515.-516. Nacht

515. Nacht

König Tighmûs ist noch so von den Socken, dass er aus Dankbarkeit seiner Schwiegertochter Schamsa ein Schloss inmitten eines Blumengartens erbauen lässt. Die Wiederkunft des Prinzen Dschanschâh wird ausführlich und in aller Pracht gefeiert. Dieser aber lässt aus einem weißen Marmorblock eine Truhe bauen, in der er das Federkleid seiner Braut verbirgt

und ließ sie im Fundament versenken.

Dies ist ein seltsames Motiv, das sich auch in Grimms Märchen finden lässt: Das Halbwesen ist an seine Hülle gebunden und fühlt sich zu ihr hingezogen. Erst wenn sie völlig vernichtet ist, wird es zum Menschen.

 516. Nacht

Tatsächlich verspürt Schamsa beim Eintreten ins Schloss den Duft des Federkleids, wartet bis der Prinz eingeschlafen ist, begibt sich zur Truhe,

und nahm das Blei ab, mit dem sie verschlossen war.

Sie zieht das Federkleid an, steigt auf das Dach des Palastes, lässt den Prinzen holen und ruft ihm zu:

Du mein Lieb, mein Augentrost, meines Herzensfrucht, bei Allah, ich liebe dich über die Maßen, und ich bin so unendlich froh, dass ich dich in dein Heimatland zurückgebracht und deine Mutter und deinen Vater gesehen habe. Doch wenn du mich liebst, so wie ich dich liebe, so komm zu mir nach Takni dem Edelsteinschloss!“ Und zur selbigen Stunde schwebte sie davon und flog zu den Ihren.

Dass junge Frauen, vor allem verwandelte, ihren Jungs einige Herausforderungen auferlegen, kennen wir. Aber das hier ist ja wohl unerhört. Vielleicht war es eine schlechte Idee, das duftende Federkleid nur zu vergraben?

Der König tröstet Dschanschâh und lässt Kaufleute befragen, ob sie Takni kennen. Da aber keiner Auskunft geben kann,

so befahl er, man solle seinem Sohne schöne Mädchen bringen, Sklavinnen, in deren Händen die Musikinstrumente erklangen, und Odalisken, die da sangen, derentgleichen nur bei Königen zu finden waren.

Wir ahnen schon, dass sich der Prinz davon nicht ablenken lässt. Denn Herzeleid ist großes Leid, und in den 1001 Nächten unstillbar.

Geduld schwand mir dahin, die Sehnsucht ist geblieben:
Mein Leib ist siech, von schwerer Liebespein gebannt.
Wann wird mich das Geschick mit Schamsa einst vereinen,
Wo mein Gebein zerfällt, von Trennungsschmerz verbrannt.

König Tighmus, so erfahren wir, ist verfeindet mit Kâfid, dem König von Indien. Dieser

hatte tausend Ritter, von denen jeder über tausend Stämme gebot, und jeder von diesen Stämmen vermochte viertausend Berittene zu stellen.

Das wären Vier Milliarden indische Reiter!
Der Höhepunkt der Anzahl von Armeeangehörigen weltweit war offensichtlich 1995 mit ca. 30 Millionen.

Na gut, wir bewegen uns ja immer noch im Reich der Fiktion und wollen es angesichts an- und abgelegter Federkleider und sprechender Schlangen mit historischer Präzision nicht übergenau nehmen.

Da der Kabuler König Tighmus einst viele Inder tötete, ist nun wohl ein guter Zeitpunkt, um Rache zu nehmen.

Ferienlager-Käufe – 511. – 514. Nacht

Ferienlager-Käufe – 511. – 514. Nacht

Was wir von den 10 Mark im Ferienlager kauften

Als Kind hatte man im DDR-Ferienlager 10 Mark dabeizuhaben. Nicht mehr, nicht weniger. Das galt von 7 bis 13 Jahre. Manchmal hatte sich einer noch heimlich 5 Mark vom Gesparten mitgenommen oder die Oma hatte noch einen Zehner draufgelegt. Aber diese Kinder gehörten zu den Exoten und pflegten ihr Extrageld rasch zu verlieren oder auszugeben.
Die Frage war natürlich: Was sollte man sich kaufen? Manche gaben schon am ersten Tag am Kiosk fast all ihr Geld aus. Der Ruhm des Vielbesitzenden umwehte sie für nicht mal eine halbe Woche, dann gehörten sie zur Bettler-Kaste. Ich war einer von denen, die den Ehrgeiz hatten, nach zwei Wochen mit möglichst viel Geld wieder nach Hause zu fahren. Aber bald fand ich heraus, dass Ferienlager ohne jeglichen Hedonismus im Grunde nichts wert war.
Hier die Top Ten der Dinge, die ich im Ferienlager kaufte.

