliche Hektik bei der Landung. Diesmal ist das Flugzeug gerade erst einmal aufgedetscht und noch nicht mit dem Bremsen fertig, als schon einige Eifrige aufstehen. Es nutzt ihnen nichts. Beim Warten aufs Gepäck sehen wir uns alle wieder. Eine Gruppe Kaukasier hat Pech gehabt. Das Gepäck ist auf dem Rollfeld vom Laster gefallen, aber jetzt ist leider Mittagspause in Jekaterinburg, da könne man nichts machen. Kaukasier sind in Russland eben nur Kaukasier und stehen in der sozialen Hierarchie irgendwo zwischen Dieb und Hund. Und so müssen die Kaukasier bis zum nächsten Flug warten und der kommt in fünf Stunden.

Als genuesische König erwacht,

sah er Alâ ed-Dîn und seine eigene Tochter auf seiner Brust sitzen,

die ihn auch noch mit Waffengewalt überreden wollen, zum Islam zu konvertieren.

So könnte im Jahre 2008 ein Horrorfilm beginnen: Ein Staatsoberhaupt wacht auf, und auf seiner Brust sitzt seine plötzlich zum Islam konvertierte Tochter, begleitet von einem grimmigen Moslem.

Da zückte Alâ ed-Dîn den Dolch und durchschnitt ihm die Kehle von Ader zu Ader. Dann schrieb er auf ein Blatt, was sich zu getragen hatte, und legte es ihm auf die Stirn.

Die Prinzessin ist in der Lage, den Zauberstein zu bedienen, den sie reibt. Es erscheint ein Ruhelager, mit dem sie sich in die Lüfte erheben und fliehen. Der Stein versetzt sie außerdem in die Lage,

  • in einem öden Tal Bäume wachsen und einen Fluss fließen zu lassen, an dem sie die religiöse Waschung vollziehen können

  • einen Tisch mit Speisen erscheinen zu lassen

  • einen Ritter erscheinen zu lassen, der die Truppen bekämpft, die der Bruder der Prinzessin ihnen hinterhergeschickt hat

vgl. Tischlein-deck-dich bei Grimms, wo der Reiter seine Entsprechung im Knüppel-aus-dem-Sack hat

Man reist weiter nach Alexandrien, wo sie Ahmed ed-Danaf treffen. Mit dem fliegenden Ruhelager reisen sie über den Umweg Kairo, wo Alâ ed-Din seinen Vater wiedertrifft, nach Bagdad, wo er seinen nun zwanzigjährigen Sohn Aslân zum ersten Mal sieht. Der Kalif führt den Erzdieb Ahmed Kamâkim vor.

Sofort zog Alâ ed-Dîn sein Schwert und schlug ihm den Kopf ab.

Der Kalif lässt den Ehevertrag für Alâ ed-Dîn und die genuesische Prinzessin Husn Marjam schreiben.

Als er dann zu ihr einging, fand er, dass sie eine undurchbohrte Perle war.

Aslân wird zum Hauptmann der sechzig ernannt.

Hier endet die Geschichte, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass am Ende Zauberstein und Dämonen quasi hervorgezaubert wurden, um die Handlungsstränge zusammenzuknoten. Die Idee von einer erzählenswerten Geschichte ist hier völlig anders – es geht viel mehr ums Erzählen selbst, die Geschichte von Alâ ed-Dîn ist die einer seltsamen Biografie, weniger die von einer seltsamen Begebenheit.

Ende

Die 269. Nacht wird zwar fortgesetzt, ist aber außergewöhnlich lang, da Galland hier die (wahrscheinlich von ihm selbst erfundene) Geschichte von Alâ ed-Dîn und der Wunderlampe eingefügt hat.… Weiterlesen

268. Nacht – Eigenwilliges Naschwerk und Leopardenschlüpper für österreichische Experimental-Oboistinnen

Helge Schneider: "Ich bin kein Kirchist."

**

Im April 2007 durfte ich mit Jochen Schmidt nach Sibirien reisen. Den Bericht darüber habe ich bisher bei der Chaussee der Enthusiasten vorgelesen, aber sonst noch nicht veröffentlicht. Es ist an der Zeit.

Сибирь занимает большую территорию I
Eigenwilliges Naschwerk und Leopardenschlüpper für österreichische Experimental-Oboistinnen

 

