475., 476., 474. Nacht

475. Nacht

Da die belagerten Christen nun den tapferen Muslim gefangen halten, beraten sie, wie sie mit ihm umgehen sollen, da er zu schön sei, um getötet zu werden. Am liebsten würden sie ihn zum Christentum bekehren, aber wie? Einer der Ritter schlägt vor, ihn mithilfe seiner Tochter zu verleiten, denn

„Die Araber haben eine heftige Leidenschaft für die Frauen, und da ich eine Tochter von vollkommener Lieblichkeit besitze, so wird er, wenn er sie sieht, durch sie verführt werden.“

Tatsächlich ist der gefangene Muslim hingerissen, aber als er sah,

was ihm drohte, nahm er seine Zuflucht zu Allah dem Erhabenen, wandte seinen Blick ab, widmete sich der Andacht zu seinem Herrn und begann den Koran herzusagen.

Und so wendet sich der Trick des christlichen Ritters gegen ihn. Sie bittet:

„Erkläre mir den Islam!“

Er lehrt sie alles Grundlegende, woraufhin sie ihn ehelichen will, was wegen fehlender Morgengabe und zweier Zeugen nicht möglich ist. Daraufhin ersinnt sie einen Fluchtplan. Sie lässt ihrem Vater ausrichten, der Muslim sei zur Konvertierung und zur Ehe bereit, will aber aus Gründen des Anstands dies nicht dort tun, wo sein Bruder starb, also müsse das in einem anderen Ort geschehen.

Dies ist mal ein selten gelungenes Mittel des Storytelling - die Wiedereinführung. Wozu sonst war der gefallene Bruder zu Beginn der Geschichte erforderlich?

Der Vater willigt ein, und in dem Dorf nutzen die beiden die Gelegenheit zur Flucht.

*

476. Nacht

Als die beiden Flüchtigen am Morgen ihre religiöse Waschung vornehmen, hören sie Pferdegetrappel und Waffenrasseln.

Da rief er: „Das sind die Nazarener, die uns verfolgen!“

Sie redet ihm Mut zu, und so finden sie Zuflucht im Gebet und die Heerschar erweist sich als von Allah gesandte Engel, die den beiden Trost spenden.
Der Kalif und Feldherr Omar ibn el Chattâb betet an diesem Morgen nur kurz und verlautbart dann:

„Lasst uns hinausgehen, dem jungen Ehepaare entgegen!“ Da verwunderten die Gefährten sich und konnten seine Worte nicht verstehen.

Kurz darauf trifft das Paar in Medina ein.

Omar ibn el-Chattâb werden also hiermit prophetische Fähigkeiten zugeschrieben, die seine Heiligkeit unterstreichen.
(Übrigens war es dieser Kalif, der den "Steinigungsvers" in den Koran einfügte, um die weiterhin bestehende Praxis der Steinigung religiös zu rechtfertigen.)

Die beiden feiern Hochzeit und:

Dann ging der junge Held zu seiner Gemahlin ein, und Allah der Erhabene schenkte ihm Kinder von ihr.

*

477. Nacht

Und nun lebten sie immerdar herrlich und in Freuden, bis Der zu ihnen kam, der die Freuden schweigen heißt, und der die Freundesband zerreißt. Ferner wird erzählt

*

Die Geschichte von der Christlichen Prinzessin und dem Muslim

Sîdi Ibrahim el-Chauwâs

[unklar, wer das sein soll]

berichtet, einmal dem Bedürfnis, ins Land der Ungläubigen zu reisen, nicht widerstanden haben zu können. Am Tor einer ihrer Hauptstädte empfangen ihn schwarze Sklaven mit ehernen Keulen, die ihn fragen, ob er Arzt sei, was er bejaht.
Sie erwidern, des Königs Tochter sei krank. Aber wenn einer sich als Arzt ausgebe und sie nicht heilen könne, müsse er sterben.

Was er gewinnt, falls er sie heilt, wird nicht verraten.

Er geht zum König und lässt ihn zu ihr ein. Dabei spricht sie die Verse.

 

„Öffnet die Tür; denn der Arzt ist gekommen!
Schaut auf das seltne Geheimnis in mir!
Oft ist der Nahe doch weit in der Ferne;
Oft ist der Ferne doch nahe bei dir.
Wahrlich, ich lebte bei euch nur als Fremdling;
Jetzo will Gott seinen Trost mir verleihn.
Uns hat die Glaubensgemeinschaft verbunden;
Freund mit dem Freunde; sind wir im Verein.
Als er mich in seine Nähe gerufen.
Hielten die Tadler und Späher uns fern.
Lasst euer Schelten, hört auf, mich zu tadeln!
Weh euch, ich antworte doch nicht, ihr Herrn.
Mich kümmert nicht das Flüchtige, das Unzulängliche;
Mein Ziel ist nur das Bleibende, das Unvergängliche.“

Es wäre interessant, dieses Gedicht mit dem Original zu vergleichen. Zu Beginn werden die Daktylen noch einigermaßen durchgehalten. Am Ende holpert er sich so durch. Absicht oder Zufall?

Es stellt sich heraus, dass der Christin vor vier Jahren die klare Wahrheit [Allah] offenbar wurde.

Wie das geschehen ist, bleibt unklar.

Als ein greiser Diener nach der Unterredung von Arzt und Christin hinzutritt, sagt diese:

„Er hat die Krankheit erkannt und das Heilmittel gefunden.“

473. – 474. Nacht

473. Nacht

Als der Schmied sich bei der Frommen entschuldigt, spricht sie:

„Oh mein Gott, wie du jetzt meinen Wunsch an ihm erfüllt hast, so bitte ich dich, nimm meine Seele zu dir, denn du bist mächtig über alle Dinge.“

Die Verklärung des Todes nimmt im Islam und im Christentum seltsame Züge an. Können wir uns die Seelen-Vorstellung noch als Ausfluss der Todesangst erklären (endgültiger Tod kann nicht sein, weil er nicht sein darf), so nimmt diese Vorstellung vom Tod oft Züge der Sehnsucht an. Und warum auch nicht? Wenn das Leben im Paradies so viel schöner ist, was soll man dann hier? So werden Märtyrer gemacht.

*

Die Geschichte von dem frommen Israeliten und der Wolke

Einem frommen Juden hat Allah eine Wolke untertan gemacht, die ihm überallhin folgt und ihm dient, wenn er trinken oder sich waschen muss. Einmal aber war er

in seinem Eifer nachlässig und Allah hieß die Wolke von ihm enteilen.

Nachts hört er eine Stimme, die ihm befielt, bei einem

König in der Stadt Soundso

darum zu bitten, dass dieser für ihn bete.
Nach einigen Verzögerungen erhält er auch Zugang zum König und dessen Gemahlin, deren

Antlitz leuchtete wie der junge Mond; und sie trug ein Gewand aus Wolle und einen Schleier.

*

474. Nacht

Der König aber trägt nur ein einfaches Gewand aus Filz und betet in einem öden Gebäude, wo er auch aus Palmblättern mit seiner Frau, die auch seine Base ist, Matten flicht, die dann ein fünf Spannen (das sind ca. 1,20 Meter) hoher Sklave auf dem Markt verkauft und für den Erlös einfaches Essen erwirbt.
Nach dem Gebet funktioniert die Wolke wieder für den „Israeliten“, der berichtet:

„Alles, was ich seitdem im Namen der beiden von Allah dem Erhabenen erbitte, gewährt Er mir.“

Wenn es eine Vorherbestimmung gibt, wie kann man dann um etwas bitten, was einem Gott ohnehin gewährt? Theologen meinen, es ginge dabei darum, dass der Betende sich ändert. Aber dann bräuchte er ja nicht um etwas zu bitten.

*

Die Geschichte von dem muslimischen Helden und der Christin

Der Kalif Omar ibn el Chattâb rüstet ein muslimisches Heer wider die Ungläubigen in Damaskus. Zwei besonders tapfere Helden tun sich in der Belagerung hervor. Einer der beiden findet den Märtyrertod, der andere gerät in Gefangenschaft.

254. Nacht – Mein Ebay

Mein Ebay am heutigen Tag:

587 Punkte, davon 1 negative und 2 neutrale Bewertungen

695 abgegebene Bewertungen. Da bin ich wohl fleißiger.

Auswahl von Käufen

  • 17.3.00: Keyboard Yamaha PSS-26

  • 9.7.01: CD Clifford Brown – Paris Session

  • 26.2.02: Samy Molcho: Pantomime Körpersprache

  • 12.4.02: Haarschneidemaschine

  • 6.3.03: Buch „Trümmerleben, Münchnerinnen“

  • 31.7.04: Geldkassette mit Hartgeldeinsatz

  • 4.10.05: Gitarren-Wandhalter

  • 27.11.05: Fünf Klammappen

  • 16.2.06: Cardia Designer Hemd weiß

  • 30.1.07: Kopie des Bilds von Monet: Wasserlilien

  • 28.2.08: DVD „The Oxbow Incident“

***

Die Karawane zieht macht nacheinander Halt in Aleppo, Damaskus und Bagdad. In jeder dieser Städte besitzt der heimliche Magier Mahmud el-Balchi Häuser. Und bei jeder Rast lädt er Alâ ed-Dîn zu einem Festmahl ein. Der Leiter der Karawane, ein Vertrauten seines Vaters, rät ihm jedes Mal ab, aber vor den Toren Bagdads lässt sich Alâ ed-Dîn auf die Einladung ein. Während des Essen versucht der Magier, Alâ ed-Dîn

einen Kuss zu rauben.

