Ferienlager-Käufe – 511. – 514. Nacht

Ferienlager-Käufe – 511. – 514. Nacht

Was wir von den 10 Mark im Ferienlager kauften

Als Kind hatte man im DDR-Ferienlager 10 Mark dabeizuhaben. Nicht mehr, nicht weniger. Das galt von 7 bis 13 Jahre. Manchmal hatte sich einer noch heimlich 5 Mark vom Gesparten mitgenommen oder die Oma hatte noch einen Zehner draufgelegt. Aber diese Kinder gehörten zu den Exoten und pflegten ihr Extrageld rasch zu verlieren oder auszugeben.
Die Frage war natürlich: Was sollte man sich kaufen? Manche gaben schon am ersten Tag am Kiosk fast all ihr Geld aus. Der Ruhm des Vielbesitzenden umwehte sie für nicht mal eine halbe Woche, dann gehörten sie zur Bettler-Kaste. Ich war einer von denen, die den Ehrgeiz hatten, nach zwei Wochen mit möglichst viel Geld wieder nach Hause zu fahren. Aber bald fand ich heraus, dass Ferienlager ohne jeglichen Hedonismus im Grunde nichts wert war.
Hier die Top Ten der Dinge, die ich im Ferienlager kaufte.

10. Zahnputzbecher

Wenn man den Zahnputzbecher vergessen hatte, bemerkte man das schon am ersten Abend, und beim nächsten Frühstück gab es eine lange Schlange der Bummelbecherkinder. Dass man sich den Mund auch einfach ohne Zahnputzbecher ausspülen könnte, war für mich damals eine Idee aus dem Bereich der Fantasy.

9. Zahnpasta

Eng mit dem Zahnputzbecher verwandt war die Zahnpasta. Aber man kaufte Zahnpasta nicht etwa, weil man sie vergessen hatte, sondern weil irgendjemand Zahnpasta dabei hatte, die hundert Mal besser war als die eigene, was in meinem Falle immer Silca war. Wäre nicht das Ferienlager gewesen, hätte ich nie von Ajona erfahren, von der man nur eine linsengroße Menge benötigte. Oder von Rot-Weiß, der Zahnpasta, die extra damit warb, nicht zu schäumen. Oder Chlorodont, die eigentlich ziemlich furchtbar schmeckte, aber dermaßen billig war, dass es völlig irre erschien, sie nicht zu kaufen. Die Freude meiner Eltern über die angefangene Tube hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen.

8. Creck

Meiner Sparneigung kam außerdem die ebenfalls im Ferienlager entdeckte Creck, einer Schokoladen-Ersatztafel, die aus einer Mischung Hartfett, Zucker und gemahlenem Knäckebrot bestand. Der Kakao-Anteil lag bei zirka 3 Prozent. Entsprechend schmeckte sie auch. Es half, wenn man möglichst viel davon auf einmal aß, das Ganze möglichst schnell verdrückte und sich dabei über die Sammelbilder freute, die es – hallo Sparfuchs! – gratis auf der Innenseite der Packung gab. Jedes Mal im Sommer begann ich, Creckbilder zu sammeln. Nach zwei Bildern hörte ich immer auf, der Ekel war doch zu groß.

7. Taschenlampe

Wer ins Ferienlager fuhr, brauchte natürlich eine Taschenlampe. Diese dem Kind mitzugeben, wurde den Eltern eingeschärft. Wie sonst hätte man nachts den Weg zum Klo finden sollen? Oder den Weg zum Mädchen-Bungalow? Wie sonst hätte man nachts noch lesen können? Oder Schattenspiele an der Bungalow-Decke veranstalten? Wie sonst hätte man bei der Nachtwanderung den Weg zur alten Bunkerruine finden können? Wie sonst hätte man Monster spielen können, wenn man sich nicht die Lampe in den Mund gesteckt hätte? Nun war es aber so, dass manche eine Stabtaschenlampe besaßen, mit der man ungelogen bei der Nachtwanderung bis zum Mond hochleuchten konnte. Mit anderen Worten: Über 300.000 Kilometer weit. Meine leuchtete nicht einmal über vier Meter. Das Problem war natürlich, dass man so ein Riesenteil nicht in die Hosentasche stecken konnte. Außerdem waren eigentlich Signaltaschenlampen, bei denen man die Farben verstellen konnte, deutlich cooler. Nur dass wir damals nicht „cool“ sagten, sondern „lässig“, was im Grunde dasselbe bedeutete.

6. Batterien

Die Taschenlampen-Manie führte schließlich dazu, dass man andauernd Batterie-Nachschub benötigte. Besonders beliebt waren die Flachbatterien, an deren Kontakten man lutschen konnte, um zu prüfen, ob sie noch gut waren. Manche behaupteten sogar, von ihren größeren Brüdern gelernt zu haben, dass man auf diese Weise die eigene Energiezufuhr erhöhen könnte. Ich konnte das nicht prüfen, ich hatte ja keinen großen Bruder. Ich war selber einer.

5. Cola

Dass es in der DDR überall immer nur dieselben Dinge zu kaufen gab, ist ein Märchen. Das mussten wir auf die harte Tour erfahren, wenn wir außerhalb Berlins Cola kauften. Während die Berliner Club-Cola ganz passabel schmeckte waren die Provinzsorten, die auch immer in braunen Flaschen verkauft wurden, eine Zumutung. Hier also innerhalb meiner Top Ten eine Unterliste der Bottom 25 der DDR Colas
• Asco-Cola (u. a. VEB Brauhaus Saalfeld; VEB Getränke Zerbst)
• Bongo-Cola (Jos.Gastrich, Bernburg)
• Cherry-Cola (u. a. VEB Margon Dresden; VEB Getränkekombinat Neubrandenburg; VEB Fruchtlimonaden Cainsdorf)
• Chico (VEB Getränkekombinat Karl-Marx-Stadt)
• Co-Bra (VEB Vereinigte Getränkebetriebe Cottbus)
• Cola-Hit, koffeinfreie Cola (u. a. VEB Stadtbrauerei Forst)
• Colette Cola, (u. a. VEB Harzer Brunnen Wernigerode; VEB Brau- und Malz-Union Hadmersleben; VEB Getränkekombinat Schwerin)
• Diabeli Cola, Kola-Getränk für Diabetiker, (VEB Getränkekombinat Neubrandenburg)
• Disco-Cola, (u. a. VEB Brau- und Malz-Union Hadmersleben)


• Efro Kristall (u. a. VEB (K) Rosenbrauerei Pößneck; Kastner KG Berlin-Köpenick)
• Gold-Cola, (u. a. VEB Brauhaus Halle; VEB Rose-Brauerei Grabow; VEB Berliner Brauereien; VEB Getränkekombinat Leipzig)
• Inter-Cola (u. a. VEB Getränkekombinat Hanseat Greifswald; Brauerei H.Schönfeld Potsdam)
• Margon Cola (VEB Margon Burkhardswalde)
• Marika (Fasscola)
• Markola (Stadtbrauerei Markneukirchen)
• Pola Cola (Konrad Pohlmann, Mineralwasserfabrik Coswig-Anh.)
• Prick-Cola (u. a. VEB Altenburger Brauerei)
• Quick-Cola (u. a. Brauerei Ernst Bauer Leipzig; VEB Ostthüringer Brauereien Pössneck; Johannes Köhler KG Eilenburg)
• Quiss Cola (Johannes Köhler KG Eilenburg)
• Sport-Cola
• Stern-Cola (VEB Getränkebetrieb Stadtroda, VEB Brauerei Neunspringe Worbis)
• Vita Cola (u. a. VEB Turmbräu Leipzig; Konsum-Brauerei Weimar-Ehringsdorf; VEB Greifswalder Brauerei; EB Klosterbrauerei Bad Salzungen; VEB Berliner Brauereien)
• Trako Kristall, (Brauhaus Markranstadt)
• Tropen-Cola (u. a. VEB Vereinsbrauerei Greiz; VEB Brauerei Colditz, Brauerei F. A. Ulrich Leipzig)
• Win-Cola (Bergquell-Brauerei KG Löbau)

4. Skatkarten

Absolut unverzichtbar waren Skatkarten. Man brauchte sie für den All Time Favorite Mau-Mau, für Schummellieschen, für den Verarschungs-Gag 32-Heb-auf, den man mit den Neuen machen konnte, in den späteren Jahren für Skat, für Kartentricks, Krieg/Frieden, wenn man mit jemandem spielte, der sonst nichts konnte. Da man immer ein Skat-Kartenspiel dabei hatte, hätte man sich auch kein neues kaufen müssen, wäre da nicht Knipper gewesen, auch Fingerkloppe oder Folter-Mau-Mau genannt, an dessen Ende man dem Verlierer mit dem Kartenstapel auf die Fingerknöchel schlagen durfte, bzw. wenn die verschärfte Variante „mit Treppe“ gespielt wurde, wurde dem Verlierer mit dem angeschrägten Kartenstapel die Haut von den Knöcheln regelrecht heruntergefräst. Knipperspieler erkannte man folglich an den Pflastern, die sie während der Ferienlagerzeit auf den Händen trugen. Da aber bei diesem Spiel auch die Karten in Mitleidenschaft gezogen wurden – entweder weil sie während der Folter geknickt waren oder durch die Blutschlieren unbrauchbar gemacht worden waren, musste nachgekauft werden. Notfalls legten die Folterer zusammen.