Man hatte die Hoffnung ja schon längst aufgegeben, dass sich ein Goethe-Institut-Knecht finden würde, der die Chaussee der Enthusiasten auf eine Lese-Tour nach Russland einladen würde. Dabei lag es ja auf der Hand: Kurze, leicht übersetzbare, aber anspruchsvolle Geschichten, vorgetragen von anmutigen Autoren, die aus ihrem Russland-Faible nie einen Hehl gemacht hatten, sondern ihn wie einen Pionierwimpel vor sich hertrugen. Was hatte ich nicht alles getan: Ich hatte dem Institut ein Chaussee-der-Enthusiasten-Buch und einen ganzen Stapel unserer Hefte geschickt, auf unsere erfolgreichen Auftritte in Amsterdam und Lille verwiesen, meine Scham überwunden und schlechten Gewissens eine von mir einmal verlassene Freundin wieder angerufen, von der ich wusste, dass sie jemanden kannte, der jemanden kannte, der im russischen Goethe-Institut arbeitete, wir hatten uns sogar nach einer Moskauer Straße benannt. Stattdessen setzte man in Moskau lieber darauf, Dichterinnen, die vor 10 Jahren mal bei einem Provinz-Poetry-Slam den dritten Platz belegt hatten, oder gar österreichische Experimental-Oboistinnen wieder und wieder ins Russenreich zu karren, weil das ja die anderen Goethe-Institute auch so praktizierten. Und so kam die E-Mail mit der Einladung nach Sibirien etwas unerwartet. Sie hatten den Zeitpunkt gut abgepasst. Ich war knapp unter Vierzig, und so konnten sie mich noch unter der Kategorie „Junger Schriftsteller“ ankündigen, aber dieses Etikett gilt in Deutschland vielleicht für jeden, bei dem man sich noch keine Gedanken machen muss, mit welchen Vorrichtungen man den Rollstuhl auf die Bühne gehievt kriegt.
Ich arbeitete an einer Übersetzung, trat viermal pro Woche auf, unterrichtete 2 Improvisationsheaterklassen, ermunterte meine an Frühschwangerschaftskotzerei leidende Schwester, und vertröstete meine Gefährtin Woche für Woche, Regale, Lampen, Lichtschalter, Vorhänge und Bilderrahmen anzubringen, die seit unserem Einzug vor 3 Monaten immer noch vorwurfsvoll im Korridor standen. Kein günstiger Zeitpunkt, um sich nach Sibirien zu verpissen. Aber Russland war ein Magnet für mich, es zog mich an und stieß mich ab. Ich hatte mich Anfang der 90er mit jungen Moskauer Punkbands befreundet, wir waren viermal auf die Krim gereist, ich hatte 1991 den Putsch gegen Gorbatschow live vom Fenster eines Freundes miterleben dürfen, und ebenso die Beschießung des Parlaments zwei Jahre später, ich hatte eine russische Patentochter, die ich fast nie sah, meine Mutter war in russischer Kriegsgefangenschaft entstanden, ich liebte russische Musik und das raue russische Essen, und ich verabscheute die „russische Seele“, die die russischen Rohlinge immer dann aus dem Sack ließen, wenn sie ihre Grobheit in Wodka ertränkt hatten, dann aber nicht etwa zärtlich wurden, sondern schlicht zur allergröbsten Grobheit nicht mehr in der Lage waren. Kurz gesagt: Ich musste nach Sibirien.
***
Als ich in der Abreisenacht rucksackbeladen und wegen eines Auftritts leicht verspätet, um 23.30 Uhr vom Bahnhof Treptower Park meinen Reise- und Lesebegleiter Jochen Schmidt auf dem Handy anrufe, damit er die Damen auf dem Flughafen davon abhalten möge, das Check In zu früh zu beenden, ich würde mich schon beeilen, wundere ich mich über die fehlenden Flughafen-Hall-Geräusche am anderen Ende der Leitung. Schmidt ist noch nicht einmal aus seiner Wohnung gegangen, und so bleibt es mir überlassen, die Damen auf dem Flughafen zur Verlängerung des Check In zu Jochens Gunsten überreden.
Wir sind die letzten Passagiere, bei der Sicherheits-Überprüfung nimmt man uns schon nicht mehr ernst und schäkert untereinander, nicht wissend, dass aufmerksame Schriftstellerohren die Metalldetektorpforte durchqueren. Der Dialog in diesem Setting zwischen der einen Politesse an der Durchleuchtmaschine und der anderen mit der ulkigen Detektorlupe könnte der Beginn eines Tarantino-Films sein:
„Wat willste denn da nach Thailand extra nô Hemden mitnehmen?“
„Na, een T-Shirt dô wenigstens!“
„Nö, da loofen wa dô alle nackee rum! Ne Zahnbürschte und ’n Leoparden-Schlüppa, dit muss reichen.“
„’n Leoparden-Schlüppa? Du hast ’n Leoparden-Schlüppa! Ick fasset nich!“
Wir müssen weiter, dürfen nicht mehr mitlauschen, aber im Geiste drehe ich den Film weiter: Nach uns letzten beiden Passagieren kommt noch der Sky-Marshall angehetzt, bei dem (wie immer) der Alarm piept. Er lässt (wie immer) einen flotten Spruch fallen, man kichert. Im Flugzeug stellt er sich heraus, dass der Sky-Marhall selber ein Entführer ist. Cut! Zeitsprung. Er wurde von seinem sadistischen SM-Partner dazu gezwungen. Cut! Der Pilot vertuscht seit Jahren seine starke Sehbehinderung, aber er hängt an dem Job wegen der nymphomanischen Stewardessen. Als der kriminelle Sky-Marshal droht, dem Piloten die Augen auszustechen, lacht der nur, da das für ihn ja keinen Unterschied mehr macht. Das Flugzeug landet nun immer wieder auf verschiedenen Flughäfen in aller Welt, kein Land fühlt sich zuständig, und kein Innenminister nirgends will die Befreiung der Geiseln unternehmen, da das Risiko zu klein ist, und man sich somit keine Lorbeeren als harter Bulle verdienen kann. Inzwischen ist der sadistische Partner des Sky-Marshalls in Thailand angekommen, wo er sich zu seiner eigenen Überraschung, nicht mit einer Thai-Prostituierten, sondern einer deutschen Touristin vergnügt, in die er sich verliebt hat. Sie belustigen sich im Swimmingpool des Hotels, doch als er sie dort für seine Sado-Spielchen ausnutzen will, wehrt sie sich. Am nächsten Morgen findet das Personal seine Leiche auf dem Grund des Swimmingpools. Sie stellen fest, dass er mit einem Leoparden-Schlüppa erwürgt wurde.
***
Wir heben ab, Jochen setzt sich seine Schlafmaske auf und klemmt sich Ohropax in die beiden dafür vorgesehenen Körperöffnungen. Mit diesen Utensilien, die für ihn so wichtig sind wie für Asthmatiker ihr Spray, eliminiert er zwei wichtige Wahrnehmungsformen, und glaubt irrigerweise, ihre Benutzung garantierten ihm Schlaf.
Um drei Uhr nachts wird das Frühstück serviert. Und während ich wieder einmal meine Knie abwechselnd in den Gang, in Jochens Magengrube und gegen die Rückenlehne meines Vordermanns platziere, frage ich mich, ob diese Nahrungsersatzverabreichung auf kurzen Flügen nicht lediglich dazu dient, die Fahrgäste bei Laune zu halten, da sie sich sonst wie Kinder benehmen: Ich muss mal, ich will was zu trinken, mir ist warm, ich muss mal, wann sind wir endlich da, nein der da hat angefangen, wieso darf ich mir denn keine Mütze aus dem Security-Prospekt basteln?
 

***

Die Prinzessin spricht zu einer Begleiterin

"Du hast mich aufgeheitert, Zubaida!"

Und so erkennt Alâ ed-Dîn, dass diese Zubaida seine Gattin ist, die doch eigentlich tot sein müsste.
Die Prinzessin fährt fort, Zubaida zu trösten, Alâ ed-Dîn sei

in dieser Kammer dort und hört, was wir reden."

Sie rennen auf einander zu und sinken ohnmächtig zu Boden. Es stellt sich heraus, dass eine im Dienst der Prinzessin stehende Dämonin in den Körper von Zubaida gefahren war und Zubaida auf diese Weise zur Prinzessin gelangte.

Deus ex machina.

Dieser Prinzessin war durch ihre Großmutter geweissagt worden, sie würde eines Tages Alâ ed-Dîn heiraten.
Alâ ed-Dîn geht auf das Angebot ein, vorausgesetzt, sie ist Muslimin. Das ist sie tatsächlich, denn sie

las die vier Bücher, die Tora, das Evangelium, die Psalmen und den Koran.

Das hat sie bekehrt. Zubaida nimmt das neuerliche Eheversprechen ihres Gatten klaglos hin.
Außerdem klärt ihn die Prinzessin über die Vorgänge in Bagdad seit seiner Abreise auf. Den fünfeckigen Zauberstein habe sie übrigens von ihrer Großmutter, und sie hatte ihn Alâ ed-Dîn zukommen lassen Der Kapitän war einer ihrer Verehrer, den sie losschickte, um Alâ ed-Dîn nach Genua zu holen. Ihr Vater wiederum hat eine große Angst vor Alexandriern, die er alle hinrichten lässt, da ihm durch seine Mutter geweissagt wurde, er würde durch einen Mann aus Alexandrien getötet.

Man ahnt schon, wer ihres Vaters Mörder sein wird.

Am Abend betäuben sie den König mit Wein und Bendsch, fesseln ihn und geben ihm

das Gegenmittel gegen Bendsch.

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186. Nacht

Für die Dämonin Maimûna scheint der Fall gelöst:

"Hast du gesehen, Verfluchter, wie stolz und zurückhaltend mein Geliebter gehandelt hat, und wie leidenschaftlich sich deine Geliebte an meinen Geliebten gedrängt hat? Kein Zweifel, mein Geliebter ist schöner als deine Geliebte, doch ich vergebe dir."

q.e.d.

Auf Befehl von Maimûna tragen Kaschkasch und Dahnasch die Prinzessin zurück.
Am nächsten Morgen verlangt Kamar ez-Zamân vom Eunuchen, ihm die Jungfrau zu bringen. Dieser weiß natürlich nicht, wovon die Rede ist. Kamar ergrimmt:

Du Verfluchter, mein Vater hat dich das Betrügen gelehrt, Komm her!" Nun trat der Eunuch an Kamar ez-Zamân heran; der packte ihn an seinem Kragen und warf ihn zu Boden, wobei dem Erschrockenen ein Wind entfuhr.