10. Zahnputzbecher

Wenn man den Zahnputzbecher vergessen hatte, bemerkte man das schon am ersten Abend, und beim nächsten Frühstück gab es eine lange Schlange der Bummelbecherkinder. Dass man sich den Mund auch einfach ohne Zahnputzbecher ausspülen könnte, war für mich damals eine Idee aus dem Bereich der Fantasy.

9. Zahnpasta

Eng mit dem Zahnputzbecher verwandt war die Zahnpasta. Aber man kaufte Zahnpasta nicht etwa, weil man sie vergessen hatte, sondern weil irgendjemand Zahnpasta dabei hatte, die hundert Mal besser war als die eigene, was in meinem Falle immer Silca war. Wäre nicht das Ferienlager gewesen, hätte ich nie von Ajona erfahren, von der man nur eine linsengroße Menge benötigte. Oder von Rot-Weiß, der Zahnpasta, die extra damit warb, nicht zu schäumen. Oder Chlorodont, die eigentlich ziemlich furchtbar schmeckte, aber dermaßen billig war, dass es völlig irre erschien, sie nicht zu kaufen. Die Freude meiner Eltern über die angefangene Tube hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen.

8. Creck

Meiner Sparneigung kam außerdem die ebenfalls im Ferienlager entdeckte Creck, einer Schokoladen-Ersatztafel, die aus einer Mischung Hartfett, Zucker und gemahlenem Knäckebrot bestand. Der Kakao-Anteil lag bei zirka 3 Prozent. Entsprechend schmeckte sie auch. Es half, wenn man möglichst viel davon auf einmal aß, das Ganze möglichst schnell verdrückte und sich dabei über die Sammelbilder freute, die es – hallo Sparfuchs! – gratis auf der Innenseite der Packung gab. Jedes Mal im Sommer begann ich, Creckbilder zu sammeln. Nach zwei Bildern hörte ich immer auf, der Ekel war doch zu groß.

7. Taschenlampe

Wer ins Ferienlager fuhr, brauchte natürlich eine Taschenlampe. Diese dem Kind mitzugeben, wurde den Eltern eingeschärft. Wie sonst hätte man nachts den Weg zum Klo finden sollen? Oder den Weg zum Mädchen-Bungalow? Wie sonst hätte man nachts noch lesen können? Oder Schattenspiele an der Bungalow-Decke veranstalten? Wie sonst hätte man bei der Nachtwanderung den Weg zur alten Bunkerruine finden können? Wie sonst hätte man Monster spielen können, wenn man sich nicht die Lampe in den Mund gesteckt hätte? Nun war es aber so, dass manche eine Stabtaschenlampe besaßen, mit der man ungelogen bei der Nachtwanderung bis zum Mond hochleuchten konnte. Mit anderen Worten: Über 300.000 Kilometer weit. Meine leuchtete nicht einmal über vier Meter. Das Problem war natürlich, dass man so ein Riesenteil nicht in die Hosentasche stecken konnte. Außerdem waren eigentlich Signaltaschenlampen, bei denen man die Farben verstellen konnte, deutlich cooler. Nur dass wir damals nicht „cool“ sagten, sondern „lässig“, was im Grunde dasselbe bedeutete.

6. Batterien

Die Taschenlampen-Manie führte schließlich dazu, dass man andauernd Batterie-Nachschub benötigte. Besonders beliebt waren die Flachbatterien, an deren Kontakten man lutschen konnte, um zu prüfen, ob sie noch gut waren. Manche behaupteten sogar, von ihren größeren Brüdern gelernt zu haben, dass man auf diese Weise die eigene Energiezufuhr erhöhen könnte. Ich konnte das nicht prüfen, ich hatte ja keinen großen Bruder. Ich war selber einer.