3. Richtige Schokolade

Wenn der Ekel vor der Creck-Tafel überhandnahm, blieb einem nichts anderes übrig, als das schöne Geld für richtige Schokolade auszugeben. Schokolade, die teuer war. Schokolade, die man sich zuhause nicht kaufen würde. Mit Pfefferminzfüllung, mit Fruchtfüllung, mit Kokosfüllung, mit Knäckebrotfüllung. Die Riegel wurden eingeteilt, so dass drei Stückchen pro Tag blieben.

2. Pfeffi-Stangen

Natürlich blieb es nicht bei drei Stückchen pro Tag. Und dann war es so weit. Noch fünf Tage bis zur Abreise, und man hatte nur noch 90 Pfennig, was nicht mal für Creck reichte. Und so wich man auf Pfeffi-Stangen aus. 10 Stück für 10 Pfennig. Glück konnte so billig sein.

1. Fahrtenmesser

Aber irgendwann kam der Tag, an dem sich jeder Junge entscheiden musste: Bleibe ich ein kleines Kind oder investiere ich sieben Mark in ein Fahrtenmesser. Mit Blutrinne. Diese Messer waren meistens. Sie ließen sich nicht mal richtig zum Schnitzen benutzen. Aber für Gruppenrituale benutzen. Einmal, als wir mit einem Hungerstreik gegen die Entlassung unseres alkoholsüchtigen Gruppenleiters protestieren wollten beschlossen wir, diesen Streik mit einem Schwur zu besiegeln, indem wir unsere Fahrtenmesser gemeinsam in den See werfen würden. Erst im letzten Moment schlug Dirk vor, wir könnten die Messer ja auch in die Weide stechen. Warum waren wir nicht schon früher darauf gekommen? Im Nachhinein hätte es nichts geschadet, die Messer in den See zu werfen, diese stumpfen Mistteile. Ich war der Einzige, der den Hungerstreik wenigstens bis zum Abend durchhielt. Aber eine Blutrinne würde nie wieder eines meiner Messer haben.

*

511. Nacht

Nach einem Jahr kommt tatsächlich der Vogelzug wieder daher. Doch muss sich Dschanschâh noch weitere drei Tage im Pavillon verstecken, bis die drei Riesenvögel aufkreuzen, ihre Gefieder ablegen und als nackte Mädchen im Teich baden.

Wie sie aber im Wasser schwammen und zur Mitte des Teiches gelangten, sprang er auf, eilte wie der blendende Blitz dahin und ergriff das Gewand der jüngsten Maid, der, an die er sein Herz gehängt hatte und die Schamsa [Sonne] hieß.

Sie bittet ihn um ihr Kleid, um herauskommen zu dürfen. Er gesteht ihr lediglich zu, dass eine der Schwestern ihr etwas von ihren Federn abgeben darf, um die Blöße zu bedecken.

Nun kam sie daher, als wäre sie der aufgehende Vollmond, der helle, oder eine äsende Gazelle.

Und er berichtet wieder einmal seine Erlebnisse.

512. Nacht

Der Herr der Vögel, Scheich Nasr, nimmt der jungen Frau das Versprechen ab, Dschanschâh nie untreu zu werden. So bleiben sie noch drei Monate;

und sie aßen und tranken, spielten und scherzten.

513. Nacht

Nach dieser Zeit willigt sie ein, mit Dschanschâh in dessen Heimat Kabul zu ziehen und sich dort mit ihm zu vermählen.
Der Tag der Abreise kommt, Schamsa erhält ihr Federkleid zurück und Dschanschâh steigt auf ihren Rücken und sie trägt ihn drei Tage lang. Sie schwebt herab

auf ein weites Wiesenland in der Blumen Prachtgewand, mit äsenden Gazellen und sprudelnden Quellen, woe Bäume voll reifer Früchte standen und breite Bäche sich wanden.

Sie erklärt ihm:

„Wir haben eine Strecke von dreißig Monaten zurückgelegt.“

Sie rasten auf der „Wiese Karâni“.

Wo das sein soll, konnte ich nicht herausfinden.

Da begegnen ihnen zwei Mamluken. Einer von ihnen ist der, der im Fischerboot geblieben war. Man einigt sich darauf, dass sie Dschanschâhs Vater die Nachricht seiner baldigen Ankunft geben sollen, damit man ihn nach einer angemessenen Pause zum Prunkzug abholen möge.

514. Nacht

Als die Mamluken dem König die Botschaft der Ankunft seines Sohnes überbringen, fällt dieser in Ohnmacht, und verspricht ihnen, als er aufwacht eine Summe Geldes:

„Nehmt diesen Lohn für die frohe Botschaft, die ihr gebracht habt, mag sie nun falsch oder wahr sein!“

Eine bemerkenswerte Geste für den König eines Großreichs.

Er reitet dem Sohn mit großem Gefolge entgegen zum Fluss.

Dort saßen die Krieger und die Mannen ab, schlugen die Zelte und Prunkzelte auf und errichteten die Standarten; und die Trommeln wirbelten, die Flöten erklangen, die Pauken dröhnten und die Hörner schmetterten. Nun befahl König Tighmûs den Zeltaufschlägern, ein Zelt aus roter Seide zu bringen und es für die Herrin Schamsa herzurichten.

Der Beruf des Zeltaufschlägers dürfte inzwischen auch ausgestorben sein.

Sie legt ihr Federkleid ab und es kommt zur großen Vereinigung von Vater, Sohn und Schwiegertochter. Dschanschâh muss abermals seine Geschichte erzählen.

504.-506. Nacht – Ameisen gegen Affen, Edelsteinberg

504.-506. Nacht – Ameisen gegen Affen, Edelsteinberg

(Fortsetzung von Die Geschichte von Dschanschâh
in Die Abenteuer Bulûkijas
in Die Geschichte der Schlangenkönigin)

504. Nacht

Die Tafel verheißt Dschanschâh außerdem, dass ein Strom, der sich zum Sabbat teilt, ihn in das Land der Juden,

die Mohammed nicht anerkennen,

führen würde.

Mohammed, der aber zum Zeitpunkt der Geschichte noch nicht gelebt hat. Die ganze Geschichte von Schlangenkönigin, Bulûrkija und Dschanschâh muss aus mehreren Storys zusammengebaut sein. Teilweise, wie in den Engels-Geschichten scheinen es muslimische Volksymythen zu sein. In Storys wie dieser scheint die Referenz zu Mohammed eher hinzugefügt, um sich von den Juden abzugrenzen.

„Doch hier werden die Affen, solange du bei ihnen weilst, über die Ghule siegreich bleiben.“

Nach einer Phase der Depression befiehlt Dschanschâh eineinhalb Jahre später den Affen, mit ihnen zur Jagd auszureiten.

Ein Schelm, wer nicht spätestens hier an den Planeten der Affen denkt.

Wäre natürlich interessant zu erfahren, ob Michael Wilson sich von den 1001 Nächten hat inspirieren lassen.

Während des Jagdausflugs fliehen Dschanschâh und die Mamluken eines Nachts vom Affentrupp, werden von diesem aber eingeholt.

Plötzlich aber kamen Ameisen aus der Erde hervor, gleichwie ein Heuschreckenschwarm, und eine jede von ihnen war so groß wie ein Hund.

Es kommt zum Kampf zwischen Affen und Ameisen, wobei die Ameisen Oberhand gewinnen.

505. Nacht

Am nächsten Tag nehmen die verbliebenen Affen wieder die Verfolgung auf.

Mit einem Male stürzte ein Affe wider sie los, der so große Zähne hatte wie ein Elefant, und er sprang auf einen der Mamluken, traf ihn und zerriss ihn in zwei Teile.

Der Rest flieht Richtung Fluss, wo sie schon wieder von den Ameisen erwartet werden, die auch einen der Mamluken töten. Dschanschâh und der letzte Mamluk springen ins Wasser, doch wird dieser an einem Fesen zerschlagen, während sich Dschanschâh an Land retten kann.
Tatsächlich gelangt er auf einer langen Fußreise zu einer Stadt der Juden, die aber wie ausgestorben scheint. Tatsächlich aber befinden sich die Juden wegen des Sabbats in ihren Häusern. Dort trifft er eine schweigende Familie beim Essen, die ihn mit Gesten bittet, sich zu ihnen zu setzen.
Als Dschanschâh ihnen am nächsten Tag seine Geschichte erzählt, lässt ihn der Hausherr wissen, dass jedes Jahr eine Karawane vorbeikomme, die in das zwei Jahre und drei Monate entfernte Jemen reise.

506. Nacht

Dschanschâh darf bei dem Juden in der Zeit wohnen. Nach einer Weile spaziert er auf der Straße und hört einen Mann ausrufen:

„Wer will tausend Dinare als Lohn empfangen und dazu eine schöne Sklavin, deren Reize in lieblichster Anmut prangen, indem er nur vom Morgen bis zur Mittagszeit für mich arbeitet?“

Dschanschâh lässt sich darauf ein und erhält eintausend Dinare, ein Seidengewand und die Sklavin bereits als Vorschuss. Er „ruht“ mit dieser Sklavin über Nacht.
Am nächsten Tag aber begleitet er den Kaufmann zu einem hohen Berg. Dort lässt ihn der Kaufmann eines der Maultiere schlachten, ausnehmen und sich in die Haut hineinlegen.

Spätestens wenn das Maultier geschlachtet werden soll, müssten doch Dschanschâh Bedenken kommen. "Looks like we're shy one horse."

Der Kaufmann aber nähte ihn ein, ließ ihn dort liegen und entfernte sich von ihm.