Kamar ez-Zamân fesselt ihn und lässt ihn in den Brunnen hinab, so dass er Ertrinkensängste erleidet.

Eine effektive Foltermethode auf die die US-Streitkräfte gut 1.000 Jahre später im Irak und auf Guantánamo zurückgreifen.

184. Nacht

Kamar ez-Zamân will die fremde Prinzessin küssen, während die Dämonin vor Eifersucht und Scham vergeht, doch hält er inne, da er glaubt, der Vater wolle ihn nur auf die Probe stellen. Als Erkennungszeichen löst er einen Siegelring von ihrer Hand,  steckt ihn sich selber an, dreht sich mit dem Rücken zu ihr und schläft wieder ein. Nun beißt Dämonin Maimûna als Floh die Prinzessin

vier Fingerbreit unterhalb ihres Nabels

Um sie durch Juckreiz aufzugeilen?

Diese entdeckt nun ihrerseits den Prinzen

seiner Lippen Tau war von süßem Geschmack und heilsamer als Theriak; es schien, als wäre sein Mund wie das Siegel des Salomonis rund, seine Lippen waren von der Korallen Art, und seine Wangen wie Anemonen zart.

183. Nacht

Kamar ez-Zamân erwacht und entdeckt die Jungfrau neben sich:

strahlend wie ein kostbarer Edelstein oder wie eine hohe Kuppel im Sonnenschein, ihre Gestalt war wie eine Linie aufrecht und fein; ihr Wuchs war zierlich klein, ihr Busen schwellend und ihre Wange von rotem Schein…

Er sieht,

dass sie nur ein venetianisches Hemd trug ohne Hosen.

Venetianische Hemden in China?

Es regte sich in ihm die natürliche Begierde, und Allah erfüllte ihn mit dem Verlangen nach Umarmung.

Aber sie erwacht nicht, da sie von der Dämonin im Schlaf gehalten wird, und so hält der Prinz das Ganze für einen Trick seines Vaters, um ihn zur Heirat zu zwingen.

182. Nacht

Und so muss nun auch Dämon Dahnasch ein Loblieb über Prinzessin Budûr rezitieren,

dann sang er dies Lied, obwohl die Dichtung ihn sonst mied: (…)

Noch immer können die beiden sich nicht einigen, also rufen sie einen unparteiischen Dämon herbei.

Der hatte ein blindes Auge, war bucklig und krätzig; seine Augen waren der Länge nach durch sein Gesicht geschlitzt, er hatte auf dem Kopfe sieben Hörner, und vier Haarsträhnen hingen ihm bis auf die Köchel; seine Hände waren Worfschaufeln, seine Beine wie Masten, er hatte Klauen wie die eines Löwen und Hufe wie die eines Wildesels.

Dieser lobt die Schönheit der beiden und entscheidet so:

Die beiden sind gleich an Schönheit und Lieblichkeit, an Anmut und Vollkommenheit, und es ist kein Unterschied zwischen beiden, nur dass sie verschiedenen Geschlechtes sind. Doch habe ich noch einen anderen Gedanken, und der ist, dass wir je einen von beiden aufwecken, ohne dass der andere es weiß; und wer dann von heißerer Liebe zu dem anderen entzündet wird, der soll ihm an Schönheit und Anmut unterlegen sein.

Das nennen einige Soziologen "Ökonomie der Liebe": Der Hässlichere, weniger Begabte usw. liebt stärker. Der Schönere ist in ständigem Stress, ob er sich vielleicht doch "unter Wert" verbunden habe. Ein seltsames Konzept von Liebe, das aber mehr noch in der modernen Gesellschaft anzufinden ist: Man ist ständig mit Lebensalternativen konfrontiert und vor allem mit der Möglichkeit, tatsächlich noch mal alles umzuwerfen und "von vorne" zu beginnen.

Dahnasch verwandelt sich in einen Floh, beißt Kamar ez-Zamân und weckt ihn.

180. Nacht

Dämon und Dämonin schließen eine Wette ab, wer den schöneren Geliebten habe.

Allerdings wetten sie um nichts. Das habe ich mich schon immer gefragt: Ob eine Wette ohne Einsatz überhaupt eine Wette ist.

Sie betrachten zunächst Kamar ez-Zamân, dann Budûr und können ihren Streit nicht schlichten. Also tragen sie Prinzessin Budûr schlafend neben den Prinzen, um im direkten Vergleich zu entscheiden.

179. Nacht

Der Vater dieser Schönen, so der Dämon weiter sei ein Tyrann, der seiner Tochter sieben Schlösser gebaut habe, und zwar aus:

  • Kristall

  • Marmor

  • chineischem Stahl

  • Edelsteinen und Juwelen

  • Mosaik aus buntem Ton und Achat

  • Silber

  • Gold

In diesen müsse sie abwechselnd wohnen. Der Name der Prinzessin sei Budûr und sie habe eine Abneigung gegen das Heiraten. Daraufhin habe ihr Vater sie eingesperrt und das Gerücht verbreiten lassen, sie sei geistig umnachtet.

Nachtigall, ick hör dir trapsen. Zwei schöne Heiratsunwillige. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen…

Der Dämon schaut sie nun jeden Tag an und betrachtet sie gewissermaßen als seine Geliebte. Es kommt zum Streit zwischen Dämonin und Dämon, wer den schöneren Menschen habe.

178. Nacht

In der Gegend, von der der Dämon spricht, herrscht König el-Ghajûr,

der Herr der Inseln und der Meere und der sieben Schlösser.

Dessen Tochter sei unendlich schön, u.a.:

sie hat zwei Brüste wie Kästchen aus Elfenbein, von deren Glanze Sonne und Mond ihr Licht entleihn; und einen Leib mit Falten so zart wie koptisches Gewebe von ägyptischer Art.

Die Beschreibung ihrer Schönheit zieht sich über anderthalb Seiten hin, und dabei habe er seine

Beschreibung kurz gemacht, da ich fürchte, sie würde sonst zu lange dauern.

Bemerkenswert wieder das Lob schwerer Hüften:

Die Hüften hängen an ihrem zarten Rumpfe
Und diese Hüften handeln schlecht gegen sie und mich.
Sie halten stets mich fest, wenn ich nur an sie denke,
Und ziehen sie herab zum Boden, erhebt sie sich.

177. Nacht

Angesichts der Schönheit von Kamar ez-Zamân gelobt die Dämonin:

"Ich will ihn behüten vor allen Gefahren."

Sie steigt nun hinauf und begegnet einem weiteren Dämonen namens Dahnasch, der von ihr Gnade und einen Freibrief erbittet. Er käme

vom äußersten Ende Chinas

wo er etwas wunderbares gesehen habe.

21. Nacht

Nur ed-Dîn erhob sich darauf und ging ein zu seinem Weibe, der Tochter des Wesirs.
Lassen wir nun den Nûr ed-Dîn und wenden uns seinem Bruder zu!

Unvermittelte erzählerische Ellipse: Schems ed-Dîn ist traurig über das Fortgehen seines Bruders. Aber auch er heiratet, nämlich die Tochter eines Kairoer Kaufmanns. Es kommt, wie es kommen muss (weil durch de Wette angekündigt): Gleiche Hochzeitsnacht, beide Frauen gebären in derselben Nacht, Schems bekommt einen Sohn, Nûr (nur, haha) eine Tochter.
Beide sind über die Maßen schön. Der alte Wesir von Basra stirbt, und Nûr ed-Dîn wird Wesir,

und übernahm die Pflichten seines Amtes und untersuchte die Angelegenheiten und Streitsachen der Untertanen, wie es die Gewohnheit der Wesire ist.