Dieser zuckt zurück, doch der Magier schlägt ihm vor,

„Wir wollen die Worte des Dichters auslegen:

Kannst du nicht zu mir kommen, nur ein Augenblickchen,

So lang wie ein Schäfchen gemolken, ein Ei gebraten wird,

Und, was an zartem Feinbrote dir nur zusagt, essen,

Und nehmen, was an silberner Münze dir entgegenklirrt,

Und ohne Müh ertragen, was dir behagen soll,

Ein Zöllchen oder ein Spännchen oder ein Händchen voll?“

Darauf wollte Mahmûd el-Balchi den Jüngling vergewaltigen.

Wie nun? Erst mit Lyrik verführen, dann vergewaltigen?

Alâ ed-Dîn wehrt sich mit dem Schwert und beschwert sich beim Karawanenführer:

„Der da ist ein Wüstling!“

Wüstling – auch ein Wort, dessen Verlust zu betrauern wäre.

Alâ ed-Dîn überredet den Karawanenführer, ohne el-Balchi und dessen Leute aufzubrechen, um noch vor Anbruch der Nacht Bagdad zu erreichen. Dieser rät ihm aus Sorge vor den Beduinen ab. Alâ ed-Dîn entgegnet:

„Du, Mann, bist du Diener oder Herr?“

Diese Sorglosigkeit kostet mehreren Menschen des Leben, denn in der Tat werden sie im Hundetal von der Bande des Beduinenführers Adschlân Abu Nâîb überfallen. Alâ ed-Dîn überlebt, indem er seine kostbaren Kleider auszieht und sich im Blut der Toten wälzt, damit er selber für tot gehalten wird.

246. Nacht – Obama, McCain, Hilton, Günter Gaus und Jochen Schmidt

Auch wenn ich mich hier vor kurzem etwas enttäuscht über die Berliner Rede Obamas geäußert habe, ist doch seltsam, wie grundlos jetzt auf ihn eingedroschen wird. Die Reporter Michael Jach, Henning Krumrey und Rainer Pörtner vom FOCUS sind sich nicht zu blöde, zu behaupten, in der ersten Reihe hätten Amerikaner mit Sonderausweis gestanden. Kompletter Quatsch! In den ersten Reihen standen zwar viele Amerikaner, aber ebenso Deutsche, Afrikaner, Europäer, Latinos usw. usf.. Alle mussten die gleichen Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen, mit Ausnahme der Reihe, in der ich stand: Wie in der Kaufhalle hatte ich den dümmsten Security-Mann erwischt, der behauptete, man dürfe keine Taschen mit reinnehmen. Der Hinweis, alle anderen Sicherheitsleute würden das anders handhaben und bei einer Taschenkontrolle belassen, wirkten nichts, der Mann drehte sich nicht einmal zur Seite um, um unsere Behauptung zu kontrollieren. Erst sein Chef, der nach 10 Minuten ankam, musste ihn erweichen. Und so kam ich, obwohl ich einer der ersten 50 war, nicht in die erste, sondern nur in die dritte Reihe.
Hübsch auch: Nachdem Britney Spears und Paris Hilton von McCain für eine Unter-die-Gürtellinie-Kampagne eingesetzt wurden, schießt Paris Hilton mit erstaunlich viel Selbstironie zurück.

Das Original von McCain:

Paris Hiltons Antwort

**

Die pseudofiktive Geschichte der Schwester des Kalifen endet damit, dass der König das Liebespaar hinrichten lässt. Der Kalif antwortet darauf, dass jener König doch hätte Gnade walten lassen sollen, denn
1. das Paar liebte einander
2. sie genossen Gastrecht

3. muss der König sein Urteil über Untertanen mit Überlegung fällen – wieviel mehr aber in einer Sache, die ihn selber angeht.

Bindung des Herrschers an das Recht ist also in einer Despotie nur über die Tugend des Herrschers zu haben.
Diskussion vor 2 Wochen mit Ivo, Robert Weber, Jochen Schmidt über Demokratie. Jochen führt Günter Gaus ins Feld, der ein Jahr vor seinem Tod sich von der Demokratie lossagte. Die Haltung kennen wir von der Frankfurter Schule: Sich ins Elfenbeintürmchen zurückziehen und über die Welt den Kopf schütteln. Gaus bleibt aber die Antwort schuldig, was er denn sonst ist, wenn nicht Demokrat. Natürlich ist es bedenklich, wenn politische Stimmungen bei Anne Will (oder damals Christiansen) erzeugt werden, wenn das Fernsehen einem das politische Denken abnimmt. Aber die ästhetische Widerwärtigkeit dieser Veranstaltungen zeigt uns noch keine Alternative. Und wenn man Gaus‘ Artikel genau liest, kann man herauslesen, dass er zu sehr Demokrat ist, um heute Demokrat zu sein.

Die Schwester klärt ihn auf, und der Kalif „schenkt“ die Liebenden einander, den Perser aber ernennt er zu seinem Vertrauten.

Ob hier Bahrâm bereits mit seiner Geschichte selbst auf ein Pöstchen spekuliert?

Nach einer Woche Feierns kehren die beiden Liebenden nach Kufa zurück und leben dort glücklich,

bis Der zu ihnen kam, der die Freuden schweigen heißt und die Freundesbande zerreißt.… Weiterlesen

245. Nacht – Übernachten in den USA

US-Bundesstaaten, in denen ich übernachtet habe:

  • New York

  • Louisiana

  • Illinois

  • Massachusetts

  • Connecticut

**

Ni’ma und Nu’m umarmen einander und sinken erwartungsgemäß ohnmächtig zu Boden. Die Schwester des Kalifen bestellt Wein und Speisen.

Die Becher kreisten bei ihnen hin und her, und bald kannten sie keine Sorge mehr.

Anders dagegen Wilhelm Busch über die „Fromme Helene“: „Es ist ein Brauch von Alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ So oder so wird dem Alkohol eine sorgentrübende Wirkung zuerkannt. Die Helene-Geschichte habe ich als Kind bestimmt zwanzig Mal gelesen, aber nie verstanden, im Gegensatz z.B. zu Knopp, den ich sehr mochte. Vielleicht mal das Busch-Album wieder besorgen und neu lesen.

Die beiden Liebenden singen Liebeslieder zur Laute.

Da plötzlich trat der Beherrscher der Gläubigen zu ihnen ein.

Besoffen und angeheitert vorm Kalifen – wer wollte das nicht.

Ni’ma, immer noch in Mädchenkleidern, gibt sich als Freundin Nu’ms aus. Der Kalif verspricht „ihr“ ein prächtiges Gemach.

… und prüft zum Glück, im Gegensatz zu seiner Schwester nicht ihre Mädchenbrüste.

Man amüsiert sich weiter, und gegen Mitternacht beginnt die Schwester des Kalifen, ihm eine „fiktive“ Geschichte über ein Liebespaar mit Namen Ni’ma und Nu’m zu erzählen.

244. Nacht – fremde europäische Länder

Europäische Länder, die ich noch nicht bereist habe:

  • Norwegen

  • Schweden

  • Island

  • Finnland

  • Dänemark

  • Estland

  • Lettland

  • Albanien

  • Moldawien

  • Serbien

  • Montenegro

  • Kosovo

  • Liechtenstein

  • Andorra

  • Monaco

  • Luxemburg

  • Rumänien

  • Bulgarien (1 x Flughafen)

  • Mazedonien

  • Kasachstan (wenn man den kleinen Zipfel dazurechnen will)

  • Irland

  • San Marino

  • Vatikanstadt

  • Slowenien

***

Die Alte kann den kastrierten Kammerherrn noch abwimmeln und Ni’ma macht sich auf den Weg, verzählt sich aber bei den Türen und landet in einem äußerst reich eingerichteten Zimmer.

Und als er so großen Reichtum schaute, wusste er nicht, was im Verborgenen für ihn geschrieben stand.

Eine Art Schicksalsbuch Gottes?

Es stellt sich heraus, dass das Zimmer der Schwester des Kalifen gehört. Diese tritt ein und fragt, wer denn das schöne Mädchen sei. Ni’ma antwortet aber mehrmals nicht. Sie wird zornig und

legte ihre Hand an Ni’mas Brust, und als sie fühlte, dass er keine Mädchenbrüste hatte, wollte sie ihm sein Gewand abnehmen.

Warum überhaupt diese Brust-Antatsch-Aktion? Wollte die Schwester des Kalifen dem fremden Mädchen Gewalt antun?

Ni’ma aber erzählt ihr seine Geschichte. Inzwischen gelangt die Alte ins Zimmer von Nu’m und man ist erschrocken, dass Ni’ma noch nicht eingetroffen ist. Doch die Schwester lädt die beiden zu sich aufs Zimmer und verspricht, alles in Ordnung zu bringen.