Die Schallplatte "Drei Scheffel Glück" mit dem großartigen Märchen "Der Edelsteinberg" gehörte zu meinen prägenden Kindheits-Storys. Offensichtlich läuft auf diese Geschichte hinaus. Und es wäre interessant zu erfahren, ob die turkmenische Geschichte in die 1001 Nächte oder (was zu vermuten wäre) diese nach Turkmenistan übergeschwappt ist.

499.-500. Nacht, Letzter DDR-Pfennig-Artikel, Hochzeit in Kabul

499.-500. Nacht, Letzter DDR-Pfennig-Artikel, Hochzeit in Kabul

Am Montag, dem 2. Juli 1990, dem Tag nach der Währungsunion, befand ich, dass ich für meinen kleinen Campingtrip nach Prag einen Dosenöffner bräuchte. Nach der Arbeit fuhr ich daher ins Centrum Warenhaus am Alex. (Ich hätte ihn gewiss auch in einem kleineren Laden gefunden, aber das Warenhaus lag mehr oder weniger auf dem Weg, und bei kleinen Läden wusste man nie.)
Ich wurde fündig, zahlte die 25 Pfennig und fuhr die Rolltreppe hinab. Und da standen sie schon – die Kamerateams von ARD und ZDF, die darauf aus waren, DDR-Bürger vor die Kamera zu zerren und zu fragen, was sie sich denn nun als erstes von ihrem schönen neuen Westgeld gekauft hätten. Ich war damals wirklich nicht besonders kamerageil, aber in dem Moment spazierte ich absichtlich langsam auf die Teams zu, um ihnen im Falle der Befragung diesen unansehnlichen DDR-Pfennigartikel zu präsentieren.
Ob sie schon was geahnt hatten oder ich ihnen zu unfotogen war – sie ließen mich ziehen. Und jetzt kann es jeder wissen, der lesen kann.

*

(Fortsetzung von Die Abenteuer Bulûkijas in Die Geschichte der Schlangenkönigin)

499. Nacht

Die Schlangenkönigin fährt fort und berichtet, dass nachdem Bulûkija seine Erlebnisse vorgetragen hatte, der Jüngling vor den Grabmalen seine eigene Geschichte erzählt.

Die Geschichte von Dschanschâh

Wir haben nun also eine Geschichte (Dschanschâh) in einer Geschichte (Bulûkija) in einer Geschichte (Schlangenkönigin) in einer Geschichte (1001 Nacht).

Der König Tighmûs von Kabul ist ein reicher Herrscher, aber ohne Weib und Nachkommen. Seine Astrologen meinen, die einzig mögliche glückliche Heirat wäre die mit der Tochter des Königs von Chorasân. Er sendet daraufhin seinen Wesir mit einem riesigen Trupp und reichen Geschenken nach Chorasân, damit dieser um die Prinzessin wirbt, versehen mit der Drohung, sich ihn zum Feind zu machen, falls er widerstrebt.
Bahraqân, der König von Chorasân ist hoch erfreut und überbringt seiner Tochter diese Botschaft. Diese antwortet nur:

„Tu, was du willst.“

Die Beschreibung legt nahe, dass der Wesir mehrere Wochen unterwegs ist. Allerdings darf man nicht die heutige Distanz von zirka 1.500 km annehmen. Denn das alte Chorasân reichte zeitweise weit bis in das heutige Afghanistan hinein.

500. Nacht

Die Prinzessin wird ohne Anwesenheit des Bräutigams vermählt.

Man kann annehmen, dass ihr der kirchliche Segen gegeben wird, denn es es ist von christlichen Mönchen und Priestern die Rede.

Nach zwei Gastmonaten reist die Prinzessin mit dem Wesir zurück. Auch in Kabul findet eine Hochzeit statt.

Dann ging er zu der Prinzessin ein und nahm ihr das Mädchentum.

Sie empfängt auch sofort, und der Held unserer Geschichte (und Erzähler) Dschanschâh wird geboren, dem man die beste Erziehung angedeihen lässt, unter anderem begann er,

dass Evangelium zu lesen,

was nicht heißt, dass er christlich ist wie seine Mutter, sondern das Evangelium (Indschîl), hat eine spezielle Bedeutung im Islam.

Als er groß wird, jagt er eines Tages eine Gazelle, die ihm entkommt und sich ins Meer stürzt.

Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an.

480.-486. Nacht – Throw Down a Well Trope – Pioniere voran

Wachte heute morgen mit zwei Fragen zu Filmen auf:

  1. Nachdem Chris in Get Out das Anwesen der Armitages mit Hilfe seines Freundes verlässt, sind sämtliche Bewohner tot. Sämtliche Bewohner, aber eben nicht alle Anwesenden. Jim Hudson, der blinde Galerist, könnte noch am Leben sein. „Könnte“, da sich die OP-Liege entzündet hat, was nahelegt, dass er bei lebendigem Leib verbrennt. Eine andere Möglichkeit aber wäre auch, dass das Feuer nicht übergreift, und der Alte Stunden später erwacht und nun mit offener Schädeldecke durch ein verlassenes Anwesen taumelt.
    So oder so fragt sich, was die Polizei, die früher oder später auf all die Leichen treffen wird, aus der Geschichte machen wird.
  2. In Pulp Fiction wird Butch von Marcellus Wallace „begnadigt“, da der ihm das Leben gerettet (oder vor Versklavung bewahrt) hat. In Butch’s Wohnung liegt aber noch die Leiche von Vince Vega, den Butch auf dem Klo erschoss. Wie reagiert Marcellus, wenn er zur Wohnung zurückkehrt und dort die Leiche eines seiner Ober-Killer findet? Wird er sich an den Deal halten? Wird er die Leiche abtransportieren lassen? (Vielleicht vom Wolf, der dem Schrotthändler einen weiteren Auftrag verschafft? Oder lässt er sie liegen und überlässt der Polizei alles weitere? Schließlich gibt es ja noch Butchs Fingerabdrücke an der Waffe, die er nur oberflächlich gereinigt hat. Auf jeden Fall kann man sich kaum vorstellen, dass Butch und Fabienne ein sorgloses Leben führen werden, zumal er auch Zeds Chopper gestohlen hat, den er wahrscheinlich am Flughafen stehenlassen wird. Überwachungskamera, ick hör dir trapsen.

*

480. Nacht

(Fortsetzung der Geschichte der Schlangenkönigin)

Nachdem der griechische Weise seine Frau begattet hat, begibt er sich auf eine Schiffsfahrt, kann sich auf eine Planke retten, notiert dort auf fünf Seiten einige Wörter und reist dann nach Hause, um diese Seiten in einer Kiste zu verstauen und seiner Frau mitzuteilen, dass er bald stürbe, diese Zettel aber das Erbe an seinen Sohn sein soll.

Woher er weiß, dass es ein Sohn wird und ob er seiner Frau auch etwas vererbt, bleibt unklar.

Der Weise stirbt. Die Frau lässt für ihren Sohn, den sie Hâsib Karîm ed-Dîn nennt, ein Horoskop erstellen, das ihm Gefahr in jungen Jahren und mögliche Kenntnis der Wissenschaft prophezeit. Doch der Sohn taugt weder in der Schule noch in der Ausbildung etwas, und so nehmen ihn die Holzhauer mit zur Arbeit. Als diese eine Tages in ein Gewitter geraten, finden sie Zuflucht in einer Höhle. Hâsib Karîm ed-Dîn setzt sich etwas abseits und schlägt mit seiner Axt wie in Gedanken auf den Boden. Dabei erklingt ein hohles Geräusch, als schlüge er auf eine Platte.

484. Nacht

Hâsib Karîm ed-Dîn und seine Gefährten entdecken unter der Platte eine Zisterne voller Honig. Sie beschließen, den Honig zu sammeln und in der Stadt zu verkaufen, während Hâsib Karîm ed-Dîn Wache halten soll. Als die Zisterne fast leer ist, entscheiden sie heimlich, ihn bei der letzten Sammlung in der Zisterne zurückzulassen.

Wenn man die Trope des Zurücklassens im Loch (Josef und seine Brüder (Moses1), Das Blaue Licht (Grimms Märchen) usw.) kennt, kann man erahnen, dass nun das große Glück auf unseren Helden wartet. Und so geschieht es auch.

Die Holzfäller verkaufen den Honig, erzählen der Mutter von Hâsib Karîm ed-Dîn, er sei von einem Wolf gefressen worden;

und sie verbrachten ihre Tage mit Essen und Trinken, Lachen und Scherzen.

Das erinnert mich an die letzte Zeile der ersten Strophe von "Pioniere voran!" Vage klingt in meinem Kopf auch noch eine Verhohnepipelung dieses Liedes, die ich in einigen Ferienlagern hörte, die also eine gewisse Verbreitung gehabt haben muss.

„Wiener Würstchen voran, lasst uns vorwärtsgehn
Wiener Würstchen stimmt an, lasst die Fahnen wehn
Unsre Straße, die führt in den Suppentopf hinein
Wir sind stolz Wiener Würstchen zu sein.“

Wer mag der Dichter gewesen sein? Und wie hat sich das Spottlied über das ganze Land verbreitet. Es können eigentlich nur die Ferienlager gewesen sein.

Hâsib Karîm ed-Dîn entdeckt einen Skorpion, der durch einen Spalt gekommen sein muss. Er entdeckt den Spalt, zwängt sich hindurch und erblickt eine Vorhalle, ein gewaltiges Tor aus schwarzem Eisen, daran ein silbernes Schloss mit goldenem Schlüssel. Er spaziert hindurch und gelangt an einen See und einen Hügel aus grünem Chrysolith, auf dem ein edelsteingeschmückter Thron steht.