Ist damit angedeutet, dass der Minister auch Richter (Kadi) ist? Oder deutet "untersuchen" eher auf die Funktion eines Staatsanwalts oder eines Mediators?
Sein Amt bringt ihm auch Reichtum: Schiffe, schwarze und auch weiße Sklaven.
Sein Sohn Hasan wird gelehrt und man geht mit ihm diverse Mal den Koran durch. Aber auch seine Schönheit wächst. Wenn er zum Palast des Sultans geht, wartet das Volk auf der Straße, um seine Schönheit bei seiner Rückkehr zu erneut zu bewundern.
Auf seinem zu frühen Sterbebett eröffnet Nûr ed-Din (ja, ich war auch überrascht über sein frühzeitiges Abschmurgeln aus dieser Geschichte) seinem Sohn die eigene Herkunft per Urkunde, die dieser in einen Tarbusch steckt, der unter einem Turban verborgen bleibt. Zum Schluss gibt er ihm fünf Weisungen auf den Weg:

  1. Schließ dich niemandem zu eng an, so wirst du sicher sein vor seiner Arglist.

  2. Sei gegen niemanden hart, auf dass das Schicksal nicht hart gegen dich sei.

  3. Übe Schweigen und kümmere dich um deine eigenen Fehler eher als um die Fehler der anderen Menschen!

  4. Ich warne dich, Wein zu trinken!

  5. Erhalte deinen Besitz, und er wird dich erhalten! (…)
    Spare die Piaster,
    so hast du Pflaster!

Pflaster???
Ich muss gestehen, dass ich mich an keines dieser Gebote halte, und nur gegen das erste as Überzeugung verstoße.

Da Hasan die Trauerzeit für seinen Vater auf ungebührliche Weise überschreitet, will der Sultan ihn töten lassen. Doch ein ihm wohlgesonnener Mamluk warnt ihn, und Hasan flieht auf einen Friedhof, wo er einen Juden trifft,

der aussah, wie ein Geldwechsler.

Dieser kauf ihm die Waren eines noch erwarteten Schiffes ab.
Hasan legt sich schlafen, und hört über sich zwei rechtgläubige Dämonen seine Schönheit bestaunen. Er erfährt außerdem, dass seine Base, da sein Onkel sie dem Sultan nicht zur Frau geben wollte, mit einem buckligen Stallknecht vermählt werden soll.

 

14. Nacht

Die Prinzessin, die den Prinzen im Affen erkennt, beschwört den Dämon mit viel Getue und Material, u.a. mit einem Messer,

darauf hebräische Namen standen.

Dämon und Prinzessin bekämpfen einander

Dämon als Mädchen als
Löwe Haar als Schwert
Skorpion Schlange
Adler Geier
schwarzer Kater scheckiger Wolfshund
Granatapfelkerne Hahn
Fisch Fisch
Fackel Kohle

Sowohl Mädchen als auch Dämon geben am Ende die Löffel ab, doch kurz vorher kann das Mädchen den Affen noch zurückverwandeln, der jedoch durch die Feuersbrunst ein Auge eingebüßt hat, was im Vergleich zum König, der das halbe Gesicht, den Unterkiefer und seinen Eunuchen verlor, ja noch erträglich ist.

Voll Zorn vertreibt der König den Prinzen von seinem Hofe, da er ja nur durch diesen seine

"…Tochter verlor, die mir hundert Männer wert war."

Sinnend, weinend und Verse die Geduld betreffend rezitierend richtet er seine Schritte gen Baghdad, wo er den Beherrscher der Gläubigen zu treffen hofft.

***

Die Dame ist auch mit dieser Geschichte zufrieden, schenkt dem Bettelmönch das Leben und so erfahren wir

Die Geschichte des dritten Bettelmönches

Dieser ist eigentlich, wir konnten es inzwischen erraten, ein König und Sohn eines Königs, der mit einem Lustfahrtschiff eine Reise unternimmt, aber nach einem Sturm Schiffbruch erleidet und auf die Insel mit dem Magnetberg, der den Schiffen die Nägel aus dem Rumpf zieht, gelangt.

unklares Inventar: Hände wie Worfschaufeln

 

***

13. Nacht

Es kommt, wie’s kommen muss: Der Depp haut die Nische um, der Dämon erscheint und foltert die Prinzessin, woraufhin der Prinz nachvollziehbarerweise flieht, jedoch Axt und Schuh zurücklässt.

Altmodische Beschimpfung, die es wert wäre, wiederbelebt zu werden: „Du lügst, Buhldirne!“

Langsam gewöhnen wir uns ja daran, dass die Protagonisten, wenn ihnen schlimmes Leid widerfährt, zu dichten und/oder zu rezitieren beginnen, ähnlich wie im Musical, wo, wenn es ganz gefühlig wird, von irgendwo Musik erklingt und alle zu tanzen beginnen. Allerdings wirken die hier performten Verse angesichts des soeben erfahrenen Leids schon fast lakonisch:

Wenn das Geschick dir eines Tages Unheil bringt,
Bedenk, ein Tag bringt Freude dir, der andre Leid.

Kaum ist er wieder beim Schneider angelangt, da taucht auch schon ein persischer Greis auf, der Axt und Schuh bei sich hat, und siehe da – es ist der Dämon himself, der den Prinzen mit sich nimmt und in seinem Palast der Prinzessin gegenüberstellt. Dass das Paar sich nicht gegenseitig umbringen will, ist für den Dämon Beweis genug, dass die beiden ein Paar sind:

„Ich warf das Schwert aus der Hand und sagte: ,O du mächtiger Dämon, o du Recke und Heldensohn, wenn eine Frau, die wenig Verstand und Religion besitzt, es schon für unrecht hält, mir den Hals durchzuschlagen, wie sollte es da für mich recht sein, ihr den Hals durchzuschlagen, da ich sie doch nie in meinem Leben gesehen habe?“ Und er traf sie so, dass ihr der Kopf davonflog.

Aktuell: Kopf davonfliegen.

Der Prinz bittet den Dämon um Gnade:

„Verzeih mir, wie der Beneidete dem Neider verzieh.“ Er fragte: „Wie war denn das?“ Da begann ich

Die Geschichte vom Neider und vom Beneideten

Zur Orientierung:
Schehrezâd
—> Die Geschichte des Lastträgers und der drei Damen
—-> Die Geschichte des zweiten Bettelmönches
—> Die Geschichte vom Neider und vom Beneideten

Zwei Nachbarn, der Erfolglose beneidet den Erfolgreichen.