243. Nacht – Länder ohne Hauptstadt

Länder, die ich bereist habe, ohne ihre Hauptstadt gesehen zu haben:

  • Ukraine

  • Türkei

  • Thailand

  • Griechenland

  • Kanada

  • Schweiz

  • USA (von der kurzen Durchreise durch Washington abgesehen)

  • Kroatien

  • Frankreich

  • Indien

**

Der Perser erklärt der Alten die Umstände. Die Alte tauscht abermals Nachrichten zwischen den beiden Liebenden aus.

Etwas redundant wie in der Geschichte von Schams en-Nahâr.

Mit List will sie ihn in den Kalifenpalast führen. Ni’ma wird als Frau verkleidet und sie lehrt ihn, auf Frauenart zu gehen:

„Schiebe die linke Schulter vor und nimm die rechte zurück und wiege die Hüften hin und her.“

Gesagt, getan. Doch der Kammerherr tritt ihnen entgegen.… Weiterlesen

242. Nacht – Such mich

Top Ten der Suchwörter für meine Seite ohne der/die/das

  1. Improtheater / Improvisationstheater

  2. Stubenfliege

  3. Berlin

  4. Richter

  5. Geschichten

  6. Dan

  7. Impro

  8. Bergsteigen

  9. Anfänger

  10. Sklavin

**

Der Perser befragt die Alte außerdem nach der Herkunft und dem Alter Nu’ms.
Ni’ma mischt nun eine Medizin, schreibt einen Vierzeiler, den er in die Kiste dazulegt

und schrieb auf den Deckel in kufischer Schrift: „Ich bin Ni’ma ibn er-Rabî aus Kufa.“

Nu’m gesundet, als sie die Arznei trinkt und die Botschaft liest, was man sofort dem Kalifen berichtet.

Der sich sicherlich schon freut.

Als Ni’ma indessen die Botschaft liest, die ihm die Alte bringt, beginnt er zu weinen.

241. Nacht – Hauptstädte die ich sah

Hauptstädte, in denen ich war. Mit Jahreszahl meines ersten Besuchs sowie gegebenenfalls Relativierungen für Kürzestaufenthalte und Hauptstädte, die keine waren oder mehr sind:

Berlin (DDR)

Bonn 1991 (BRD)

Berlin (BRD)

Warschau 1979

Prag 1990

Budapest 1981

Sofia 1997 (nur auf dem Flughafen)

Wien 1998

Bratislava 1981 (zu CSSR-Zeiten)

Vilnius 1989 (zu SU-Zeiten)

Minsk 1989 (zu SU-Zeiten)

Brüssel 1992

Amsterdam 1991

Moskau 1990

London 1993

Paris 1993 (nur wenige Stunden zwischen Bahnhof und Autobahnabfahrt)

Valletta 2001

Rom 2000

Madrid 1995

Accra 1997

Lagos (nur auf dem Flughafen)

Sarajevo 1999

Teheran 1996

Washington 1997 (nur ein paar Minuten am Busstop)

Kairo 2004

Abu Dhabi 2004 (nur auf dem Flughafen)

Edinburgh 1993 (naja)

Peking 2008

Colombo 2004

**

El-Haddschâdsch vertröstet Ni’ma:

"Wenn deine Sklavin nicht wiederkehrt, so gebe ich dir zehn Sklavinnen aus meinem Hause."

Wahrscheinlich erkennt Ni’ma schon hier die Verstrickung el-Haddschâdschs.

Sein Vater er-Rabî‘ bestärkt ihn in dieser Vermutung. Der zu diesem Zeitpunkt vierzehnjährige Ni’ma wird krank, und die Ärzte sagen:

"Es gibt kein Heilmittel für ihn außer der Sklavin."

Eines Tages erreicht ein kunstvoller persischer Arzt die Stadt Kufa,

von dem man ihm [dem Vater] sagte, dass er Heilkunst, Astrologie und Geomantie genau kenne.

Geomantie kennt ja heute kaum mehr einer. Und wenn, möchte man ihm vielleicht nicht unbedingt den kranken Sohn anvertrauen.

Diagnose:

"Dein Sohn leidet am Herzen."

Der Perser weiß sogar noch mehr über die Angebetete:

"Diese Sklavin ist jetzt entweder in Basra oder in Damaskus."

Mit Ni’ma sowie tausend Dinaren plus Pferden und Kamelen macht sich er Perser auf nach Aleppo. Dort werden sie nicht fündig und reisen weiter nach Damaskus. Sie eröffnen einen Laden und kommen überein, miteinander auf Persisch zu reden und sich als Vater und Sohn auszugeben.
Der Trick funktioniert. Der Perser heilt einige Kranke, und eines Tages kommt eine Alte auf einem Esel zu ihm, die vorgibt, eine kranke Tochter namens Nu’m zu haben…

240. Nacht

Die Gattin des Kalifen antwortet ihm auf die Nachricht der Ankunft einer neuen Sklavin: „Allah mehre seine Huld gegen dich!“

Unklar: Warum erzählt er ihr es überhaupt? Braucht er ihr Einverständnis? Ahnt er, dass sie verletzt sein könnte? Ist sie überhaupt verletzt?

Inzwischen geht die Schwester des Kalifen zu Nu’m, um sie auf ihren Bruder vorzubereiten. Nu’m erfährt zum ersten Mal, wo sie überhaupt ist:

„Fürwahr, die List, die man wider mich ersann, ist gelungen.“ (…) Dann trat auch der Beherrscher der Gläubigen zu ihr ein. (…) „Lüpfe den Schleier von deinem Antlitz.

Sie weigert sich, aber er verliebt sich schon in sie, nur beim Anblick der Handgelenke. Er verlässt sie, in der Hoffnung, sie werde sich ihm noch hingeben. Aber in der Folgezeit erkrankt Nu’m,

und ihre Schönheit schwand dahin.

Inzwischen kommt Ni’ma nach Hause und entdeckt, dass seine Frau und Sklavin entführt wurde. Von seiner Mutter erfährt er, was geschehen ist und beschwert sich beim Wachhauptmann, dem er droht, beim Kalifen Klage gegen ihn zu führen. Der Statthalter, bei dem sich Ni’ma ebenfalls beschwert, lässt den Wachhauptmann scheinbar nach der Sklavin und der Alten suchen.

239. Nacht

Mehrer Wochen verbringt die Alte jeden Tag im Haus des Nu’m mit der Sklavin Ni’ma und berichtet ihr von den Heiligen, die sie immer abends besucht. Ni’ma bittet sie, mitgehen zu dürfen. Heimlich.
Die Alte führt nun Ni’ma zum Palast des Kufaer Statthalters el-Haddschâdsch, der sie per Reitkamel und Kammerherr zum Kalifen nach Damaskus führen lässt. Dieser lässt ihr ein Zimmer einrichten, und sucht im Harem seine Gemahlin auf.

237. Nacht

Der Sultan lässt den Magier kommen und befiehlt ihm den Kopf abzuschlagen. Dieser bittet um einen kleinen Moment,

Dann senkte er das Haupt zu Boden, und als er es wieder erhob, sprach er das Glaubensbekenntnis und wurde Muslim als Schutzbefohlener des Sultans.

Sehr schwer verständlich. Der Rechtsbruch wird dadurch ungültig? Oder sind all die Verbrechen nur dem falschen Glauben zuzuschreiben? Was wird el-As’ad nun denken, der ja die ganze Zeit gefoltert wurde? War es tatsächlich Rechtspraxis, dass ein Verbrecher einfach sich durch das Glaubensbekenntnis der Vollstreckung entgehen konnte? Was bedeutete dann "Glauben" überhaupt?

Bahrâm bietet den Brüdern sogar an, sie auf ihrer Rückreise zu begleiten.

Man würde sicherlich Arges vermuten, aber Bahrâm ist ohne List. Das Glaubensbekenntnis wirkt offenbar Wunder.

"Ihr werdet doch schließlich mit den Euren vereinigt werden, wie auch Ni’ma und Nu’m vereinigt wurden."

Und so hören wir endlich mal wieder eine Geschichte in der Geschichte.

Die Geschichte von Ni’ma ibn er-Rabî und seiner Sklavin Nu’m

Ein Vornehmer in Kufa hat einen Sohn namens Ni’mat Allâh. Eines Tages kauft er eine Sklavin, die eine wunderschöne Tochter auf dem Arm trägt. Und diese Tochter nennen sie Nu’m. 237
Die beiden wachsen auf wie Bruder und Schwester und nennen einander auch so. Erst als die beiden zehn Jahre alt sind, klärt der Vater Ni’ma auf, Nu’m sei Ni’mas Sklavin. Da begehrt er, sie zu heiraten, was ihm gewährt wird.

Mit zehn Jahren!

Nu’ms Schönheit wird bekannt, und sie lernt Wissenschaften, Musikinstrumente und den Koran.
Der Statthalter in Kufa El-Haddschâdsch befiehlt einer alten Aufwärterin, Nu’m zu entführen, damit er sie dem Kalifen Abd el-Malik ibn Marwân als Geschenk schicken könne. 237a
Die Alte verkleidet sich als fromme Pilgerin und zieht los.