Es fragt sich allerdings: Wenn es in der Zisterne einen Spalt gibt, warum ist dann der Honig nicht daraus abgeflossen?

485. Nacht

Um den Thron herum zählt er zwölftausend Stühle. Davon wird er müde und schläft ein. Er wacht von einem Fauchen auf und begegnet der mit menschlichem Antlitz versehenen riesigen Schlangenkönigin und ihren Tausenden Untertanen. Die Schlangenkönigin bittet Hâsib Karîm ed-Dîn, ihr seine Geschichte erzählen, was er auch tut. Ihm solle nur Gutes widerfahren, sofern er sich auch ihre Geschichte anhört.

486. Nacht

Die erste Geschichte, die die Schlangenkönigin über sich erzählt, ist

Die Geschichte Bulûkijas

Wisse, o Hâsib, einst lebte in der Stadt Kairo ein König der Kinder Israel; und der hatte einen Sohn des Namens Bulûkija.

Ein jüdischer König in in Kairo? Bezieht sich der Erzähler hier auf die Königszeit Israels? Oder wird hier nahegelegt, Ägypten hätte einen jüdischen König gehabt?

Dieser König stirbt.

Sein Sohn Bulûkija aber ward zum Sultan über das Volk gewählt.

Es wird ja immer verrückter. Ein gewählter Sultan?

Bulûkija durchsucht nach dem Tod des Vaters das Haus und findet in einem Kästchen aus Ebenholz

einen Bericht über Mohammed – Allah segne ihn und gebe ihm Heil!

Daraufhin

ward sein Herz von Liebe zu ihm ergriffen.

Er macht die Vornehmen, Schriftgelehrten, Priester und Eremiten mit dem Buch vertraut und beschließt, seinen Vater zu exhumieren und zu verbrennen,

„weil er dies Buch vor mir verborgen und es mir nicht gezeigt hat.“ (…) Das Volk aber sprach: „O König, dein Vater ist tot; jetzt ruht er in der Erde, und seine Sache ist seinem Herrn anheimgestellt. Hole ihn nicht aus seinem Grabe hervor.“

Bulûkija beschließt, fortzugehen,

bis ich mit ihm vereint werde.

Er spricht offenbar von Mohammed. Unklar aber an dieser Stelle, ob Mohammed noch lebt oder welcher Art die Vereinigung sein soll.

Bulûkija macht sich auf die Reise, betritt ein Schiff, und sie gelangen auf eine Insel.

Und nun erblickte er auf jener Insel Schlangen, die so groß waren wie Kamele und wie Palmen, die den Namen Allahs, des Allgewaltigen und Glorreichen, anriefen…

Gläubige Schlangen! Wenn der Erzähler das für erwähnenswert hält, muss man vermuten, dass sie eigentlich verwunschen sind. Wir werden sehen.

Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an.

Deutsche Demokratische Lektionen

An meinem ersten Poetry Slam nahm ich mit neun Jahren teil. 1978 in der DDR. Um sich zum „Rezitatorenwettstreit“ der Schule zu qualifizieren, mussten erst mal zwei von unserer Lehrerin ausgesuchte Schüler ein Gedicht vortragen. Ich weiß nicht, woher ihre Laune kam, aber Frau Held entschied 1978, die Klasse über den besten Rezitator abstimmen zu lassen. Den Kindern waren die Gedichte piepegal. Und daher ich ging mit achtzig Prozent der Stimmen als Sieger hervor, da ich in der Klasse mehr Verbündete hatte als Anke. Doch nun geschah etwas Seltsames. Frau Held meinte, das sei ja alles schön und gut, aber besser vorgetragen habe ja nun mal Anke, die somit qualifiziert sei. Das war eine meiner wichtigsten Lektionen in Sachen Demokratie – nämlich, dass sie in der DDR nur eine ornamentale Floskel war.
An diese Episode musste ich denken, als ich vom Poetry Slam in Speyer las. Unter dem Motto „Zivilcourage“ sollten Jugendliche Texte vortragen, und man erhoffte sich einen Wir-sind-mehr-Gänsehaut-Effekt. Der Schuss ging nur leider nach hinten los, denn eine Teilnehmerin, die Tochter einer AfD-Bundestags-Abgeordneten begann mit: „Multikulti-Tralala, hurra die ganze Welt ist da“. Sie kam in die zweite Runde und legte nach mit „Der Neger ist kein Neger mehr“. Die Lösungen der Veranstalter für dieses Dilemma: Erst wird der Lautsprecher abgeschaltet. Dann wird sie von der Veranstaltung ausgeschlossen, da sie provozieren wolle und ihre Texte nichts mit dem Thema zu tun gehabt hätten.
Man mache sich nichts vor: Dieser Poetry Slam hatte nicht nur den Zweck, das Wir-sind-mehr-Kuschel-Gefühl herzustellen, sondern er war pädagogisch gemeint: Steht auf und zeigt Zivil-Courage. Was aber haben die vierzehnjährige Ida-Marie Müller und ihre Freundinnen bei dieser Veranstaltung gelernt? Genau das, was ihnen ihre Eltern wahrscheinlich andauernd predigen: Dass die Demokratie in Deutschland eine Farce sei bzw. von den Linken nur instrumentell eingesetzt würde. Dass Dissens nicht erwünscht ist. Dass die, die wirklich mutig sind und gegen eine Mehrheit stellen, selbst auf einer Veranstaltung, die sich Courage zum Thema macht, ausgegrenzt werden.
Und so widerwärtig die Gedichte sein mögen: Entweder du spielst Demokratie und Poetry Slam oder du spielst Diktatur, so wie Frau Held 1978 und gibst den AfD-Anhängern indirekt Recht.

An Herrn Müller, Regierender Bürgermeister

Den neuen amerikanischen Präsidenten zu kritisieren, ist für jeden Demokraten Pflicht und Selbstverständlichkeit, aber Sie, Herr Müller, haben sich vergaloppiert. Hinter der weltmännischen Geste können Sie den Bolle-Berliner nicht verbergen. Vor allem aber hat die geplante US-amerikanische Mauer zur mexikanischen Grenze, so dumm dieses Projekt auch ist, nur wenig mit der Berliner Mauer gemein, außer eben, dass es beides Mauern sind. Sie schreiben an Trump: „Überall dort, wo heute noch solche Grenzen existieren, in Korea, auf Zypern, schaffen sie Unfreiheit und Leid.“ Dass im Fall von Deutschland, Korea und Zypern ganze Länder durch Mauern geteilt wurden, wissen Sie aber schon Herr Müller? Und auch, dass die USA und Mexiko zwei souveräne Staaten sind, zwischen denen es keinen freien Reiseverkehr gibt, sondern Migration, legale und tatsächlich auch illegale?
Wie mit dieser Frage umzugehen ist, wird in den USA diskutiert. Die Option „Grenze auf für alle“ wird dabei von keiner ernstzunehmenden politischen Kraft gefordert. Wenn das Ihre Forderung ist, verrät das viel über Ihre Ahnungslosigkeit nicht nur in Bezug auf den amerikanischen Kontinent, sondern auch in Bezug auf internationale Politik überhaupt. Trumps Mauer wird nämlich nicht in erster Linie wegen ihres Ziels kritisiert, sondern weil sie ein völlig unangemessenes Mittel zur Erreichung dieses Ziel ist. Befestigte Anlagen gibt es schon an vielen Stellen der Grenze USA/Mexiko. Sie überall zu errichten (z.B. auch in der Wüste), ist teuer und sinnlos. Die Mauer ist ein irrsinniges, rein symbolisches Unternehmen, das lediglich der Trumpschen Selbstbespiegelung dient – man gaukelt vor, etwas geschafft zu haben. Dass auch eine Mauer überwunden kann, wenn sie nicht bewacht wird – von oben, von unten oder mitten hindurch – das sagen einem die US-amerikanischen Grenzbehörden, auf die Trump nicht hören mag.
Ich habe die Vermutung, Herr Müller, Sie wollen ganz oben auf der aktuellen Anti-Trump-Welle reiten. Aber surfen will gelernt sein.