Bei den Künstlern, mit denen ich zu tun habe, kann man vor allem zwei Arten von Neid beobachten: 1. Neid auf Erfolg, 2. Neid auf Talent. Und ich habe kaum jemanden kennengelernt, der völlig frei davon wäre. Der Neid auf Erfolg spielte z.B. bei den Lesebühnen solange keine Rolle, wie außergewöhnlicher Erfolg tatsächlich die Ausnahme war. Bis zum Jahr 2000 etwa hatten die Lesebühnen gleich viele Zuschauer, und es gab noch keine relevanten Buchveröffentlichungen. Erfolg wird vor allem dann beneidet, wenn er als ungerechtfertigt erscheint. Neid auf Talent quält auf andere Art: Während sich der Erfolglose immerhin noch mit der Illusion beschwichtigen kann, durch Fleiß und etwas Glück doch noch anschließen zu können, kann der Untalentierte sich mühen, aber er wird nie die künstlerische Achtung seiner Kollegen haben. (Ähnlich wohl auch der Neid um Schönheit.) Da kann Britney Spears noch so zappeln – kein bedeutender Künstler wird sie je als Vorbild nennen, im Gegensatz zu Velvet Underground, die während ihres Bestehens kaum Platten verkauft haben.
Aber wieviel Selbstbeherrschung, Selbstachtung und Gelassenheit kann man denn aufbringen, um aufkommenden Neid zu bekämpfen. Der erste Mord im Bibel-Mythos geschieht ja nicht aus Habsucht oder sexueller Eifersucht, sondern weil Kain seinem Bruder die Gunst Gottes neidet, wobei sich ja schließlich herausstellt, dass dieser ihn ja so unknorke auch nicht gefunden haben kann, denn er macht ja ein Zeichen an seine Stirn, dass niemand ihn töte, wer ihn fände, was andererseits auch etwas albern erscheint, da ja zu dem Zeitpunkt außer Adam und Eva niemand sonst da ist.

Der Beneidete zieht sich, als er den Neid des Neiders bemerkt, in ein Kloster zurück und wird dort zu einem angesehenen Weisen. Davon erfährt der Beneidete, der ihn besucht und heuchelnd um Rat bittet.

Der Beneidete nun nahm den Neider bei der Hand, und sie gingen hinein in das innerste des Klosters; aber der Neider sagte: „Sage deinen Fakiren, dass sie sich in ihre Zellen zurückziehen.“

Man beachte das Possessivpronomen: Seine Fakire!
Im Hof stößt der Neider den Beneideten in einen Brunnen. Ein typischer Märchenmordversuch (s.a. Grimms Goldmarie und Blaues Licht). Ich habe jedenfalls noch nie davon gehört, dass jemand erfolgreich in einem Brunnen ertränkt wurde, weder in der Realität noch im Märchen.
Und so landet auch hier der Beneidete weich und erfährt von guten Geistern, dass er am nächsten Tag vom König besucht würde, der Rat wegen seiner kranken Tochter suche. Diese könne man retten, so die Geister, indem man den sie bewohnenden Dämon durch Katzenhaarverbrennung austreibe.
Vielleicht ein etwas ungeschickt gewählter Schachzug, einen Dämon mit einer Geschichte, in der eine Dämonsaustreibung vorkommt überzeugen zu wollen (wir werden sehen).
Tatsächlich heilt der nunmehr Scheich Titulierte die Königstochter, bekommt diese zur Frau und setzt seinen Erfolgsweg fort: Wesir, dann selber König.

Verlorengegangene Bezeichnung für Schwiegersohn:Eidam

Als König überreicht er dem Neider 20.000 Goldstücke und lässt ihn ziehen.

***

Zurück zur Geschichte des zweiten Bettelmönches. Der Dämon lässt sich nur halb erweichen – er verwandelt den Prinzen in einen Affen, der durch eine Wüste zieht, an ein Meer kommt, ein Schiff besteigt und sich dort zum Günstling des Kapitäns hocharbeitet. Als sie an den Hof eines Königs kommen, erweisen sich die kalligraphischen Fähigkeiten (s. 12. Nacht) als Rettung. Er schreibt Verse in Kursivschrift, in Schlankschrift, in Steilschrift, in runder Monumentalschrift, in großer Dokumentenschrift und in großer Zierschrift, wodurch er sich die Gunst des Königs erwirbt und mit ihm an einer Tafel essen darf, wobei die Speisen von einem Eunuchen und einem weißen Sklaven aufgetragen werden.
Sowohl die Funktion des Eunuchen, als auch ein weißer Sklave werden hier erstmals erwähnt. Unklar, ob ein weißer Sklave mehr wert ist als ein schwarzer.
Wie schon in der Geschichte vom Kaufmann und dem Dämon (2. Nacht) ist es die Prinzessin, die den Verzauberten im Tier erkennt, denn sie ist selber eine Zauberin.

***

3. Nacht

Schehrezâd beendet die Geschichte vom Kaufmann und dem Dämon
knapp: Der Dämon lässt den Kaufmann am Leben, der Kaufmann dankt den Scheichen
und alle gehen nach Hause. Man fragt sich, warum denn die Scheiche mit ihren
Viechern hierher nach dem Lande Hind gekommen sind – war da nicht eine Erlösung
der Tiere angedeutet? Aber solche Strippen, die da am Ende der Geschichte rausbammeln (zit.V. Strübing) kümmern Schehrezâd nicht, denn

dies ist alles nicht wunderbarer als die Geschichte des
Fischers. Da fragte der König: Was ist das für eine Geschichte?“ So erzählte sie
denn

Die Geschichte vom Fischer und dem Dämon

An die Anwesenheit von Dämonen werden wir uns wohl gewöhnen
müssen.

Ein armer Fischer wirft viermal täglich seine Netze aus, und an
besagtem Tag findet er in seinem Netz

  1. einen toten Esel

  2. einen Krug voll Sand und Schlamm

  3. Scherben, Glas und Knochen

  4. eine langhalsige Messingflasche mit dem Siegel unseres Herrn
    Salomo, es Sohnes David.

Nicht schwer zu raten, aus welchem dieser Gegenstände beim
Öffnen ein Dämon entweicht.
Erstaunlich allerdings, dass der Fischer nach jedem misslungenen
Versuch weinend Verse rezitiert. Es gelingt mir nicht, mir heute einen Fischer
auf einem Nordseetrawler vorzustellen, dem bei einem Misserfolg die Tränen
kommen und der obendrein noch folgende Verse nicht nur zu memorieren, sondern
auch zu rezitieren in der Lage ist:

O der du tauchest ins Dunkel der Nacht und ins Verderben,
Kürz deine Müh, denn durch Arbeit wirst du kein Brot erwerben 1.
Du siehst das Meer, und du siehst den Fischer ums Brot sich mühn,
Wenn die Gestirne der Nacht in flimmerndem Lichte erglühn.
Jetzt taucht er mitten hinein, und die Wogen umpeitschen ihn wild;
Doch er blickt stetig aufs Netz, wie es auf und nieder schwillt.
Und saß er dann einmal des Nachts froh über den Fang
Eines Fisches, dem der Haken des Wehs in den Gaumen drang –
Dann kauft ihn jemand ihm ab, der seine ganze Nacht
Geschützt vor der Kälte behaglich in schönstem Wohlsein verbracht.
Preis sei Ihm, dem Herrn, der geben und nehmen kann:
Der Eine erjagt den Fisch, der Andre verspeiset ihn dann.

Der Dämon will ihn wegen zu später Errettung den Fischer töten,
denn er gehört zu den frevelnden Dämonen, die Salomo einschloss und im Meer
versenkte.
Wie lange könnte man es in einer solchen Flasche aushalten, ohne vor Langeweile
wahnsinnig zu werden? Jack London, Alexandre Dumas und Stefan Zweig berichten
von Gefangenen, die sich die Zeit damit vertreiben, gegen sich selbst Schach zu
spielen. Ich fürchte, ich würde mich selber beschummeln. Aber irgendwann fockt
dit ooch nich mehr. Man könnte wie Diogenes in der Tonne über die Welt oder wie
Hamlet, dem nach eigener Auskunft eine Nussschale genügt hätte, über sich selber
zu grübeln anfangen. Aber mit welchem Ziel? Ich kann den Groll des Dämons
verstehen.

Der Fischer wendet jedoch jenen bekannten Trick Siebzehn an und
fragt den Dämon, wie er denn bei seiner Größe in der Flasche gewesen sein könne.