 

237 Ni’ma = Huld (Allahs), Nu’m – gleicher Wortstamm – Bedeutung = ??

237a Die beiden lebten um 700. In diese Zeit können wir also die Geschichte verorten.

137. Nacht

Tâdsch el-Mulûk feiert einen Monat lang Hochzeit mit Dunja.

und sie lebten hinfort immerdar herrlich in Freuden, bis der Zerstörer aller Wonnen zu ihnen kam.

***

Fortsetzung der Geschichte des Königs ibn en-Nu’mân und seiner Söhne.

Der Wesir Dandân hat seine Geschichte beendet, und allgemein wird festgestellt, dass man ja nun schon seit vier Jahren vor Konstantinopel lagert, die Truppen murren. Und Dau el-Makân beginnt, sich nach Weib und Kind zu sehnen.

Alles gute Gründe für die Beendigung eines jeden Krieges.

Man zieht also zurück nach Bagdad

Die Daheimgebliebenen scharten sich um die Heimkehrenden, und jeder Emir ging in sein Haus. Der König aber zog zu seinem Schlosse und begab sich zu seinem Sohne Kân-mâ-kân, der nun schon sein siebentes Lebensjahr vollendet hatte und bereits auszureiten pflegte.

Hab ich da etwas in der Zeitrechnung versäumt? Ich denke, es waren nur vier Jahre vor Konstantinopel?

Meinen ersten alleinigen Ausritt habe ich übrigens mit 9 Jahren gewagt. Das Fahrrad hatten mir meine Eltern zum Geburtstag mit der Bedingung geschenkt, ich dürfe mich damit nur durchs Wohngebiet bewegen. Also in den Grenzen Wilhelm-Guddorf-Str./Frankfurter Allee/Harnackstr.


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Sorina Albrecht überredete mich, die Spritztour auszuweiten, und so radelten wir bis zum Tierpark, und da die Straße „Am Tierpark“ damals noch nicht so dicht befahren war wie heute, erlaubten wir uns, singend schöne Schlängellinien mit unseren Fahrrädern auf der Schnellstraße zu fahren. Der Weg nach Hause gestaltete sich ein wenig schwierig, da wir ein wenig die Orientierung verloren hatten. Als ich gegen 20 Uhr zuhause eintraf wurde der Ärger meiner Eltern nur unwesentlich von ihrer Erleichterung mich wohlbehalten wiederzusehen relativiert. Mein Vater hatte bereits die Jacke angezogen, um die Polizei zu verständigen, meine Schwester hatte durch eine Lippenverletzung den Stress in der Familie noch befördert. Seltsamerweise wurde die Beschränkung aufs Wohngebiet nach diesem Vorfall nicht etwa verschärft, sondern aufgehoben. Komisch, diese Erwachsenen.

Der Heizer, der Dau el-Makân damals so viel geholfen hatte, soll nun endlich seinen Lohn erhalten.

Nun war jedoch der Heizer dick und fett geworden, und sein Gesicht wie der Bauch eines Delphinen gar. Auch war er stumpfen Geistes geworden, da er sich nie von der Stätte, an der er sich befand, gerührt hatte.

Nach einigem Hin und Her, Nichtwiedererkennen, zu bescheidene Bitten usw. macht man ihn zum Statthalter von Damaskus.

Max Weber unterscheidet drei Typen legitimer Herrschaft: rationale, traditionale und charismatische Herrschaft. Womit mag man es hier zu tun haben? Das Charisma eines Delphinbauchs.

Er möge, so Dau el-Makân beim Abschied, sich binnen zwei Jahren zum Kampf gegen die Ungläubigen bereitmachen.

Ein fetter Heizer als Heerführer?

Kudija-Fakân, die Tochter Scharkâns, wird von Dandân, der den Heizer zur Amtseinsetzung begleitete nach Bagdad zurückgebracht. Sie und Kân-mâ-kân wachsen gemeinsam auf.

Nur zeigte es sich, dass Kudija-Fakân umsichtig und verständig war und auf den Ausgang einer Sache achtete, während Kân-mâ-kân großherzig und freigebig war.

Nach weiteren vier Jahren setzt Dau el-Makân, der inzwischen Todesahnungen hat, seinen Sohn zum Sultan ein und bestellt den Oberkammerherrn zum Vormund über ihn.
Außerdem werden Kân-mâ-kân und Kudija-Fakân miteinander verheiratet,

was beachtlich ist, da Kudija-Fakân ja schon immerhin die Tochter von Bruder und Schwester war. Aber Vermeidung von Inzucht wird in dieser Geschichte und überhaupt in der damaligen islamischen Aristokratie nicht groß geschrieben.

Dau el-Makân spürt den Tod kommen und beauftragt nun seinen Sohn, die Rache für Scharkân zu übernehmen und Dhât ed-Dawâhi zu bestrafen.
Als Dau el-Makân nach vier Jahren Krankheit stirbt, setzt das Volk von Bagdad Kân-mâ-kân ab.

Historisch ziemlich unwahrscheinlich, dass das „Volk“ daran einen Anteil gehabt haben soll. Eher die Würdenträger und Machthaber, die um ihre beim Oberkammerherrn erworbenen Privilegien fürchten.

Kân-mâ-kâns Mutter, die Witwe von Dau el-Makân, wendet sich nun ihrer Trauer an Nuzhat ez-Zamân, ihre Schwägerin, die ihr Ehrenkleider und eine Wohnung in ihrem Schloss zuweist.… Weiterlesen

70. Nacht

Die Bitte des gemeinsamen Vaters Omar, ihm die gebildete Sklavin zu schicken, bringt die beiden in eine arge Bredouille. Nuzhat ez-Zamân macht den Vorschlag, tatsächlich nach Bagdad zu reisen, wo sie ihrem Vater alles erklären will.

Dieser Vorschlag überrascht vor allem, weil er so einfach und kommunikativ ist, wo doch die Protagonisten hier dazu tendieren, aus Scham, Eitelkeit oder Ehre zu Tricks zu greifen oder zu fliehen.

Die gemeinsame Tochter Kudijâ Fakân bleibt in Damaskus, während der Tribut bereitgestellt wird. Siehe da – Dau el-Makân und der Heizer beobachten das Beladen der Maultiere, Kamele und Trampeltiere und Dau el-Makân beschließt, sich der Karawane anzuschließen. Der treue Heizer zieht mit.
Die Karawane zieht los, und nach fünf Tagen erreichen sie die Stadt Hama , wo sie drei Tage verweilen.

Interessant wäre es, die Handlung zeitlich einzugrenzen: Da Hama 1401 zerstört wurde, muss die Handlung vorher spielen. Wahrscheinlich lassen sich ohnehin lauter Widersprüche finden, denn einen Herrscher Omar ibn en-Nu’mân hat es in Bagdad nie gegeben.

69. Nacht

Nuzhat ez-Zamân berichtet ihm nun ihre ganze Geschichte. Ihr Bruder schlägt ihr nun auf ungewöhnlich ruhige Weise vor, sie möge seinen Kammerherrn ehelichen, damit die "Todsünde" der Welt nicht bekannt würde.

Nun also doch Todsünde im Islam, über deren Existenz wir noch in der 66. Nacht  spekuliert hatten. Aber vielleicht hat es sich auch der Übersetzer hier ein bisschen einfach gemacht.

Die Tochter der beiden wird Kudija-Fakân69 genannt.

Wenn diese Story klassisch ablaufen sollte, dann kann dieses Kind eigentlich nur Bringerin oder Empfängerin von Unglück werden.

Tatsächlich wird Nuzhat ez-Zamân nun mit dem Kammerherrn vermählt und das Kind aufgezogen

mit Hilfe der Sklavinnen und pflegten es mit allerlei Säften und Pulvern.

Ist die Ehe einer Königstochter mit dem Kammerherrn überhaupt standesgemäß? Säfte und Pulver als Mittel des Aufziehens? Oder ist es ein Hinweis auf die Kränklichkeit der Inzesttochter?

Ein Brief von Omar ibn en Nu’mân trifft ein, in dem dieser den Tribut von Damaskus einfordert. Außerdem berichtet er davon, dass eine alte Griechin engetroffen sei.

und bei ihr sind fünf Mädchen, hochbusige Jungfrauen, die beherrschen das Wissen, die Bildung und die feine Wissenschaft

Hochbusig und gebildet. Eine in der Tat seltene Kombi.

Diese Mädchen seien, so die Alte, nur für den Preis des Tributs von Damaskus zu verkaufen, außerdem bitte Omar seinen Sohn, auch das von ihm so gepriesene Mädchen zu schicken, damit dieses sich mit den gelehrten Mädchen im Wissensstreit messe.

Die Alte, so können wir ahnen, muss Dhat ed-Dawahi sein, die Mutter des mit König Omar verfeindeten Griechenkönig Hardûb. Ihr Plan  beginnt nun zu reifen.

 

69 Kuija Fakân = "Es war bestimmt und es geschah." Eine Anspielung auf die unergründlichen Wege Allahs, denen man sich zu fügen habe.