400. Nacht – Lies keine Nachrichten

Einer von Rolf Dobellis Tips lautet überraschenderweise: Konsumiere keine Nachrichten! Sie würden einen ablenken, sowieso nur wenig Inspirierendes beisteuern. Kreative Menschen würden keine Nachrichten sehen, hören oder lesen. Was sein Urteil gerade noch durchgehen lässt, sind "Analysen", was immer auch damit gemeint sein mag.
Für mich klingt das im ersten Moment natürlich wie eine Beleidigung. Man ist doch schließlich auch ein politischer Mensch. Aber doch merkte ich in mir, dass Dobelli da etwas gekitzelt hatte, worauf ich ansprang. Am deutlichsten ist es, wenn man aus dem Urlaub kommt und die vom Nachbarn ordentlich gestapelten Zeitungen durchstöbert. Mit jeder weiteren Zeitung erhöht sich dann der Frust: Was kümmern einen die Spekulationen über den Ausgang der Wahlen in Schleswig-Holstein, wenn die Wahl schon seit zwei Wochen gelaufen ist. Und wenn das jetzt egal ist, war es dann nicht schon damals egal?
Meine Distanz zum realen Politikgeschehen hat sich ja ohnehin immer mehr vergrößert. 1984 konnte ich jeden Minister der Kohlregierung nennen und die Ministerpräsidenten der Bundesländer noch dazu. Heute weiß ich vielleicht gut die Hälfte der Minister unter der letzten Merkel-Regierung und könnte nicht mehr als vier Ministerpräsidenten nennen. Die Gründe sind schnell gefunden: Ich sehe kein fern, und so fällt es schwerer, sich Namen zu merken, wenn die Gesichter und Stimmen fehlen. Am Gesicht würde ich Westerwelle, Schäuble, Van der Leyen, Leutheuser-Schnarrenberger und Rösler erkennen. Länder-Politik überfliege ich in der taz bestenfalls (womit auch meine Abo-Zeitung genannt wäre).
Im Übrigen ist es nicht so, dass mich politische Fragen kalt lassen würden. Ja, der Kalte Krieg ist vorbei, aber nicht einmal die Frage der atomaren Vernichtung ist vom Tisch (Interessiert sich eigentlich noch jemand außer mir für die in Deutschland stationierten Atomraketen?). Ich könnte weiterreden von bedingungslosem Grundeinkommen, Verkehrspolitik, Entwicklungspolitik, ach, es gibt wohl kein Themenfeld, dass mich nicht irgendwie berührt. Aber muss ich dafür tickermäßig die Meldungen lesen, so als sei ich der Pressesprecher eines Politikers, der alle Details kennen und auf alle Fangfragen vorbereitet sein muss?
Was würde man wissen wollen, wenn man nur ein Mal im Jahr für 20 Minuten Nachrichten lesen dürfte? Ich wette, auch noch in fünf Jahren wird ein amerikanischer Außenminister nach Israel reisen, um dort Möglichkeiten für einen neuen Friedensvertrag mit den Palästinensern auszuloten.
Ich sehe also nicht mehr fern. Die Radio-Nachrichten auf Radio Eins geizen mit Informationen. Pro Nachrichtenteil ca. sechs Meldungen, und dabei oft so nebensächliches wie Amokläufe in den USA, so als hätten diese Horror-Nachrichten irgendeine Bedeutung hierzulande oder als seien sie wichtiger als, sagen wir, die Massaker im andauernden Krieg in Kongo, von denen ich bei diesem Sender noch nie etwas gehört habe.
Die taz habe ich seit 1993 abonniert (vielleicht auch seit 1992). Ich mochte und mag die Berichte und Analysen. Verkraften muss ich ein schwaches Feuilleton, einen mageren Lokalteil mit Hang zu Linksradikalismen bis hin zu Gewalt-Verniedlichung, in dem sich nur sehr selten mal ein Rosinchen findet. Wo wird man eigentlich einigermaßen stilvoll über Berlin informiert? Ich will doch nicht die Morgenpost lesen, um zu wissen, was in meinem Stadtbezirk geschieht.
Seit über 10 Jahren lese ich außerdem die "Gehirn und Geist", die ich obendrein archiviere, dabei kommt es höchstens ein Mal im Jahr vor, dass ich ein Exemplar wieder hervorziehe, weil ich mich erinnere, dass da irgendwo ein Artikel zum Thema Autismus, Lernen, Pubertät, Sozialverhalten bei Vögeln oder Hirndoping stand. Dies schreibend überlege ich, ob es nicht doch sinnvoller ist, sich die Zeitschrift runterzuladen (kann man als Abonnent gratis) und dann das Druck-Exemplar umgehend zu verkaufen. Immerhin könnte man in den Exemplaren dann per Suchfunktion stöbern.
Den Rolling Stone hatte ich von 2000 bis 2009 abonniert. Ich hatte die Popmusik der 90er so gut wie möglich ignoriert und dabei so manche Perle übersehen, mit den 00ern sollte mir das nicht noch einmal passieren. Am Ende des Jahrzehnts stellte ich fest, dass ich nun zwar etwas besser informiert war und Perlen entdeckt hatte, die mir sonst verborgen geblieben wären (hervorzuheben ganz besonders Fiona Apple und Laura Veirs), aber Herz und Ohr hingen nun doch viel stärker als zuvor an Klassik und Jazz. Da konnten auch so großartige, mehrseitige Reportagen wie die über die scheinbar wahre Schatzinsel Oak Island oder acht Seiten über die Geschichte des Songs The Lion Sleeps Tonight, was man in dieser Ausführlichkeit weder im Internet erfahren konnte noch in irgendeinem anderen Presse-Erzeugnis.
Als ich von der POS auf die EOS wechselte, war es Pflicht, die "junge welt" zu lesen, um die Propaganda nachhaltiger zu gestalten.
Anfang 1989 abonnierte ich das "Neues Deutschland", da man dort wenigstens sofort wusste, woran man war. Tatsächlich waren die Regionalen oft einen Tag zu spät. (Ein Abonnement wie das für die löbliche Wochenzeitung Wochenpost oder Das Magazin zu bekommen, war völlig illusorisch. So etwas wurde vererbt oder höchstens aus Versehen zugestanden.)
Seit 1990 kaufe ich auch noch regelmäßig die zitty. Im Februar 1990 kostete sie 9 Ostmark, das waren 2% meines Netto-Gehalts, aber sie hatte nicht nur die West, sondern auch die Ost-Kulturprogramme aufgelistet, die allein zu studieren eine Sensation waren. Und ich las sie eigentlich auch zur Hälfte als Comic-Heft. Die Cartoons von Phil, Wächter und Fickelscherer ließen mich vor Lachen unter den Tisch fallen. Heute kämpft die zitty. Holger Fickelscherer ist von der Bildfläche verschwunden, Fil hat sich in "Didi und Stulle" verrannt. Das Kinoprogramm ist mal selektiv, mal tauchen die Film-Infos nicht mehr auf. Ob eine Programm-Info via Monopolist Cinemarketing überhaupt aufgenommen wird, liegt im Ermessen der Redakteure. Man merkt, sie geben sich Mühe, aber wenn man auf den hinteren Teil – die Kleinanzeigen – schaut, dann ist klar, was hier geschehen ist. Kleinanzeigen in der Form haben an Bedeutung verloren (im Grunde auch die Programmhinweise der zitty selbst), aber mit den Kleinanzeigen bricht auch ein wichtiger finanzieller Sockel weg. 1990 kostete die zitty 3 Mark, heute mehr als doppelt so viel. Aber im Fall der zitty gibt es natürlich auch einen subjektiven Grund der Distanzierung: Wenn gerade die Mauer gefallen ist, erscheint einem 21jährigen Westberlin natürlich tausendmal interessanter als einem mittelalten Mann, der obendrein an höchstens einem Tag pro Woche ins Kino oder ins Theater gehen kann.
Als halbwegs frischgebackener Vater sieht man sich ja außerdem in der Pflicht, sich über Fragen der Aufzucht, Erziehung, vermeidbare Elterndramen usw. zu informieren. Die Zeitschrift, auf die sich die Gattin und ich recht schnell einigen konnten, heißt Nido. Im Vergleich zu anderen Eltern-Zeitschriften lächeln einen hier nicht fußballspielende lustig-verstrubbelte Kinder vom Titelbild an, sondern wir sehen auch das Heulen, das Kaputtmachen, die Verzweiflung. Nur den Lifestyle-Scheiß gilt es zügig zu überblättern. Ob Nido nach Auswechslung der Chefredaktion oder vielleicht sogar des halben Teams noch goutierbar sein wird, bleibt abzuwarten.
Das GEO-Abo bekamen wir geschenkt. So etwas lässt man nicht liegen. Aber wieviel Zeit will man in die Lektüre dieses schönen Hefts investieren. (Schönster Artikel des letzten Jahres für mich übrigens der über die Blutbrustpaviane.)
Auch bei selektiver Auswahl der Artikel komme ich derzeit auf eine knappe Stunde Zeitungs- und Zeitschriften-Lektüre. Und schließlich will man ja auch Bücher lesen, bei denen sich zurzeit Sachbücher und Belletristik gerade die Waage halten. Und dann gibt’s auch noch so schöne Blogs wie den von Maria Popova, dieser unglaublichen jungen Frau, der es anscheinend neben ihrem Vollzeit-Job gelingt, jeden Tag ein Buch zu lesen und drei extrem interessante Blog-Einträge zu verfassen, so dass ich schon regelrecht wütend auf sie bin, dass sie sich nicht mehr Zeit lässt.
Mein Entschluss, das taz-Abos zu kündigen steht also zu 90% fest. Aber was ist die Alternative? Man will ja auch nicht als politischer Analphabet durch die Welt wanken. Zwischenzeitlich dachte ich schon, jeden Tag eine andere Tageszeitung zu kaufen. Aber dann bliebe ja immer noch das Problem, dass man mit der Lektüre dieser elenden Zeitungen doch nur Zeit verschwendet. Testhalber bestellte sich die Gattin nun mal DIE ZEIT. Genau das Richtige, dachte ich bis letzte Woche, als ich mich dabei ertappte, einen elend langen Artikel über die Koalitionsverhandlungen zu lesen. Spannend geschrieben, ja sicherlich, aber letztlich doch nur politischer Boulevard, der schon nächsten Monat niemanden mehr interessiert, da wir dann wissen, was bei den Verhandlungen herausgekommen ist. Ich zwinge mich also zur Selektion bei der ZEIT-Lektüre, beginne bei "Wissen" oder "Feuilleton", blättere "Wirtschaft" langsam und "Politik" schnell durch, überlege mir genau, ob ich das "Dossier" lese, schmeiße fast immer "Reisen" weg und überlasse die letzte Seite der Gattin zum Weinen vor Rührung.
In einem Moment des kräftigen Durchatmens bestellte ich vor zwei Wochen ein Jahres-Abo des "Guardian Weekly", eine gute Investition, wie mir bisher scheint. Der Blick auf das politisch und gesellschaftlich Wichtige der Woche aus einer anderen nationalen Perspektive erweitert den Blick, fördert die Fremdsprachenkompetenz und lädt eher zum Denken ein als das ohnehin Bekannte.
Ich könnte die Le Monde Diplomatique der taz beibehalten, aber die lese ich schon lange nicht mehr. Nach der Lektüre dieser "Analysen" geht es mir wie nach dem Lesen französischer Soziologen: Was habe ich jetzt eigentlich gelernt? Die Autoren wabern fast immer im Ungefähren, die Analysen bleiben unscharf, die Fakten könnte man auf einer Viertelseite zusammenfassen.
Vorsichtig taste ich mich an die Neue Zürcher Zeitung heran, die ich mir manchmal dienstags kaufe. Dienstags, weil ich dann immer am Zeitungsstand am U-Bahnhof Frankfurter Tor vorbeikomme, wo sie das Blatt feilbieten. Die liberal-konservative NZZ bläst ein wenig frische Luft ins Hirn, weil man durch die kuriose Schweizer Perspektive sieht, wie Gesellschaft auch funktionieren kann, weil sie über die neue Velo-Verordnung debattieren und erfrischend klar Stellung beziehen.
Mit der neuen International New York Times, die den International Herald Tribune ablöst und eher an die New York Times angelehnt ist, werde ich nicht recht warm. Ein paar mehr New York Nachrichten wären nicht schlecht, weniger Fashion, mehr Analysen.
Das Time Magazine kommt nicht in Frage. Da könnte ich mir auch gleich den Spiegel kaufen.
Eher schon The Economist, von dem ich hier neulich schon verhalten schwärmte.
Eigentlich müsste ich auf die Süddeutsche umsteigen, aber bedenkend, wieviel Zeit ich mit ihr im Urlaub verbracht habe, lasse ich lieber die Finger von ihr.
Vielleicht gelegentlich noch FAZ, El País und eine jener seltsamen Philosophie-Zeitschriften, die sich neu am Markt etablieren.
Die Sonntaz bleibt mir aber erhalten. Man will sich ja auch nicht gemein machen mit den empörten "Ich kündige mein Abo"-Leserbrief-Schreibern, obwohl es mir in den Fingern juckt.