Schehrezâd endet hier, aber das Motiv ist so bekannt – selbst
bei den Brüdern Grimm taucht es noch in verstümmelter Form beim „Geist in der
Flasche“ auf.
Unklares Inventar: Worfschaufeln
**********************

Zur Unverhältnismäßigkeit der Verknüpfung von Arbeit und Broterwerb, siehe auch die Kampagnen des Thüringer Ministerpräsidenten und der Liga für Kampf
und Freizeit
.

Die 1. Nacht

Schehrezâd erzählt in der ersten Nacht

Die Geschichte vom Kaufmann und dem Dämon

  • „Es wird berichtet“

so beginnt Schehrezâd distanziert sich wieder vornehm vom Erzählten. Eine Habitus, der bei unseren Lesungen gar nicht funktionieren würde. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Schehrezâd, wenn sie sich gegenüber dem König erdreistete, eine putzige Loser-Geschichte aus ihrem Leben zu erzählen, am nächsten Morgen geköpft würde.

Ein Kaufmann wirft, nachdem er eine Dattel verspeist hat, ihren Stein fort. Da erscheint ein Dämon mit gezücktem Schwert und will ihn töten, denn er habe mit dem Dattelstein seinen Sohn umgebracht.
Man fragt sich, was das für Dämonen sind, die einerseits durch Dattelsteinwürfe zu töten sind, andererseits mit Schwertern hantieren.
Der Kaufmann legt sein Leben in die Hand Gottes und rezitiert ein sechzehnversiges Gedicht, das im Deutschen in Hexametern wiedergegeben wird. Seine Message: Es gibt schöne und weniger schöne Tage, daran kann man nichts ändern. Eigenwilliges Verspaar:

  • Und siehst du nicht, wie im Meere die Leichen nach oben treiben,
    Die kostbaren Perlen aber tief im Grunde bleiben?

Da muss ich passen: Weder das eine noch das andere habe ich je mit eigenen Augen gesehen. Allerdings: Als ich im Jahr 2004 in Sharm el-Sheik die Gelegenheit hatte zu schnorcheltauchen, erspähte ich, kurz bevor mir die Luft knapp wurde, eine im Durchmesser 30 Zentimeter große Muschel. Neugierig, ob sie vielleicht eine Perle barg, tippte ich sie an, und sie schnappte sofort zu. Wäre meine Reaktion etwas langsamer gewesen, hätte ich den Rest meines Lebens auf die oberen zwei Glieder meines Zeigefingers verzichten müssen oder hätte die Perle am Grunde lassen müssen und wäre Jahre später als Leiche nach oben getrieben.

  • Als nun der Kaufmann diese Verse gesprochen hatte, sagte der Dämon zu ihm: „Kürze deine Worte“

Das lag mir gerade auf der Zunge.

  • „bei Allah, ich muss dich töten.“

Doch der Kaufmann erbittet sich, ähnlich wie Damon (!) in Schillers „Bürgschaft“ ein paar Tage Zeit, um seine Angelegenheiten zu ordnen.

  • „Allah ist Bürge für das, was ich sage“

„Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen“, sagt der Freund bei Schiller. Allah hingegen wird wohl auch für einen Dämon nicht so leicht zu erwürgen sein.
Er klärt nun also seine Angelegenheit und kehrt mit einem Leichentuch (!) in den Garten zurück.

  • Und jener Tag war der Beginn des neuen Jahres.

sic!

Ein alter Scheich mit einer gefesselten Gazelle kommt des Wegs, dem der Kaufmann seine Geschichte berichtet.

  • „eine gar seltsame Geschichte, würde sie mit Sticheln in die Augenwinkel gestichelt, so wäre sie eine Warnung für jedermann, der sich warnen ließe.“

Dieses Bild taucht hier zum ersten Mal auf. Es ist zu bescheuert, als dass man es sich vorstellen kann. Ich tippe auf einen Reim im Arabischen.
Dazu kommen ein Scheich mit zwei schwarzen Windhunden und einer mit einer hellbraunen Mauleselin.
Allen wird des Kaufmanns Geschichte berichtet.

  • doch doppelt erklärt, das ist nichts wert, die ihr dies hört!

Auch gut.
Der erste Scheich versucht, sich ein Drittel des Blutes des Kaufmanns zu erkaufen, falls dem Dämon, der gerade auftaucht, die zu berichtende Geschichte gefällt. Dieser willigt ein.
Quasi eine offene Wiederholung des Motivs der Rahmenhandlung: Geschichte gegen Leben.

Die Geschichte des ersten Scheichs

  • „Die Gazelle ist meine Base.“

So so. Und seine Ehefrau obendrein. Aber auch gleichzeitig eine Hexe, die die Nebenfrau und deren Sohn in Rinder verzaubert. Die Färse wird geschlachtet. Und nun ist der Sohn – das laut schreiende Kalb dran.

  • „Da trat ich zu dem Kalb, das Messer in der Hand.“ – –
    Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann und sie hielt in der verstatteten Rede an.

Guter Cliffhanger. Auf Dinazâds Lob hin, deutet sie noch an:

  • „Was ist all dies gegen das, was ich euch in der nächsten Nacht erzählen könnte, wenn der König mein Leben zu schonen geruhte.

Unschön klingendes Wort für den unschönen Job Nebenfrau: Kebse.… Weiterlesen

Rahmenhandlung

Umzugszeit 20. – 31.12.2006

Rahmenhandlung

Ähnlich wie in modernen Rahmenhandlungen sichert sich der Erzähler mehrfach ab. (z.B. Eco: Name der Rose), nur ist hier die einzige Instanz Allah, der gleich im ersten Satz gepriesen wird (Sure?), und auch, als die Geschichte anhebt:

Es wird berichtet – Allah aber ist Allwisser Seiner verborgenen Dinge und Alleinherrscher und allgeehrt und allgnädig und allgütig und allbarmherzig! – in den Erzählungen aus alter Zeit und aus der Völker Vergangenheit, dass in frühen Tagen, die weit in entschwundene Zeitalter ragen, ein König vom Geschlecht der Sasaniden im Inselreich von Indien und China lebte, ein Herr der Krieger und Mannen, der Diener und Knechte.

Demut vor Gott, hinter dessen Weitsicht der Mensch zurücktreten muss: Es sind eben doch nur Geschichten, die erzählt werden, wenn auch Warngeschichten, so wird betont. Im Lichte der später folgenden, oft kaum mehr gedanklich zurückverfolgbaren Schachtel-Geschichten, erscheint in der Gesamtsicht schon hier der blinde Fleck von Fiktion: Wer erzählt uns das denn?
Wir werden hier auch gleich in die Zeit der Rahmenhandlung eingeführt: Die Sasaniden – die letzte persische Großdynastie vor der Eroberung durch die Araber. Wie aber kommen dann die islamischen Bezüge in die Erzählungen? Wie kann Schehrezâd dann von Harun er-Raschid wissen, der mehr als ein halbes Jahrtausend nach Zusammenbruch des Sasanidenreiches gelebt hat? Nicht einmal eine halbe Seite gelesen, und schon bin ich einer ganz großen Sache auf der Spur.
Inselreich von Indien und China??

König Schehrijâr lässt seinen in Samarkand herrschenden Bruder Schahzamân (König der Zeit) aus Sehnsucht zu sich rufen. Dieser bricht auf.

Alsbald rüstete er sich zur Reise, ließ seine Zelte, Kamele und Maultiere, Diener und Mannen hinausziehen.