68. Nacht

Scharkân liest weiter im Brief seines Vaters, welcher den Verlust seiner Kinder beklagt:

Ihr Bild entschwindet nie, nicht eine einz’ge Stunde
Im Herzen wies ich ihm den Platz der Ehren zu.
Wär Hoffnung nicht auf Heimkehr, ich lebte keine Stunde.
Wär nicht das Bild des Traumes, ich fände keine Ruh.

Beachtlich das originelle Reimpaar Stunde/Stunde.

Als Scharkân das Schreiben gelesen hatte, da grämte er sich um seinen Vater, aber er freute sich um den Verlust seines Bruders und seiner Schwester.

Scharkân besucht nun seine Schwester/Gemahlin Nuzhat ez-Zamân, die gerade im Geburtstuhl  saß und entbunden hat, um ihr den Brief zu zeigen. Seine Freude über die neugeborene Tochter, der man erst am siebten Tage nach der Geburt einen Namen geben will (denn "Das ist der Brauch unter den Menschen") 68, währt nur so lange, bis er den Juwel
an deren Hals sieht,

eins von den dreien, die Prinzessin Abrîza aus Griechenland mitgebracht hatte.

"Woher hast du das Juwel, Sklavin?"

Erst jetzt platzt es aus Nuzhat ez-Zamân heraus:

"Schämst du dich nicht, mich Sklavin zu nennen? (…) Ich bin Nuzhat ez-Zaman!"

Als er diese Worte hörte, fasste ihn ein Zittern und er ließ den Kopf zu Boden hängen.

Depression ist für Scharkân eine eher untypische Reaktion. Bisher reagierte er auf unschöne Nachrichten eher explosiv.

 

68  Für die Katholiken hingegen scheint es ja eher wichtig zu sein, die Taufe möglichst schnell über die Bühne zu bringen, damit, falls das Kind stirbt, es nicht ungetauft im Fegefeuer landet. Sollte der Säugling ungewöhnlich schwach sein, kommt sogar eine Nottaufe in Betracht.

67. Nacht

Scharkân hat genug von der Weisheit des Mädchens gehört, die ihm die anwesenden Kadis bestätigen:

"Macht euch daran, die Hochzeitsfeier zu rüsten und bereitet Speisen jeglicher Art."

Heutzutage würden seine Eltern bedenklich das Haupt schütteln: "Eine Philosophin? Na ick weeß ja nich."

Es wird gespeist und musiziert. Dann führen die Kammerfrauen die Maid fort, um sie zu schmücken und anzukleiden; doch sie bemerkten, dass sie keines Schmuckes bedurfte.

Derart knapp wurde die Schönheit eines Mädchens hier noch nicht auf den Punkt gebracht.

Scharkân lässt sich nun im Prunksitz seine Braut in verschiedenen Gewändern vorführen. Dann geben ihr die Kammerfrauen

die Ermahnungen, die man Jungfrauen in der Hochzeitsnacht zu geben pflegt.

Welcher Natur diese Ermahnungen sein mögen, davon mag man spekulieren. Nur sexueller? Oder betreffen sie auch das Leben "danach"?

Scharkân ging zu ihr ein, und nahm ihr das Mädchentum; und sie empfing in selbiger Nacht, und als sie es ihm sagte, da freute er sich sehr und er befahl in den Gelehrten, die Zeit der Empfängnis zu verzeichnen.

Ein wenig unklar: Will sie es noch in derselben Nacht gewusst haben? Dann muss sie ein gutes Gespür für ihren Körper haben, wie man es sonst nur von reiferen Frauen kennt. Selbst die Mucus-Methode muss man eine Weile trainieren.
Oder sagt sie es ihm Wochen später? Der Umstand, dass er gleich zu seinen Gelehrten geht, deutet darauf hin. Es ist schließlich unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die Gelehrten hinter der Tür des Hochzeitsgemachs warten.

Voller Freude schreibt Scharkân an seinen Vater über seine neue Sklavin/ Braut, und er bittet ihn, sie bei sich zu Besuch aufzunehmen, damit sie seine Geschwister Dau el-Makân und Nuzhat ez-Zamân kennenlerne.

(Nicht wissend, dass er gerade seine eigen Schwester entjungfert hat.)

Der betrübte Vater in Bagdad erwidert ihm mit einem traurigen Brief, in dem er vom Verschwinden der beiden berichtet.

66. Nacht

Doch als die Sechsundsechzigste Nacht anbrach, fuhr sie also fort: Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, dass Nuzhat ez-Zamân zu ihrem Bruder Scharkân, ohne ihn zu erkennen, in Gegenwart der vier Kadis und des Kaufmanns sagte: "Hier endet der zweite Abschnitt des ersten Kapitels."

Das lässt befürchten, dass Nuzhat ez-Zamân uns noch viele weitere Kapitel und Abschnitte über die Tugend und die Versuchungen großer Kalifen und Weiser referieren wird, doch ein kurzes Vorblättern zeigt, dass wir schon in der 67. Nacht davon befreit werden.

Noch einmal betont sie, dass Omar ibn Abd el-Malik seiner eigenen Sippe nichts aus dem Staatsschatz zukommen ließ und sich von etwaigen Ausschweifungen seiner Statthalter distanziert.
Sie berichtet außerdem, dass Châlid ibn Safwân den Kalifen Hischâm ibn el-Malik durch eine kleine Anekdote von seiner Prunksucht befreite.

Ist Prunksucht eine Todsünde? Vielleicht wenn man sie als Teil der Eitelkeit versteht. Kennen die Moslems die Todsünde überhaupt?

Ein kleiner Test auf http://www.4degreez.com/misc/seven_deadly_sins.html ergibt bei mir:

  • Habgier: mittel

  • Völlerei: mittel

  • Zorn: sehr niedrig

  • Trägheit: niedrig

  • Neid: sehr niedrig

  • Wolllust: mittel

  • Stolz: mittel

Als empirischer Sozialforscher stellt man sich natürlich Frage nach der Validität solcher Tests. Warum spielt meine moralisch indifferente Haltung zum Thema enge Kleidung meiner Todsünde der Wollust zu?

65. Nacht

Nuzhat ez-Zamân berichtet, wie Omar ibn Abd el-Azîz die Nachfolger Mohammeds bezeichnet

  • Abu Bakr als den Wahrhaftigen, der"den Strom ließ, wie er war"

  • Omar als einen Kämpfer im heiligen Krieg

  • Othmân lenkte "ein  Bächlein von dem Strome ab"

  • Jazîd, Abd el-Malik, el-Walîd lenkten mehr Wasser vom Strom ab

  • Er selber wolle den Strom in sein altes Bett führen.

Ausführlich begründet er, warum er seiner Familie nichts vererben (sie also bevorzugen) könne. 65

Trotz seiner körperlichen Schwäche verschmähte er beim Predigen von der Kanzel ein Kissen.

Um dieser narrativen Inhaltsarmut etwas entgegenzusetzen, eine Bemerkung zum letzten Wort "Kissen": Kissen gehören – neben Fernseher und Tic Tac – zu den Dingen, die ich, obwohl ich sie oft nutzte, mir seltsamerweise nie selber gekauft habe. Sitzkissen sind mir fremd. Und doch muss ich mir eingestehen, dass ich sie inzwischen des öfteren bevorzuge. Dagegen mag ich es immer weniger, in Sesseln oder Sofas zu versinken, da man darin müde wird. Tic Tac ist der Fisherman für elegant wirken und  wollende Büro-Damen, die einen gewissen (wenn auch keinen übersteigerten Wert) auf Atemfrische legen. Vielleicht war es die Zutat "Verdickungsmittel: Gummi Arabicum", das mich von einem Kauf immer abschreckt. Seltsamerweise wirbt die Firma immer noch damit, dass diese Bonbons nur 2 Kcal beinhalten, so als ob man diese Kalkulation in seinen Tagesernährungsplan einschlösse. "Einschlösse" ist ein seltsamer Konjunktiv. Heute habe ich in der Zeitung seit langer Zeit mal wieder das Wort "stürbe" gelesen. Ich glaube nicht, dass ich dieses Wort schon mal gehört habe. Stürbe ich, ohne das Wort "stürbe" gehört zu haben, stürbe mit mir eine Hoffnung.

 

 

65 Anscheinend war die Bevorzugung der eigenen Sippe seit Othmân (ein Omayade, der noch zu den "rechtgeleiteten" Kalifen zählte) Usus. Umso revolutionärer erscheint also hier die Haltung von Omar ibn Abd el-Azîz.

64. Nacht

Wenn ich mein Lese- und Bloggertempo beibehalte, werde ich ungefähr im Frühling 2015 damit fertig sein. Wer weiß, ob es dann so etwas wie Blogs dann noch gibt. Das ist dann wahrscheinlich so altmodisch, wie heute die alten Quix-Geräte. (seit 2000 außer Betrieb). Oder wie Handys, bei denen man noch eine Art Antenne rausziehen musste. Oder wie Web-Adressen, die nur aus Zahlen bestanden. Oder wie E-Mail-Adressen, die bei Snafu 25 DM kosteten. Oder wie Telegramme. (Die sind ja schon länger aus der Mode gekommen. Der Telegramm-Service wurde in Deutschland im Jahr 2003 eingestellt. Fragt sich, wer das damals noch benutzt hat. Wer war der letzte Telegramm-Abschicker?) Oder wie Disketten. Ich werde wohl mein Lektüre-Tempo erhöhen müssen.