***

Doch als die vierhundertste Nacht anbrach, fuhr sie also fort: …

Masrûr antwortet auf des Kalifs Vorwurf, ihn verspotten zu wollen:

"Nein (…) bei deiner Verwandtschaft mit dem Fürsten der Apostel, ich habe das nicht aus freiem Willen getan…"

Unklar. Petrus kann ja hier wohl nicht gemeint sein. Eigentlich muss man davon ausgehen, dass Masrûr auf die von Harûn behauptete Verwandtschaft mit Mohammed anspielt (die es, wie hier schon erwähnt, nicht gab). Es fragt sich dann nur, in welchem Sinne Mohammed ein Apostel ist. Ein Apostel Allahs?

Masrûr fährt fort, er habe bei einem Spaziergang in der vergangenen Nacht einen Spaßmacher namens Ibn el-Kâribi getroffen,

der das Volk zum Lachen brachte.

Der Kalif befiehlt, ihm diesen Mann zu bringen. Masrûr holt ihn und verlangt aber von ihm insgeheim drei Viertel jenes Geschenks, das der Kalif ihm eventuell geben würde. Nach einigem Gefeilsche einigen sie sich auf zwei vs. ein Drittel.
Ibn el-Kâribi soll also Scherze vor dem Kalifen vortragen, doch der Kalif warnt ihn, er würde ihm Schläge mit einem Sack verabreichen.

Nun erzählte er so lustige Dinge, dass selbst ein Zorniger hätte lachen müssen, und er trug allerlei Arten von Scherzen vor. Doch der Kalif lachte nicht und verzog keine Miene zum Lächeln.

Der scheinbar leere Sack enthält aber vier Kieselsteine,

von denen jeder zwei Pfund wog.

Nach dem ersten Schlag bricht Ibn el-Kâribi zusammen und besinnt sich der Abmachung mit Masrûr. Er verlangt, dass dieser den Rest der Schläge bekommen soll.

Als der Herrscher diese Worte von ihm vernahm, lachte er, bis er auf den Rücken fiel; danach rief er den Masrûr herbei und gab ihm einen Schlag. Der aber schrie auch und rief: "O Beherrscher der Gläubigen, ein Drittel ist genug für mich, gib ihm zwei Drittel."
Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an.

278. Nacht

Die Mülltonnen unseres Wohnblocks wurden immer über ein leerstehendes Nachbargrundstück abgeholt. Ein ödes Grundstück, wären da nicht die zwölf Pappeln, die einem die Illusion von Naturnähe spendeten. Seit zwei Monaten darf die Müllabfuhr dieses Gelände nicht mehr befahren, und die Mülltonnen werden durch unser Haus gebollert, so wie fast überall in Berlin. Schade um unseren Morgenschlaf. Aber was heißt das für das öde Grundstück? Für die Natunähe-Illusion? Soll hier gebaut werden? Aber was? Da müsste man ja schon die Pappeln fällen. Dürfen die das? Vorsicht! Ich hole aus zum Exkurs.

In Alt-Treptow atmet man schon mal auf, wenn in der Ödnis von Nagelstudio, Gräue, Netto und Schlecker kleine Sprenkelchen des guten Geschmacks auftauchen. Ein Kollege schrieb vor ein paar Jahren, dass sich hier kein Laden halten könne, nicht mal ein Bestatter. Man kann den Betreibern eines geschmackvoll eingerichteten Cafés oder Plattenladens regelrecht zuschauen, wie ihnen Monat für Monat die Kondition ausgeht, wie sie, einem Ertrinkenden gleich, ein letztes Mal wild mit den Beinen strampeln, und dann untergehen. Die Wohnhäuser sind solide in dem Sinne, dass sie DDR-Konservatismus verströmen. Und doch scheint sich in den letzten ein bis zwei Jahren etwas geändert zu haben.
Eigentlich hätte ich es wissen sollen. Ich bin die Vorhut des Booms. Das war in den 90ern schon einmal so. Ich war vermutlich der erste Student im Friedrichshain. Vorher hatte man hier von so etwas allenfalls gehört. Als ich 1997 exmatrikulierte, machten es mir alle nach. Selbst mein unnachahmliches Outfit „Billig-aber-trotzdem-hässlich“ kopierten sie tausendfach. Es gab keinen Copy-Shop und keinen Kleintierpsychologen. Bis 1998 gab es in meiner unmittelbaren Nachbarschaft auch zwei Friseurläden, wo man sich für 20 Mark schnell mal die Mähne kürzen lassen konnte. Wegen ihrer mangelnden Anpassungsfähigkeit schlossen sie. Vier Jahre keine Friseure. Dann in fast genau denselben Läden zwei neue Coiffeurs, aber hier schnip-schnappt die Schere im Takt zum Drum & Bass, es kostet 10 Euro und man hat schon ein schlechtes Gewissen, wenn man die Haare nicht selber wegfegt.
In einem Radius von 10 Minuten Laufweite gab es kaum eine Kneipe, kaum ein Café, in das ich mich guten Gewissens mit einer Frau hätte verabreden können. Ein biederes Eiscafé oder Juhnkes Eck – das wäre die Wahl gewesen, wenn man von der ost-alternativen tagung absah. An einem heißen Sommertag 1994 saß ich mit einem Freund in der Eckkneipe Gleis 13, und fragte den Wirt, ob wir einen Tisch nach draußen stellen könnten. Er sah mich an, als hätte ich einen Cappuccino bestellt. Die Angestellten des nun an seiner Stelle befindliche Via Nova wundern sich auf ähnliche Art, wenn man im Sommer nicht draußen sitzt. Zwischen 1994 und 1996 beobachtete ich fünf vergebliche Versuche, in der Simon-Dach-Straße ein Café zu eröffnen. Alle mussten mangels Kundschaft schließen.
Doch 1997 tat sich etwas. In der Simon-Dach-Straße hatte das erste Café nicht nur einen Versuch gestartet, sondern diesen Versuch sogar überlebt. Von da an verdoppelte sich die Café-Dichte im Jahrestakt. Ein kleiner, aber feiner Buchladen eröffnete in der Wühlischstraße. Die Second-Hand-Läden boten nicht mehr nur Ramsch an, den man bei Humana nicht anzubieten wagte. Eine Öko-Coop entstand, die später dem Druck mehrerer Bioläden ausgesetzt war. Häuser wurden saniert – manche sanft, die meisten aggressiv.
Als schließlich in der Kopernikusstraße ein Hundefriseur öffnete, wusste man – die Gegend wird gentrifiziert. Das Haus, in dem ich wohnte, wirkte in der Libauer Straße wie ein Mitesser in einem hübschen Gesicht. Die Erbengemeinschaft konnte sich seit der Wende nicht einigen, und so beließen es die Verwalter beim Allernötigsten. Als ich 38 wurde, hatte ich schließlich die Nase voll vom Außenklo und zog mit Freundin nach Treptow. Eine putzige Glosse über meinen Umzug endete mit der Bemerkung, dass ich in Treptow mitnichten der einzige Schriftsteller sein würde, sondern lediglich der erste. Es scheint sich zu bewahrheiten. Die Biokette LPG hat eine Filiale in der Nähe eröffnet, und der Vollkornbäcker hat weniger Schwierigkeiten, sein Publikum zu halten als jener Imbissladen, in dem der Dönerspieß 10 Tage braucht, bis er – grau vom Zigarettenrauch – runtergebrutzelt ist.
An zwei Brachen nun haben sich ein paar Leute zusammengetan, ihr Gespartes zusammengelegt und bauen nun zwei Häuser – hell und transparent, mit Spielplatz und Wiese. Und doch werden sie bedroht, nicht von den Bullen, sondern von den Anti-Gentrifizierern, die die Häuser mit Farbbeuteln und Steinen angreifen. Ein wenig beneide auch ich die dort wohnenden um ihre schöne Aussicht auf den Kanal. Ich würde wahrscheinlich, wenn ich dort wohne, einmal täglich das Fenster aufdrehen und den Rauchhaus-Song von Ton-Steine-Scherben in voller Lautstärke abspielen:

„Und wir schreien’s laut:
Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus!“

Ich spaziere weiter, der Boom der Investoren, so ein Flugblatt der Protestierer, nimmt aggressive Züge an. So sei der Obstgarten neben der Neuapostolischen Kirche plattgemacht worden, um dort zu bauen. Ich zähle 35 Baumstümpfe. Wer kann was gegen eine Verschönerung haben? Gegen Innenklos? Gegen Vollkornbäcker statt Gammeldöner? Und wann kippt es? Verdrängung ist nicht immer bösartig, fies, gewalttätig, durch dreiste Mieterhöhungen am Rande der Illegalität. Gentrifizierung und die ihr folgende Segregation funktioniert vor allem dadurch, dass weniger wohlhabenden Zuzugswilligen der Weg in den Bezirk versperrt bleibt.

Seit meinem Spaziergang bin ich mir sicher: Die Pappeln werden gefällt. Selbst wenn der Eigentümer dafür nicht die Genehmigung bekommt – die Ordnungsstrafe wird aus der Portokasse bezahlt. Auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain geschah dasselbe. Gestern den Öko-Investor spielen, morgen Bäume fällen; wahrscheinlich ohne gravierende Selbstzweifel. Adé Pappeln! Adé Naturnähe-Illusion. Welcome to the next Caipirinha-Bezirk.

*

Der Kalif schickt nach dem Weisen Ka’b el-Ahbâr, der den Anwesenden die Geschichte der Stadt enthüllt:

„das ist Iram die Säulenstadt, die in allen Landen nicht ihresgleichen hat.“

Es beginnt also wieder eine jener berühmten Geschichten in der Geschichte.

Der König Âd hatte zwei Söhne, Schadîd und Schaddâd. Schadîd stirbt.

Wie hier so oft üblich bei solchen Einführungen wissen wir wieder einmal nicht, warum diese Figuren – nämlich Âd und Schadîd überhaupt erwähnt wurden.

Schaddâd wird nun der mächtigste König seiner Zeit.

Er hatte unter seiner Herrschaft hunderttausend Fürsten, und jeder Fürst gebot über hunderttausend Machthaber, und jeder Machthaber über hunderttausend Krieger.

Das macht nach Adam Ries 1.000.000.000.000.000, also eine Billiarde Menschen. Das müssen Zeiten gewesen sein! Und da sind die Kinder, Frauen, Bauern, Handwerker usw. sowie etwaige ihmnicht unterstehenden Völker noch gar nicht mitgerechnet.

Als Schaddâd einen Bericht vom Jenseits liest, beschließt er, das Paradies auf Erden zu errichten.

Was das für Konsequenzen hat, wissen wir.

„Ziehet also nach der schönsten und weitesten Flur der Erde und baut mir dort eine Stadt aus Gold und Silber, [Aufzählung weiterer wertvoller Materialien]…“

Das diese schönste Flur ausgerechnet im Wüstenland Jemen zu finden sein soll, erstaunt.

Die ihm untergebenen Fürsten sammeln nun zwanzig Jahre lang Material, suchen die Gegend, finden sie und beginnen mit dem Bau.
Sie arbeiteten an jenem Werk dreihundert Jahre lang, und als sie es beendet hatten, gingen sie zum König und berichteten ihm darüber.

Dreihundert Jahre? Das erinnert an mosaische Zeiten.

Schaddâd befiehlt seinem Gefolge, sich zum Aufbruch bereitzumachen (darunter 1.000 Wesire).

Und ich dachte immer, die DDR mit ihren 35 (?) Ministern wäre eines der ministerreichsten Länder gewesen.

259. Nacht – Kindergarten Memories

Mein Kindergarten befand sich in einer Kleingartenanlage in Pankow: Ein doppelgeschossige Container-Baracke. Als ich diese vor kurzem aufsuchte, tat ich mir im Nachhinein leid. Klitzekleine, überheizte Räume für einen Haufen Kinder, ungesunde Luft. Immerhin eine große Wiese hinter dem "Gebäude".

 
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***

Während des Gesprächs geht der Kalif fort,

um ein Bedürfnis zu verrichten.

Währenddessen klärt Dscha’far Alâ ed-Din auf: Sie seien keine Derwische, sondern eben Harûn er-Raschîd, Dscha’far, Masrûr, Abu Nuwâs. Sein Vater hätte ja wohl in der kurzen Zeit keine Waren senden können.
Nach dessen Rückkehr unterwirft sich Alâ ed-Dîn dem Kalifen, man hört Zubaida, der Lautnerin, zu, deren

Saiten riefen: König David, du hast uns gespannt.

Der Kalif bestellt Alâ ed-Dîn für den nächsten Tag in die Regierungshalle. Dieser bringt ihm am nächsten Tag Geschenke mit und trägt einen öden Lob-Vierzeiler vor. Zum Lohn verleiht der Kalif Alâ ed-Dîn ein Ehrengewand und setzt ihn auf den Platz dessen Schwähers, der sich darüber beklagt. Harûn er-Raschîd:

"Ämter werden auf Zeit vergeben, nicht für das ganze Leben, du bist jetzt abgesetzt."

Das geht hier ruckzuck. Wie George W. Bush schon sagte: "If this were a dictatorship, it’d be a heck of a lot easier, just so long as I’m the dictator."

Man lässt verkünden:

"Allein Alâ ed-Dîn Abu esch-Schamât ist von jetzt an der Vorsteher der Kaufmannschaft! Man gehorche seinen Worten, und man achte seine Würde an allen Orten!"

Fragt sich nur, womit er das verdient hat. Seine Karawane hat er verloren, und zur Bewirtung der Derwische musste ihn seine Frau überreden. Weder moralische noch wirtschaftliche Kompetenz.

257. Nacht – Lager Kalinin und Lesebühnen-Berufe

Kränkliche Kinder aus dem durch Tschernobyl verstrahlten Teil Weißrusslands werden von einer Privatorganisation nach Deutschland geholt. Passiert gern, oft, immer wieder. Löblich. Meist lernen sie nette Gastfamilien kennen, deutsches Futter, deutsches Fernsehen, deutsches Streiten und Vertragen, deutsche Musik.
Oder die Kinder werden abgeladen. Im ehemaligen Pionierlager Kalinin und sich und ihrer weißrussischen Betreuerin selbst überlassen. Achso, Spielzeug gibt’s natürlich auch: Ein Paar Stelzen.

In diesem Lager war ich auch, und zwar genau zwei Mal: 1983 und 1985. Weitere spätere Lesebühnenautoren dort: Jakob Hein, Andreas Kampa und Jochen Schmidt.

Typische Berufe und Studienrichtungen Berliner Lesebühnenautoren:

  • Germanistik (Fast die gesamte Frühschoppen-Crew hat ihr Germanistik-Studium abgebrochen, Thilo Bock, Jochen Schmidt, Ivo Smolak, Frank Sorge)

  • Taxifahrer (Micha Ebeling, Uli Hannemann)

  • Drucker (Ahne, Falko Hennig, Robert Naumann, Michael Stein†)

  • Informatik (Tube, Andreas Kampa, Jochen Schmidt)

***

Zubaida gibt Alâ ed-Dîn ein wenig Geld, damit dieser Kadi und Zeugen so bestechen kann, dass sie ihm wenigstens Aufschub gewähren.
Tatsächlich entscheidet der Kadi:

„Die Scheidung durch Zwang ist nach keiner muslimischen Rechtslehre erlaubt.“

Doch gesteht er dem Brautvater zu, die Morgengabe in Höhe von zehntausend Dinaren einzufordern.
Am Abend gesellt sich Alâ ed-Dîn wieder zu seiner neuen Braut und lässt sich von ihr Lieder vorsingen, zu denen sie sich auf der Laute begleitet, als vier Derwische an die Tür klopfen. Diese bitten wider Erwarten nicht um Essen, sondern nur darum, der Musik lauschen zu dürfen:

Wir wünschen nur, in Gesellschaft zu sein;
Denn am Essen erkennt man das Vieh allein.

Als sie vom Schicksal Alâ ed-Dîns erfahren, beschwichtigt ihn einer der Derwische, er sei Scheich des Klosters und könne durch eine Sammlung bei seinen Mönchen die geforderten zehntausend Dinare auftreiben.

Jene vier Derwische aber waren der Kalif Harûn er-Raschîd, der Wesir Dscha’far der Barmekide, Abu Nuwâs el-Hasan ibn Hâni 257 und Masrûr, der Träger des Schwertes der Rache.