Auch ich rüste mich zur Reise und ziehe fort
a) Zelte. Mein altes Baumwollzelt habe ich nach einigem Abwägen dann doch mitgenommen. Es war einer der letzten Gegenstände, die ich in DDR-Mark bezahlt habe, um mit einer Geliebten in Prag zu zelten. Es erschien mir billig und schön, als ich es so aufgebaut im Haus für Sport und Freizeit stehen sah. Heute verramscht dort der zwielichtige Humana-Handel Klamotten aus zweiter Hand, angeblich um davon Aufbauarbeit in Afrika zu leisten. Die Firma steht auf dem Index des Sektenbeauftragten des Berliner Senats. Die Einzelteile des ca. 20 Meter breite Schilds „HAUS FÜR SPORT UND FREIZEIT“ fand ich Mitte der 90er Jahre hinter einem Bahnhäuschen am S-Bahnhof Biesdorf wieder, und da ich gerade keine fünf-Meter-Tasche dabei hatte, ließ ich sie stehen. Das Baumwollzelt wiegt mit Gestänge 8 Kilo, und ich kann mir realistischerweise nicht vorstellen, wer mit mir da drin noch mal zelten soll.
b) Kamele und Maultiere. Ich wählte statt dieser die Robben und die Wientjes, die Lasttiere der Großstadt. Leider verlor mein Kameltreiber die Kontrolle über das Tier, so dass es einem anderen eine Beule versetzte. Die Versicherung hatte er dummerweise mit 500 Dirhem Euro Selbstbeteiligung abgeschlossen.
c) Diener und Mannen. Sie seien hier der Ehre halber namentlich genannt: Uli Hannemann, Marco Tschirpke, Bov Bjerg, Bohni, Robert Rescue, Manuela Beier, Volker Strübing, Robert Naumann, Falko Hennig, Jochen Schmidt, Stephan Zeisig. Dass einer dieser Mannen eine Frau ist, hätte Schahzamân nicht durchgehen lassen, ich hingegen hatte keine Wahl. Außerdem sind meine Köche Stefanie Winny und Matthias Fluhrer zu nennen, ohne die ich die Strapazen nicht durchgestanden hätte.

Aber um Mitternacht fiel ihm ein, dass er im Schlosse etwas vergessen hatte.

Auch wenn ich andauernd Dinge vergesse – auf Reisen geschieht mir das nie, da ich die russische Tradition pflege, mich, wenn man schon im Mantel ist und die Koffer gepackt sind, mich noch einmal hinzusetzen. Allerdings keinen Bruder, der mich kurzerhand zu sich befehlen könnte. Und wohnte ich in einem Schlosse, ließe sich dessen Inhalt bei einem etwaigen Umzug wie dem, den ich gerade unternehme, sicherlich nicht in 66 Kisten verstauen.

Da fand er seine Gemahlin auf seinem Lager ruhend, wie sie einen hergelaufenen schwarzen Sklaven umschlungen hielt.

Man beachte die Abwertungsskala: 1. Hergelaufen, 2. schwarz, 3. Sklave. Was ist eigentlich „hergelaufen“?
Er schlägt beide tot, reist zu seinem Bruder, wirkt blas und krank und gesundet erst wieder, als er herausfindet, dass es seines Bruders Gattin ebenso treibt.

Die Königin aber rief: „Mas’ûd!“ Da kam ein schwarzer Sklave und umarmte sie, und auch sie schloss ihn in ihre Arme, und er legte sich zu ihr.

Sexualneid gegenüber Schwarzen also schon damals. Die müssen so gut drauf gewesen sein, dass Königinnen ihre Würde und ihren Verstand vor lauter Geilheit verlieren. Und dann heißen sie auch noch Mas’ûd.
Schöne Reaktion von Schahzamân:

Da ward er frei von seiner Eifersucht und seinem Gram, und er sagte sich: „Dies ist noch ärger als das, was mir widerfahren ist.

Schehrijâr bemerkt natürlich die seltsamen Stimmungswechsel und zwingt ihn, mit der heiklen Info herauszurücken. Schahzamân berichtet alles, und zwar nicht nur seinem Bruder, sondern auch dem Leser! Hier muss sich der Leser die erste von, wenn ich mich recht entsinne, hunderten ziemlich redundanten Nacherzählungen antun.
Als Schehrijâr dann des aus seiner Perspektive sicherlich schaurigen Treibens selber Zeuge wird, wirft er alles hin, um mit seinem Bruder den Tod zu suchen.

Das wäre heutzutage nicht so leicht vorstellbar: Merkel ertappt ihren Gatten in Umarmung mit einer schwarzen Praktikantin aus dem Kanzleramt, lässt alles stehen und liegen und beginnt ein Pennerleben. Andererseits: Als Film würde ich’s mir anschauen.
Die beiden Brüder ruhen am Meer und sehen, wie ein Dämon heraussteigt, der in einer Schachtel ein Mädchen gefangenhält. Ihre Schönheit ist Anlass des ersten – eher reizlosen – Gedichts. Der Dämon schläft ein, und überraschenderweise bittet das Mädchen die Könige nicht darum, sie zu befreien, sondern ihr beizuwohnen:

„Stechet einen starken Stich!“

Ich erinnere mich nicht, jemals auf derart liebenswürdige und doch sachlich-knappe Weise, von einer Frau aufgefordert worden zu sein, mich mit ihr zu vergnügen.

Noch überraschender hingegen die Reaktion der beiden Herren. Sie zieren sich und schieben einander vor. Erst die Drohung, den Dämon zu wecken, kann die beiden sozusagen erweichen, um diese Vokabel mal ulkig-unpassend hier einzuflechten. Die beiden müssen dem Weib ihre Königsringe geben. Und dieses zeigt ihnen hundertfünfundsiebzig Ringe, die sie schon anderen Stechern abgenommen hat. Der Dämon habe sie damals in der Brautnacht entführt und nun räche sie sich an ihm auf diese Weise. Trotz ihrer Schönheit kommen die Brüder nicht etwa auf die Idee, sie mit sich zu nehmen, sondern sind nun erleichtert darüber, dass es einem anderen, nämlich dem Dämon schlechter ergehe als ihnen. Kurzerhand kehrt Schehrijâr heim und schlägt seiner Frau, sowie den Sklavinnen und Sklaven die Köpfe ab.
Eheberater und Paartherapeuten waren damals wohl rar.
Und nun nimmt die Geschichte durch die bekannte Wendung ihren Lauf. Jeden Abend heiratet er eine Jungfrau des Landes, um sie am nächsten Morgen zu köpfen,
bis keine mannbare Jungfrau mehr in der Stadt war.

Als der junge Schlawiner Bertolt Brecht in seinen Psalmen schrieb „Mitte August verschwinden die Jungfrauen“, dachte er sicherlich an eine für alle Seiten angenehmere Art der Jungfrauenvernichtung.

Schließlich bleiben nur die beiden Töchter des Wesirs übrig – Schehrezâd und Dinazâd. Als der Wesir um das Leben seiner Töchter bangt, beschwichtigt in Schehrezâd:

„Bei Allah, mein Väterchen, vermähle mich mit diesem König! Dann werde ich entweder am Leben bleiben, oder ich werde ein Opfer sein für die Töchter der Muslime und ein Werkzeug zu ihrer Befreiung aus seinen Händen.“

Frauenpower! Wer hätte geahnt, dass sich schon hier in der Rahmenhandlung eine antipatriarchale Seite des Islam zeigt.
Doch der Wesir antwortet ihr, er wolle nicht, dass es ihr so ergehe, wie dem Esel und dem Stier mit dem Ackersmann.