5. Cola

Dass es in der DDR überall immer nur dieselben Dinge zu kaufen gab, ist ein Märchen. Das mussten wir auf die harte Tour erfahren, wenn wir außerhalb Berlins Cola kauften. Während die Berliner Club-Cola ganz passabel schmeckte waren die Provinzsorten, die auch immer in braunen Flaschen verkauft wurden, eine Zumutung. Hier also innerhalb meiner Top Ten eine Unterliste der Bottom 25 der DDR Colas
• Asco-Cola (u. a. VEB Brauhaus Saalfeld; VEB Getränke Zerbst)
• Bongo-Cola (Jos.Gastrich, Bernburg)
• Cherry-Cola (u. a. VEB Margon Dresden; VEB Getränkekombinat Neubrandenburg; VEB Fruchtlimonaden Cainsdorf)
• Chico (VEB Getränkekombinat Karl-Marx-Stadt)
• Co-Bra (VEB Vereinigte Getränkebetriebe Cottbus)
• Cola-Hit, koffeinfreie Cola (u. a. VEB Stadtbrauerei Forst)
• Colette Cola, (u. a. VEB Harzer Brunnen Wernigerode; VEB Brau- und Malz-Union Hadmersleben; VEB Getränkekombinat Schwerin)
• Diabeli Cola, Kola-Getränk für Diabetiker, (VEB Getränkekombinat Neubrandenburg)
• Disco-Cola, (u. a. VEB Brau- und Malz-Union Hadmersleben)


• Efro Kristall (u. a. VEB (K) Rosenbrauerei Pößneck; Kastner KG Berlin-Köpenick)
• Gold-Cola, (u. a. VEB Brauhaus Halle; VEB Rose-Brauerei Grabow; VEB Berliner Brauereien; VEB Getränkekombinat Leipzig)
• Inter-Cola (u. a. VEB Getränkekombinat Hanseat Greifswald; Brauerei H.Schönfeld Potsdam)
• Margon Cola (VEB Margon Burkhardswalde)
• Marika (Fasscola)
• Markola (Stadtbrauerei Markneukirchen)
• Pola Cola (Konrad Pohlmann, Mineralwasserfabrik Coswig-Anh.)
• Prick-Cola (u. a. VEB Altenburger Brauerei)
• Quick-Cola (u. a. Brauerei Ernst Bauer Leipzig; VEB Ostthüringer Brauereien Pössneck; Johannes Köhler KG Eilenburg)
• Quiss Cola (Johannes Köhler KG Eilenburg)
• Sport-Cola
• Stern-Cola (VEB Getränkebetrieb Stadtroda, VEB Brauerei Neunspringe Worbis)
• Vita Cola (u. a. VEB Turmbräu Leipzig; Konsum-Brauerei Weimar-Ehringsdorf; VEB Greifswalder Brauerei; EB Klosterbrauerei Bad Salzungen; VEB Berliner Brauereien)
• Trako Kristall, (Brauhaus Markranstadt)
• Tropen-Cola (u. a. VEB Vereinsbrauerei Greiz; VEB Brauerei Colditz, Brauerei F. A. Ulrich Leipzig)
• Win-Cola (Bergquell-Brauerei KG Löbau)

4. Skatkarten

Absolut unverzichtbar waren Skatkarten. Man brauchte sie für den All Time Favorite Mau-Mau, für Schummellieschen, für den Verarschungs-Gag 32-Heb-auf, den man mit den Neuen machen konnte, in den späteren Jahren für Skat, für Kartentricks, Krieg/Frieden, wenn man mit jemandem spielte, der sonst nichts konnte. Da man immer ein Skat-Kartenspiel dabei hatte, hätte man sich auch kein neues kaufen müssen, wäre da nicht Knipper gewesen, auch Fingerkloppe oder Folter-Mau-Mau genannt, an dessen Ende man dem Verlierer mit dem Kartenstapel auf die Fingerknöchel schlagen durfte, bzw. wenn die verschärfte Variante „mit Treppe“ gespielt wurde, wurde dem Verlierer mit dem angeschrägten Kartenstapel die Haut von den Knöcheln regelrecht heruntergefräst. Knipperspieler erkannte man folglich an den Pflastern, die sie während der Ferienlagerzeit auf den Händen trugen. Da aber bei diesem Spiel auch die Karten in Mitleidenschaft gezogen wurden – entweder weil sie während der Folter geknickt waren oder durch die Blutschlieren unbrauchbar gemacht worden waren, musste nachgekauft werden. Notfalls legten die Folterer zusammen.

3. Richtige Schokolade

Wenn der Ekel vor der Creck-Tafel überhandnahm, blieb einem nichts anderes übrig, als das schöne Geld für richtige Schokolade auszugeben. Schokolade, die teuer war. Schokolade, die man sich zuhause nicht kaufen würde. Mit Pfefferminzfüllung, mit Fruchtfüllung, mit Kokosfüllung, mit Knäckebrotfüllung. Die Riegel wurden eingeteilt, so dass drei Stückchen pro Tag blieben.