Der Kalif legt, bevor sie sich verabschieden, hundert Dinar unter den Gebetsteppich. Zubaida findet sie am nächsten Morgen und kauft davon ein. Dasselbe wiederholt sich in den folgenden neun Nächten, und Alâ ed-Dîn gibt die Hoffnung auf den großen Batzen fast auf.

257 Abu Nuwâs wird an dieser Stelle zum ersten Mal in den Tausendundein Nächten als Begleiter er-Raschîds erwähnt.

227. Nacht – Schulen, Freddie Mercury

Billig scheint es, sich darüber zu echauffieren, was in Schulen unterrichtet wird. Müssen Schulen immer 100 Jahre hinterherhinken? Der Fokus auf die Naturwissenschaften (die mir selber immer viel Freude bereitet haben) scheint mir übertrieben im Vergleich zu den völlig unterbelichteten Wissenschaften des 20. Jahrhunderts. Wo lernen die Schüler Grundsätzliches über Recht, Wirtschaft, Psychologie, Soziologie. Dagegen bietet sich der Geschichtsunterricht immer schön für ideologische Streitereien an. Angeblich halten viele Schüler Willy Brandt für einen DDR-Politiker, also mehr Unterricht über jüngere deutsche Geschichte. Nationalsozialismus muss, so die Bildungspolitiker nach Nazi-Anschlägen, auch gelehrt werden. Aber wo lernen die Schüler, wie man einen Kredit aufnimmt oder ein kleines Unternehmen aufbaut? Wo lernen sie juristisches Denken, das über das Grundgesetz hinausgeht? Freilich sind die Wissenslücken, die in den Tests zutage treten erstaunlich, aber haben diese Lücken nicht mit der Unfähigkeit der Kinder, sich selbst Wissen zu erschließen zu tun?

**

Der Alte ist sehr freundlich und lädt el-As’ad zu einer Feier ein. Nach kurzem Zögern – sein Bruder wartet schließlich im Gebirge – willigt dieser ein. Der Alte führt ihn durch die Gassen der Stadt, in ein geräumiges Haus.

Darin befand sich eine Halle, in deren Mitte vierzig alte hochbetagte Männer saßen, im Kreise um ein brennendes Feuer aufgereiht; rings um das Feuer saßen sie auf den Knien, beteten es an und warfen sich vor ihm nieder. Wie el-As’ad das sah, erschrak er über sie.

Die armen Zoroastrier! Diese Religion, die von vielen durchaus als Vorläufer der großen monotheistischen Religionen angesehen wird, litt im frühislamischen Persien unter großen Vorbehalten. Natürlich wird nicht das Feuer "angebetet", es ist eher ein Symbol und wird als solches verehrt, so wie ja auch im Christentum nicht das Kreuz als solches angebetet wird. Heute ist die Religionsgruppe – vor allem durch ihre strikten endogamen Heiratsvorschriften vom Aussterben bedroht. Bekanntester Zoroastrier der letzten Jahre: Freddie Mercury.

Die schlimmsten Ängste gegenüber der fremden Religion werden war. El-As’ad wird von einem schwarzen Sklaven namens Ghadbân gefesselt.

Sein Ansehen war voll Graus, und seine Nase sah wie flachgedrückt aus.

Einen folternden schwarzen Sklaven dieses Namens haben wir bereits in der Geschichte von Omar ibn en’Nu’man erlebt.

In einem Keller wird er einer weiteren Sklavin übergeben, die ihn in der Nacht foltert.

Erinnert an Hinkebein aus Pulp Fiction.

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210. Nacht – Habermas – Personenrecherche

Im Traum erinnere ich mich an einen Menschen, an den ich seit 30 Jahren nicht mehr gedacht habe und mit dem ich nur wenige Wochen zu tun hatte. Erinnere mich an gemeinsame Erlebnisse auf dem Spielplatz, im Kino. Selbst der Name des Vaters fällt mir wieder ein, die Farbe der Augen, das Wohnungsschild. Recherchiere (was ja heutzutage „googeln“ bedeutet) und die Eckdaten lauten Post-Berufsschule, Berlin, Künstlerin, T.-Gesellschaft. Weiß nicht einmal mehr, wann und weshalb man sich aus den Augen verloren hat. Aber Kinderfreundschaften lassen sich oft nur deshalb nicht mehr kitten, weil man keinen äußeren Anlass zum Sich-Sehen hat.

***

Regal Soziologie

Elftes Buch von rechts

Jürgen Habermas: „Die Neue Unübersichtlichkeit. Kleine politische Schriften V“

Erworben: ca. 1992. Wenn ich mich recht entsinne, ist das einzige Buch, das ich gestohlen habe. In einer Lichtenberger Buchhandlung. Ich steckte es mir in den Schritt, und noch als ich 200 Meter entfernt war, zitterten mir vor Angst die Beine. Meine wohlhabenderen Freunde hatten hingegen kein Problem damit, mit einem Rucksack in einen Buchladen zu gehen und ganze Regale einzustecken.
Status: Einzelne Artikel gleichermaßen neugierig und gelangweilt gelesen.
Erster Satz: „Retrospektiv nimmt der seit Mitte der siebziger Jahre herrschende, im buchstäblichen Sinne re-aktionäre Zeitgeist klarere Konturen an – im Baustil nicht weniger als im Stil des zeitdiagnostischen Gedankens.
Kommentar: Heute wirkt der Konservatismus, gegen den sich Habermas wendet, wie die dunkle Erinnerung an einen bösartigen Urgroßvater. Ich will damit nicht sagen, dass der über Leichen gehende Konservatismus eines Roland Koch ungefährlicher wäre als der eines Alfred Dregger oder Franz-Josef Strauß, aber der Stil ist ein anderer. „Neue Unübersichtlichkeit“ ist im heutigen Kontext eigentlich kaum mehr verständlich.

**

Hajât en-Nufûs warnt Budûr, ihr Vater würde sie verjagen, wenn er sie denn nicht entjungfere. Budûr ist verzweifelt:

„Ich bin doch kein Mann, dass ich diese Jungfrau öffnen könnte.“

Sie offenbart sich Hajât en-Nufûs und bittet, ihr Geheimnis zu wahren.

169. Nacht

In Bagdad trifft unser Juwelier die Sklavin wieder, die ihm vom Ableben Schams en-Nahârs berichtet, die während eines Trink- und Gesangsgelages mit dem Kalifen, Musikern und Sängerinnen ihren Tod fand.

Und in heftigem Schmerz um ihr Hinscheiden befahl er [der Kalif], alle Geräte, alle Lauten und alle anderen Musikinstrumente, die in dem Saale waren, zu zerbrechen.

Erinnert mich an Hannes Hegens Digedags-Comics. Sobald Musikinstrumente auftauchten, konnte man sich sicher sein, dass sie früher oder später beschädigt wurden.

Die Sklavin aber wurde vom Kalifen freigelassen.

Wenn das mal nicht ein schönes Happy End ist. Figuren (wie Abu el-Hasan) werden großspurig eingeführt und spielen dann absolut keine Rolle mehr, ein ewiges Hin und Her im Austausch der immerselben Nachrichten, und am Ende sind alle tot.
Storytelling: 4 minus.
Pracht: 3 minus
Figuren: 4 minus

109. Nacht

Der Wesir zieht mit der Braut zu Sulaimân Schâh, und sie wird in der Grünen Stadt mit allen Ehren empfangen:

Der König ließ durch einen Ausrufer in der ganzen Stadt verkünden,
keine verschleierte Maid,
keine vornehme Dam im Ehrenkleid,
keine Dame gebrochen von der Zeit
solle es unterlassen, der Braut entgegenzuziehen.

So wie man auch bei uns manchmal zum Spalierstehen verpflichtet wurde. Das letzte Mal, da ich bei so etwas freiwillig mitgemacht habe, war im Oktober 1979. Breshnew kam anlässlich des 30. Geburtstags der DDR nach Berlin, und man konnte vom Straßenrand aus sehen, wie klapprig und monoton er wirkte. Spät am Abend wurde live ein Fackelzug im Fernsehen gezeigt. Nach 1 Stunde änderte sich die Kamera, so dass man den (inzwischen zu Bett oder an die Schläuche transportierten) Breshnew nicht mehr sehen konnte. Eine große Panne bei der Ansprache der FDJler: Der Danksager vergaß seinen Text. Man munkelte, er habe dann einen Nervenzusammenbruch bekommen und sei dann in der Psychiatrie gelandet. Mit nicht einmal elf Jahren war ich von den Sprech-Chören "SED-KPdSU" peinlicher berührt als meine Eltern, die das Ganze fatalistisch zur Kenntnis nahmen.

Ruckzuck wird geheiratet. Sulaimân

nimmt ihr Mädchentum, und alle seine Sorge und Unruhe hatte ein Ende.

Es gab Zeiten, in denen ich mich grämte, wenn ich nicht regelmäßig Geschlechtsverkehr hatte. So ein König ist schon mit einem einzigen Mal zufriedenzustellen.

Man kann es sich denken: Wie auch in den anderen Erzählungen empfängt hier die Jungfrau bereits in der ersten Nacht. Der geborene Knabe wird Tâdsch el-Mulûk Charân genannt.

Unklare Praxis: Nach dem Zerschneiden der Nabelschnur die Augen salben.

Ab dem siebenten Lebensjahr wird er von den Gelehrten unterrichtet und

als er nun alles wusste, was der König verlangte, übergab man ihn einem geschickten Meister, der den Knaben die Reitkunst lehrte.