Nuzhat ez-Zamân lobt weiterhin einige Weisen und Nachfolger Mohammeds:
Omar ibn el-Chattâb

  • lässt einen braven Mamluken frei, der daraufhin Allah um die noch größere Befreiung 64 bittet.

  • kleidete sich schlicht und aß derbe Kost, seinen Dienern gewährte er dagegen Gutes.

  • gab selbst auf dem Sterbebett nichts vom Gut der Gläubigen an seine Verwandten.

Weiterhin werden für ihre Weisheit und Rechtschaffenheit gelobt: El-Hasan el-Basri, Sufjân,Abdallah ibn Schaddâd (auch von den Sunniten als glaubwürdig eingestufter Gefährte Alis),Omar ibn Abd el-Aziz (8. Omaijadenkalif, Erfinder des Gelben Flecks für Juden).

Das Thema, dass das Gut der Gläubigen nicht direkt den Verwandten (d.h. wohl dem eigenen Stamm) zugute kommen soll, zieht sich leitmotivisch durch diese sonst langweiligen Anekdoten. Die Kalifen und politischen Führer müssen in einer schwierigen Lage gewesen sein: Einerseits die Forderungen der Familien auf Unterstützung (was der Koran ausdrücklich vorsieht), anderseits darf gegenüber den anderen Stämmen kein Verdacht von Vetternwirtschaft auftauchen, sonst zerbricht das noch labile Gebilde der dynastischen Kalifatsherrschaft, wie es ja durch die Schia auch geschah: Der Streit um die direkte Nachfolge Mohammeds war ja nur der Anlass, ungeschickte politische Schachzüge einzelner Führer, vor allem Alîs, verhinderten auch eine rasche Einigung. Die Moslems kauen heute noch daran.

 

 

64 Befreiung vom Höllenfeuer?

63. Nacht

Nuzhat ez-Zamân berichtet nun zwei banale Anekdoten über den Kalifen Omar ibn el-Chattâb, die schnell zusammengefasst sind:

  • Der Kalif bestraft seinen Schatzmeister (anscheinend mit dem Tod), weil dieser dem Kalifensohn einen Dirhem schenkte.

Gelobt werden soll hier offenbar die absolute Strenge und Unnachgiebigkeit auch in kleinen Dingen, andererseits wird der Kalif wohl auf diese Weise einen argen Verschleiß an Schatzmeistern haben.

  • Der Kalif begegnet mit seinem Sohn des Nachts einer hungernden Familie am Lagerfeuer. Er kehrt zurück zu seinem Palast, trägt auf dem Rücken einen Sack Mehl und Fett herbei und hilft der Familie beim Kochen.

Auch hier wird die Tatkraft des Kalifen gelobt. Allerdings: Würde er stets auf diese Weise handeln, käme er nicht mehr zum Regieren. Und ist die Anekdote nicht eigentlich ein Hinweis auf seine Unfähigkeit, mittels klugen Regierens den Hunger im Land im Zaum zu halten?

Auch die 63. Nacht ist zum Glück für jene, die keine Freunde öder Anekdoten sind, nur von kurzer Dauer.

62. Nacht

Nuzhat ez-Zamân setzt die Anekdote fort, in der der Kalif Mu’âwija, der nun viel über die Vorzüge der Iraker gehört hat, einen solchen, der gerade zufällig vor seiner Tür steht, zu sich bittet.

Es scheint mir, dass der Gefährte des Kalifen die Sache eingefädelt hat.

Seine Gemahlin lauscht in dessen hinter einem abgetrennten Vorhang.

Für dieses erzählerische Mittel, ein Motiv, das in der Rahmenhandlung auftaucht, während der "eigentlichen" Handlung wiederzuverwenden, fehlt mir literaturwissenschaftliche Begriff. Er wird in den Erzählungen von 1001 Nacht ständig angewandt. Für Hinweise per Kommentarfunktion bin ich dankbar.
(In diesem konkreten Falle reflektiert die Gemahlin des Kalifen die Erzählerin Nuzhat ez-Zamân.)

Der Iraker el-Ahnaf ibn-Kais gibt Hinweise über:

  • hygienische Maßnahmen, darunter 77 (unausgeführte) Gründe, einen Zahnstocher zu benutzen

  • die Achtsamkeit beim Gehen

  • Umgang mit Adligen, die keine Fürsten sind

  • Umgang mit Häuptlingen

  • Umgang mit der eigenen Frau im Allgemeinen

  • Umgang mit der Frau, wenn man mit ihr zu ruhen gedenkt (diese Antwort muss ihm der Kalif allerdings hartnäckig entlocken):

"Ich plaudere mit ihr, bis sie sich mir zuneigt, und küsse sie, bis sie vor Verlangen erfüllt ist; und wenn es dann ist, wie du weißt, bette ich sie auf den Rücken. Und wenn der Same in ihrem Schoße ist, so sage ich Allah segne ihn und lasse kein Unheil aus ihm werden, sondern gib ihm die schönste Gestalt! Darauf erhebe ich mich zur Waschung; erst gieße ich mir Wasser über die Hände und dann über den Leib, und zuletzt preise ich Gott um der Gnade willen, die er mir verliehen hat."

Als er geht, sind Kalif und Gemahlin begeistert von diesem Mann.

Wir sind im Übrigen immer noch bei dem Vortrag von Nuzhat ez-Zamân, und man muss sich vor Augen führen, dass nicht nur diese über all die Weisheit verfügt, sondern ja auch Schehrezâd.

Dies war bisher die kürzeste Nacht: 1 Seite + 15 Zeilen.

61. Nacht

Nuzhat ez-Zamân fährt in ihrem Vortrag fort: Anekdoten- und gleichnishaft berichtet sie über Erlebnisse und Sprüche großer Könige und Weisen:

  • Ein Perserkönig, der mahnt, nicht zu freigiebig und nicht zu geizig gegenüber den Heerestruppen zu sein.

  • Kalif el-Mansûr 61 wird darüber belehrt, dass man das Volk an der kurzen Leine halten soll.

  • Die Kalifen Abd-el Malik ibn-Marwân und Omar ibn-el-Chattâb über die Behandlung von Gefolgsleuten und Truppen

"Bewache das Haupt und was darin ist, doch auch den Bauch und was er umfasst; denke an den Tod und an die Heimsuchung."

Sie zitiert Alî:

"Nehmt euch in Acht vor den Tücken der Weiber und seid auf der Hut vor ihnen; fragt sie nie um Rat; aber karget nicht mit Gefälligkeiten gegen sie, auf dass sie nicht nach Listen trachten."

Ein beachtlicher Hinweis, wenn man in Betracht zieht, dass er, von einem Weib ausgesprochen, schon beinahe paradox wirkt. Oder gilt Nuzhat, da sie eine jungfräuliche Sklavin ist, noch nicht als Weib?

Gerechtigkeit sei unentbehrlich in allen Dingen, selbst Straßenräuber bräuchten sie, sonst würde ihre Ordnung zerfallen.
Im Lob der Tugend endlich wieder einmal Verse:

Die Milde bringt Sicherheit, und das Verzeihen bringt Achtung,
Die Wahrheit ist eine Zuflucht für den aufrechten Mann.
Und wer durch seinen Reichtum hohe Ehren erreicht,
Kommt im Wettlauf des Ruhmes durch Milde als Erster an.

Sie fährt fort, solange über Regierungskunst zu sprechen, bis die Anwesenden ein anderes Kapitel zu hören wünschen. Nuzaht ez-Zamân lobt daraufhin die Tugend der feinen Bildung.  Sie beginnt eine Anekdote, in der der Kalif Mu’âwija von der Tugend der Iraker erfährt.

 

61 Erläuterungen zu den erwähnten Herrschern (die alle noch nicht in Bagdad, sondern in Damaskus bzw. Kufa regierten):

 

 

 

60. Nacht

Um ihre vom Händler so gelobte Klugheit zu prüfen, behält Scharkân die vier Kadis60 bei sich und dem Kaufmann. Seine Halbschwester (und Sklavin) tritt mit den Gattinnen der Kadis hinter einen Vorhang.
Als die Gattinnen der Kadis mit ihren Sklavinnen eintreffen, begrüßt sie diese anmutig

und setzte sie dem Range nach. Sie (…) sagten zueinander: "Dies ist keine Sklavin, sondern eine Königin, die Tochter eines Königs."

In stratifikatorisch differenzierten Gesellschaften nimmt bei zunehmender Herausforderung des stratifikatorischen Prinzips das Bedürfnis des Adels zu, sich durch immer ausgeklügeltere Manieren, Gesten, symbolische Verhaltensweisen vom Nicht-Adel, aber auch innerhalb des Adels zu unterscheiden. Zum Zeitpunkt der Handlung dieser Geschichte dürfte es noch nicht soweit gekommen sein, aber Anmut, Verhalten, Wissen und Tugend fallen quasi automatisch zusammen und offenbaren die noble Herkunft.