„Was ist das, das den beiden geschah?“

, worauf der Wesir mit dem Erzählen beginnt. Diese einleitende Frage wird bald schon zum Leitmotiv für märchenhafte Warn- und Mahngeschichten, die eine Rahmenhandlung um die nächste schließen.
Bei Allah! Zum Weihnachtsfest wird in meiner entchristlichten Familie noch mal die Frage aufgeworfen, wieso denn zu Jesus gebetet würde, wenn doch der liebe Gott der liebe Gott sei. Und so muss ich, den sie ungetauft ließen, die Dreifaltigkeitslehre erläutern. Dabei waren sie doch diejenigen, die in den Genuss von Religionsunterricht gekommen waren. Allerdings sollen durch den Dreifaltigkeits-Humbug auch schon gestandene Pfarrer vom Glauben abgefallen sein. Fassen wir zusammen: Gottvater begattet Maria qua Heiligen Geist, damit er als Menschensohn auf Erden wandeln darf, dann opfert der Vater den Sohn sich selbst, (denn Vater, Sohn und Heiliger Geist sind ja nur drei Facetten ein und derselben Sache), um nach der Auferstehung zur Rechten Gottes (also seiner selbst) zu sitzen. Man möge einwenden „rechts“ und „links“ sind Konzepte, die im Himmelsreich sowieso bedeutungslos sind. Aber jeder Christus-Gläubige muss wohl konzedieren, dass Augustinus, der Erfinder des Dreifaltigkeits-Hokuspokus da schon imposante argumentative Flick-Flacks schießen muss. Und wie jedes Jahr erschallt das Jammern der Kirchenvertreter, wie entchristlicht das Weihnachtsfest doch sei. Was erwarten die denn eigentlich? Dass wir wirklich glauben, die Inkarnation Gottes sei in Bethlehem geboren, wo doch nun nicht einmal mehr die Theologen bestreiten, dass es wohl doch Nazareth gewesen sein muss, dass das Datum – nämlich die Wintersonnenwende wohl eher ein Zugeständnis ans europäisch-heidnische Brauchtum ist, und die unbefleckte Empfängnis – nun ja, eine Übernahme aus der ägyptischen Mythologie. Die Weihnachtsente ist verzehrt, der Nachtisch wird gereicht, und das Thema verschiebt sich zur Anbetung von Heiligen betrifft, die ja doch ziemlich eindeutig Götzenbilder darstellen. Leider kann ich hier auch keine Auskunft geben, aber das Interesse meiner Eltern hält sich hier in Grenzen, sind sie doch evangelisch getauft, was offenbar auch nichts gebracht hat, weder ihnen noch der Kirche.

Die Erzählung von dem Stier und dem Esel
Ein Kaufmann, der die Sprache der Tiere versteht, belauscht, wie sein Esel einem erschöpften Stier rät, sich einfach mal krank zu stellen. Der Kaufmann pflügt nun stattdessen mit dem Esel. Der sich über sich selbst ärgernde Esel warnt nun den Stier, er würde geschlachtet werden. Als der Stier nun

seinen Herrn sah, erhob er seinen Schwanz, ließ einen Wind streichen und fing an zu springen.

Dass das Erheben des Schwanzes als Ausdruck von Lebensfreude einzuordnen ist, kann ich nachvollziehen, aber Furzen?
Nun schiebt sich ein narrativer Bruch ein, der für ein Gleichnis, dass doch der Wesir seiner Tochter beibringen will, schon etwas seltsam ist und dieses wohl auch verwässert:

Der Kaufmann lacht, und seine Frau fragt ihn nach dem Grund.

„Das kann ich dir nicht offenbaren, sonst muss ich sterben.“

Warum er denn sterben müsse, wird nicht erwähnt. Wir nehmen es hin. (Vielleicht hat er sich seine Gabe unter dieser Bedingung erkauft).
Der Kaufmann sendet nach Kadi und Zeugen,

um sein Testament machen, und ihr das Geheimnis zu offenbaren, denn er liebte sie gar sehr, da sie seine Base, und sein eheliches Weib und die Mutter seiner Kinder war; und er hatte auch bereits einhundertzwanzig Jahre gelebt.

Base, Weib, Mutter, einhundertzwanzig Jahre – immer muss der Erzähler noch eins draufpacken.
Er geht noch einmal zum Tierebelauschen in den Hühnerstall, wo er den Hahn sprechen hört:

„Bei Allah, unser Herr ist geringen Verstandes! Siehe, ich habe fünfzig Frauen; mit den einen geht’s im Guten, mit den anderen im Bösen. Aber unser Herr hat nur eine einzige Frau und kann mit ihr seine Sache nicht regieren! Warum nimmt er denn nicht für sie ein paar Zweige vom Maulbeerbaum, geht mit ihr in seine Schatzkammer und schlägt sie, bis sie entweder tot ist oder bereut und nie wieder nach etwas fragt!“
„Da tat er mit seiner Frau“ – also sprach der Wesir zu seiner Tochter Schehrezâd – „das, was ich mit dir tun werde.“

Ja was nun! Soll es Schehrezâd so ergehen, wie dem Stier und dem Esel? Oder wie der Tochter des Ackersmanns, der ja nun doch ein Kaufmann war? Bei so einer unklaren Moral der Geschicht, scheint es zwangsläufig, dass sich Schehrezâd ihrem Vater widersetzt:

„Es muss doch geschehen!“

Schehrezâd bereitet sich für die Hochzeit mit Schehrijâr vor, der ja für sie statt Maulbeerzweigen ein Schwert für sie bereithält (ich meine natürlich im wörtlichen Sinne).

und inzwischen ist auch meine Braut in unser neues Heim eingezogen, allerdings standen bei ihrem Umzug noch weniger kräftige Hände zur Verfügung als bei meinem – hauptsächlich Couch potatoes und Rückenbehinderte. Gibt es sozialpsychologische Untersuchungen, warum es einen ärgert, wenn andere pausieren, während man selbst arbeitet, selbst wenn die Arbeit insgesamt die Gleiche ist?

Schehrezâd weiht ihre Schwester Dinazâd in ihren Plan ein, sich in der Brautnacht von ihrer Schwester eine Geschichte zu wünschen. Alles geschieht wie geplant: Als das Brautpaar im Gemach des Königs steht, bittet Schehrezâd, von ihrer Schwester Abschied nehmen zu dürfen, der König gewährt. Dinazâd

setzte sich zu Füßen des königlichen Lagers. Dann ging der König hin und nahm seiner Braut die Mädchenschaft.

Ich hätte es als unpassend gefunden, wenn meine Schwester bei meiner Entjungferung anwesend gewesen wäre. Andererseits waren es auch andere Zeiten. Umgekehrt fällt es mir erst jetzt auf, dass keine meiner Gespielinnen eine Schwester hatte. Im Gegensatz zu Schehrezâd hatten sie aber auch keine nötig. Dinazâd spricht die vereinbarten Worte:

„Ich bitte dich bei Allah, o Schwester, erzähle uns eine Geschichte, durch die wir uns die wachen Stunden dieser Nacht verkürzen können!“

Schehrijâr genügt anscheinend eine Geschichte, um sich die Nacht zu verkürzen. Heutzutage müssen wir bei der Chaussee der Enthusiasten mindestens zwölf vorlesen, um die Zuhörer davon abzuhalten, uns den Kopf abzuschlagen.
Unklares Inventar: gesiebtes Häcksel