Scharkân ruft sie nun an und erbittet einen kurzen Vortrag über die vielen Themen, auf denen sie angeblich so bewandert sei,

selbst in der Astronomie.

Warum ausgerechnet ihre astronomischen Kenntnisse ein solches Erstaunen bei ihm hervorrufen, scheint mir unklar: Gilt diese Wissenschaft als modern in jenen Zeiten? Oder verwundert ihn, dass ausgerechnet eine Frau sich hier auskennt?

Nuzhat beginnt ihren Vortrag mit dem Thema Regierungskunst.
Die Welt werde eingeteilt in die religiöse und die weltliche.
Das weltliche Wirken zerfalle in

  • Regierung

  • Handel

  • Ackerbau

  • Handwerk

Diese Einteilung wirkt ein wenig befremdlich, sie ist einerseits feiner als die altgriechische, die nur zwischen Haushalt (Wirtschaft) und Politik (Öffentlichkeit) trennt, andererseits fragt man sich, wo sich hier z.B. die Bildung und das Familienleben einordnen.

Nuzhat ez-Zamân zitiert den König Ardaschîr I.60a

"Religion und Königstum sind Zwillingsgeschwister; die Religion ist ein verborgener Schatz, und der König ist sein Wächter."

Sie kategorisiert außerdem die Könige:

  • König des Glaubens

  • König, der das Heilige schützt

  • König der eigenen Lüste

Von Ardaschîr weiß sie obendrein zu berichten, dass dieser vier Siegelringe anfertigen ließ:

  • Siegel des Meeres: Staatsdienste

  • Siegel der Steuern: Kultur

  • Siegel der Ernährung: Fülle

  • Siegel der Bedrückung: Gerechtigkeit

Das ist für einen Systemtheoretiker schon erstaunlich: Fülle kann ja leicht umgekehrt gedacht werden: Knappheit – die Kontingenzformel des Wirtschaftssystems, Gerechtigkeit die des Rechtssystems.

 

 

60 Die vier Kadis sind (neben Scharkân) die höchsten Richter der Stadt und die Vertreter der vier orthodoxen Rechtsschulen. Um ein solches Amt zu bekleiden, muss derjenige nicht nur juristisch, sondern auch allgemein gelehrt sein. Insofern dürfte Scharkân eine gute Wahl getroffen haben.

60a Bemerkenswert, dass ein vorislamischer Staatsmann der Erste ist, den sie zitiert. Ardaschîr ist der persische Begründer der Sasanidendynastie (ab 224 n.Chr.). Aber er galt auch in islamischer Zeit als erfolgreicher Expansions- und Innenpolitiker.


Ardaschîr nimmt hier den Ring der Macht entgegen.

 

59. Nacht

Der Händler (dessen Namen wir immer noch nicht erfahren haben) kleidet die Nuzhat ez-Zamân, schmückt sie, lässt sie schlafen, um sie am nächsten Tag vor den Statthalter von Damaskus zu führen – Scharkân.

Doch sobald der sie erblickte, ward Blut zu Blut hingezogen; obgleich sie schon von ihrem ersten Lebensjahre getrennt gewesen war.

Scharkân stellt dem Händler die gewünschte Zollbefreiungsurkunde aus, gibt ihm 100.000 Goldstücke für die Prinzessin, noch einmal 100.000 für ihre Kleidung und ihren Schmuck, sowie 120.000 Goldstücke als Zugabe

und zuletzt verlieh er ihm ein Ehrengewand.

Seltsam – die Zollbefreiungsurkunde sollte doch von dessen Vater Omar in Bagdad ausgestellt werden. Oder wird diese weiterreichen? Außerdem sehnte sich die Prinzessin nach Bagdad, warum gibt er sie an den Damaszener Statthalter.

Vor allem aber will Scharkân die „Sklavin“ freilassen und sie zu seiner Gemahlin nehmen.

Dass Nuzhat et-Zamân auch hierzu schweigt, muss wohl so gedeutet werden, dass sie ihren Halbbruder nicht nur noch nie gesehen hat, sondern auch nicht weiß dass ein Sohn ihres Vaters Statthalter von Damaskus ist.

58. Nacht

Nachdem der Händler Nuzhat ez-Zamân vom Beduinen erhalten hat, führt er sie in sein Haus und schmückt sie dort mit Gewändern.58
Er bittet sie, ihm einen Brief für den Herrscher von Bagdad auszustellen, um Zollfreiheit zu bekommen, von dem sie sagt, ihn zu kennen.

Etwas unklar: Warum sagt sie nicht, dass sie seine Tochter ist? Fürchtet sie sich vor der Rückkehr zu ihrem Vater? Hofft sie, vorher doch noch ihren Bruder wiederzufinden?

Der Händler hakt nach, ob sie wirklich den Koran auswendig kenne, und Nuzhat ez-Zamân beginnt nun mit einer bemerkenswerten Aufzählung ihrer Wissensgebiete:

  • Philosophie

  • Heilkunde

  • Propädeutik der Wissenschaft

  • Galens Kommentare zu Hippokrates

  • eigene Kommentare zu Hippokrates

  • Tazkira

  • eigene Kommentierung des Burhân

  • ibn el-Baitâr

  • Mekka-Kanon des Avicenna

  • Lösen von Rätseln

  • Stellen von Problemen

  • Geometrie

  • Anatomie

  • Bücher der Schafiiten

  • Überlieferungen des Propheten

  • Grammatik

  • Fähigkeit, über alle anderen Wissenschaften zu sprechen

  • Logik

  • Rhetorik

  • Arithmetik

  • Astronomie

  • Geheimwissenschaften

  • Kunst der Berechnung der Gebetszeiten

Der Händler freut sich einen Ast (vermutlich in Vorfreude über den zu erzielenden Gewinn).
Weinend verfasst sie nun den vom Händler erbetenen Brief, den sie fast durchgängig reimt.

 

 

 

58 Ein kleiner Widerspruch zum Ende der 57. Nacht, denn dort ritt er sofort nach Jerusalem und wieder zurück, aber Zeit und Raum scheinen auch in dieser eher roman-artig angelegten Erzählung keine unüberwindlichen Hürden darzustellen.

 

 

 

57. Nacht

Um ihren Wert genauer zu schätzen, beginnt der Händler mit Nuzhat ez-Zamân zu sprechen und fragt sie nach ihrem Namen.

"Früher war mein Name Nuzhat ez-Zamân, aber jetzt ist mein Name Ghussat ez-Zamân." 57

Ohne ihre königliche Abstammung zu verraten, erzählt sie von ihrem kranken Bruder, den sie noch in Jerusalem wähnt.

Wo du auch seiest, möge der Herr dich hüten,
Wanderer, du, der mein Herz gefangen hält!
Gott sei dir, wo du auch gehst, ein Beschützer,
der dich behütet vor Unglück und Not der Welt!
Du entschwandest: Mein Auge ersehnt deine Nähe,
Ach, meine Tränen fließen in Strömen herab.
Wüsste ich doch, in welchem Lande der Erde
Dir ein Haus oder Stamm ein Obdach gab!
Ob du jetzt lebendiges Wasser trinkest
Wie eine Rose, während die Träne mich tränkt?
Auf meinem Lager, wie von Kohlen versengt?
Alles andere, außer dass du mir fern,
Ist mir leicht – alles ertrage ich gern.

Als der Händler ihr die Träne trocknen will, verschleiert sie instinktiv ihr Gesicht. Der Beduine springt zornig herbei,

und versetzte ihr mit dem Kamelhalfter (…) einen so heftigen Schlag, auf die Schultern, dass sie mit dem Gesicht zu Boden stürzte.

Der Händler bietet nun feilschend 70.000, 80.000, 90.000 Goldstücke. Der Beduine wirft ein, dass das Mädchen bei ihm schon für 90.000 Goldstücke Gerstenbrot gegessen habe. Der Händler daraufhin, dass der ganze Beduinenstamm zusammen im ganzen Leben noch nicht für 1.000 Goldstücke Gerstenrot gegessen habe. Schließlich überlässt der Beduine dem Händler das Mädchen für 100.000 Goldstücke.

Eine grob überschlagene Rechnung ergibt, dass ich bis zum heutigen Tage Roggenbrot im Werte von
1.073,- DDR-Mark
2.774,- D-Mark
1.896,- Euro
gegessen habe.
Dieser Rechnung liegen folgende Annahmen zugrunde:
1. Ich habe im Alter von 1-2 Jahren täglich eine Scheibe, von 4-7 Jahren täglich zwei Scheiben, und von 8 Jahren bis heute täglich drei Scheiben Roggenbrot gegessen.
2. Von 1969 bis 1990 habe ich Brot gekauft, dass ca. 20 Scheiben ergab. Später Brot, dass 15 Scheiben ergab.
3. Bis 1990 kostete Brot 1,20 DDR-Mark  (etwas bessere Sorte), von 1990 bis 1994 aß ich billiges Brot für 2 D-Mark, dann für durchschnittlich 4 D-Mark (teilweise Öko- teilweise Billigbrot).
4. 1 Euro = 0,50 Cent
5. Wenn man als weitere (durchaus bestreitbare) Annahme hinzufügt, dass 1 DDR-Mark = 0,50 D-Mark  sind, dann
habe ich in meinem bisherigen Leben Roggenbrot im Werte von 2.603,- Euro verspeist.
Und da war die Butter nicht mal mit dabei!

Nach der Transaktion reitet der Händler mal eben nach Jerusalem, um Dau el-Makân zu suchen, doch dieser ist verschwunden.

 

57 Ein kleines Wortspiel, für das, wie wir bereits bemerkt haben, sich die Protagonisten selbst in Situationen größter Not nicht zu Schade sind:
Nuzhat ez-Zamân = Wonne der Zeit
Ghussat ez-Zamân = Entsetzen der Zeit

 

 

57. Nacht

Um ihren Wert genauer zu schätzen, beginnt der Händler mit Nuzhat ez-Zamân zu sprechen und fragt sie nach ihrem Namen.

"Früher war mein Name Nuzhat ez-Zamân, aber jetzt ist mein Name Ghussat ez-Zamân." 57

Ohne ihre königliche Abstammung zu verraten, erzählt sie von ihrem kranken Bruder, den sie noch in Jerusalem wähnt.

Wo du auch seiest, möge der Herr dich hüten,
Wanderer, du, der mein Herz gefangen hält!
Gott sei dir, wo du auch gehst, ein Beschützer,
der dich behütet vor Unglück und Not der Welt!
Du entschwandest: Mein Auge ersehnt deine Nähe,
Ach, meine Tränen fließen in Strömen herab.
Wüsste ich doch, in welchem Lande der Erde
Dir ein Haus oder Stamm ein Obdach gab!
Ob du jetzt lebendiges Wasser trinkest
Wie eine Rose, während die Träne mich tränkt?
Auf meinem Lager, wie von Kohlen versengt?
Alles andere, außer dass du mir fern,
Ist mir leicht – alles ertrage ich gern.

Als der Händler ihr die Träne trocknen will, verschleiert sie instinktiv ihr Gesicht. Der Beduine springt zornig herbei,

und versetzte ihr mit dem Kamelhalfter (…) einen so heftigen Schlag, auf die Schultern, dass sie mit dem Gesicht zu Boden stürzte.

Der Händler bietet nun feilschend 70.000, 80.000, 90.000 Goldstücke. Der Beduine wirft ein, dass das Mädchen bei ihm schon für 90.000 Goldstücke Gerstenbrot gegessen habe. Der Händler daraufhin, dass der ganze Beduinenstamm zusammen im ganzen Leben noch nicht für 1.000 Goldstücke Gerstenrot gegessen habe. Schließlich überlässt der Beduine dem Händler das Mädchen für 100.000 Goldstücke.

Eine grob überschlagene Rechnung ergibt, dass ich bis zum heutigen Tage Roggenbrot im Werte von
1.073,- DDR-Mark
2.774,- D-Mark
1.896,- Euro
gegessen habe.
Dieser Rechnung liegen folgende Annahmen zugrunde:
1. Ich habe im Alter von 1-2 Jahren täglich eine Scheibe, von 4-7 Jahren täglich zwei Scheiben, und von 8 Jahren bis heute täglich drei Scheiben Roggenbrot gegessen.
2. Von 1969 bis 1990 habe ich Brot gekauft, dass ca. 20 Scheiben ergab. Später Brot, dass 15 Scheiben ergab.
3. Bis 1990 kostete Brot 1,20 DDR-Mark  (etwas bessere Sorte), von 1990 bis 1994 aß ich billiges Brot für 2 D-Mark, dann für durchschnittlich 4 D-Mark (teilweise Öko- teilweise Billigbrot).
4. 1 Euro = 0,50 Cent
5. Wenn man als weitere (durchaus bestreitbare) Annahme hinzufügt, dass 1 DDR-Mark = 0,50 D-Mark  sind, dann
habe ich in meinem bisherigen Leben Roggenbrot im Werte von 2.603,- Euro verspeist.
Und da war die Butter nicht mal mit dabei!

Nach der Transaktion reitet der Händler mal eben nach Jerusalem, um Dau el-Makân zu suchen, doch dieser ist verschwunden.

 

57 Ein kleines Wortspiel, für das, wie wir bereits bemerkt haben, sich die Protagonisten selbst in Situationen größter Not nicht zu Schade sind:
Nuzhat ez-Zamân = Wonne der Zeit
Ghussat ez-Zamân = Entsetzen der Zeit

 

 

56. Nacht

Der Beduine droht Nuzhat ez-Zamân, sie an einen Juden zu verkaufen, wenn sie nicht zu weinen aufhört.

Unklare Drohung: Sklavin eines Juden zu sein wäre schlimmer als die eines Moslems?

In Damaskus angekommen, bietet er sie auf dem Basar an. Ein Händler interessiert sich für das Mädchen, das als jungfräulich, eben mannbar, gewitzt, gebildet, schön und anmutig gepriesen wird. Er deutet an, sie an Scharkân zu verkaufen, um sich eine Zollbefreiungsurkunde ausstellen zu lassen. Als er sie in Augenschein nimmt, ist er gerührt von ihrer Anmut und Bildung, und er erkundigt sich nach ihrem Preis, nicht ohne sie zu loben.

Wohlgemerkt: Zu diesem Zeitpunkt hat er sie nur vollverschleiert gesehen.

Der Beduine rastet aus:

"Warum sagst du, sie sei edel, da sie doch vom Abschaum der Sklavinnen ist und aus dem niedrigsten Gesindel? Ich verkaufe sie dir nicht."

Ein etwas seltsam verlaufendes Verkaufsgespräch: Der Käufer preist die Ware, der Verkäufer schmäht sie.

Der Händler bietet nun zweihundert Goldstücke (einen bewusst viel zu niedrig angesetzten Preis), dessen Höhe aber für den Beduinen eine Beleidigung ist:

"Komm her, du Stinkvieh, ich verkaufe dich nicht!" Dann wandte er sich wieder an den Händler und sagte: "Ich hielt dich für einen Mann von Verstand, aber bei meiner Kappe, wenn du dich nicht von mir fortscherst, so lasse ich dich hören, was dir nicht gefällt."

Immerhin erwirkt der Händler noch einmal, sie sehen zu können. Der Beduine bietet ihm sogar an, sie nackt zu betrachten:

"Untersuche sie von außen und innen."

Der Händler bewahrt jedoch seinen Anstand.

Soweit man von Anstand bei einem Sklavenhändler sprechen kann.

Es genügt ihm, ihr Gesicht zu betrachten.

55. Nacht

Sechs Tage brauchen Dau el-Makân, der Heizer und seine Frau, um von Jerusalem nach Damaskus zu ziehen. Aber schon fünf Tage nach ihrer Ankunft dort geht die Frau des Heizers

nach kurzem Siechtum (…) ein zur Gnade Allahs des Erhabenen.

Nun trauern beide: Der Heizer um seine Frau. Und Dau el-Makân um seine Schwester und ebenfalls um des Heizers Frau, die ihn ja pflegte. Aber es ist der frische Witwer, der das Jammern bricht:

"Willst du, mein Sohn, mit mir ausgehen, dass wir uns Damaskus ansehen, damit sich dein Gemüt aufheitere?"

Sie spazieren beide zu den Ställen des Statthalters von Damaskus 55,

wo sie Kamele fanden, beladen mit Kisten und Teppichen und brokatenen Stoffen, und gesattelte Pferde und baktrische Trampeltiere.

Diese sind auf dem Weg nach Bagdad, und der Prinz beginnt zu weinen, woraufhin ihn der Heizer tröstet:

"… weine nicht, denn ich fürchte einen Rückfall."

Spielt Psychosomatik zu jener Zeit eine Rolle in der arabischen Medizin oder spricht hier einfach gesunder Menschenverstand?

*

Man fragt sich nun schon die ganze Zeit, was eigentlich aus Nuzhat, der Schwester Daus, geworden ist, nachdem sie in Jerusalem Medizin für ihren Bruder holen ging.

Auf den Straßen von Damaskus begegnet sie einem fremden Beduinen, der sie bittet, sie möge seiner kranken Tochter Gesellschaft leisten, dann würde er auch ihrem Bruder helfen. Sie willigt ein.

Nun war dieser Beduine ein Bastard und Straßendieb, der Verrat gegen seinen Feind betrieb, ein Räuber, ein listiger, verschlagener Kerl, der weder Sohn noch Tochter hatte, ein richtiger Wegelagerer.

Als Nuzhat ez-Zamân nach nächtelangem Ritt den Betrug bemerkt, weint sie.

"Bei Allah, wenn du nicht aufhörst zu heulen, so schlage ich dich tot, du Dirne aus der Stadt!"

Doch sie hört nicht auf, sich bei ihm zu beklagen, was ihn noch mehr erzürnt:

"Bei meiner Kappe, wenn ich dich wieder heulen sehe oder höre, so schneide ich dir die Zunge ab und stopfe sie in dein Loch, du Dirne aus der Stadt!"

Eine Drohung, die so unerquicklich ist, dass man die Leichtigkeit des Schwurs ("bei meiner Kappe") nicht auf die Probe stellen möchte.

 

55 Was Dau el-Makân nicht weiß: der Statthalter ist sein Bruder.