2. Pfeffi-Stangen

Natürlich blieb es nicht bei drei Stückchen pro Tag. Und dann war es so weit. Noch fünf Tage bis zur Abreise, und man hatte nur noch 90 Pfennig, was nicht mal für Creck reichte. Und so wich man auf Pfeffi-Stangen aus. 10 Stück für 10 Pfennig. Glück konnte so billig sein.

1. Fahrtenmesser

Aber irgendwann kam der Tag, an dem sich jeder Junge entscheiden musste: Bleibe ich ein kleines Kind oder investiere ich sieben Mark in ein Fahrtenmesser. Mit Blutrinne. Diese Messer waren meistens. Sie ließen sich nicht mal richtig zum Schnitzen benutzen. Aber für Gruppenrituale benutzen. Einmal, als wir mit einem Hungerstreik gegen die Entlassung unseres alkoholsüchtigen Gruppenleiters protestieren wollten beschlossen wir, diesen Streik mit einem Schwur zu besiegeln, indem wir unsere Fahrtenmesser gemeinsam in den See werfen würden. Erst im letzten Moment schlug Dirk vor, wir könnten die Messer ja auch in die Weide stechen. Warum waren wir nicht schon früher darauf gekommen? Im Nachhinein hätte es nichts geschadet, die Messer in den See zu werfen, diese stumpfen Mistteile. Ich war der Einzige, der den Hungerstreik wenigstens bis zum Abend durchhielt. Aber eine Blutrinne würde nie wieder eines meiner Messer haben.

*

511. Nacht

Nach einem Jahr kommt tatsächlich der Vogelzug wieder daher. Doch muss sich Dschanschâh noch weitere drei Tage im Pavillon verstecken, bis die drei Riesenvögel aufkreuzen, ihre Gefieder ablegen und als nackte Mädchen im Teich baden.

Wie sie aber im Wasser schwammen und zur Mitte des Teiches gelangten, sprang er auf, eilte wie der blendende Blitz dahin und ergriff das Gewand der jüngsten Maid, der, an die er sein Herz gehängt hatte und die Schamsa [Sonne] hieß.

Sie bittet ihn um ihr Kleid, um herauskommen zu dürfen. Er gesteht ihr lediglich zu, dass eine der Schwestern ihr etwas von ihren Federn abgeben darf, um die Blöße zu bedecken.

Nun kam sie daher, als wäre sie der aufgehende Vollmond, der helle, oder eine äsende Gazelle.

Und er berichtet wieder einmal seine Erlebnisse.

512. Nacht

Der Herr der Vögel, Scheich Nasr, nimmt der jungen Frau das Versprechen ab, Dschanschâh nie untreu zu werden. So bleiben sie noch drei Monate;

und sie aßen und tranken, spielten und scherzten.

513. Nacht

Nach dieser Zeit willigt sie ein, mit Dschanschâh in dessen Heimat Kabul zu ziehen und sich dort mit ihm zu vermählen.
Der Tag der Abreise kommt, Schamsa erhält ihr Federkleid zurück und Dschanschâh steigt auf ihren Rücken und sie trägt ihn drei Tage lang. Sie schwebt herab

auf ein weites Wiesenland in der Blumen Prachtgewand, mit äsenden Gazellen und sprudelnden Quellen, woe Bäume voll reifer Früchte standen und breite Bäche sich wanden.

Sie erklärt ihm:

„Wir haben eine Strecke von dreißig Monaten zurückgelegt.“

Sie rasten auf der „Wiese Karâni“.

Wo das sein soll, konnte ich nicht herausfinden.

Da begegnen ihnen zwei Mamluken. Einer von ihnen ist der, der im Fischerboot geblieben war. Man einigt sich darauf, dass sie Dschanschâhs Vater die Nachricht seiner baldigen Ankunft geben sollen, damit man ihn nach einer angemessenen Pause zum Prunkzug abholen möge.

514. Nacht

Als die Mamluken dem König die Botschaft der Ankunft seines Sohnes überbringen, fällt dieser in Ohnmacht, und verspricht ihnen, als er aufwacht eine Summe Geldes:

„Nehmt diesen Lohn für die frohe Botschaft, die ihr gebracht habt, mag sie nun falsch oder wahr sein!“

Eine bemerkenswerte Geste für den König eines Großreichs.

Er reitet dem Sohn mit großem Gefolge entgegen zum Fluss.

Dort saßen die Krieger und die Mannen ab, schlugen die Zelte und Prunkzelte auf und errichteten die Standarten; und die Trommeln wirbelten, die Flöten erklangen, die Pauken dröhnten und die Hörner schmetterten. Nun befahl König Tighmûs den Zeltaufschlägern, ein Zelt aus roter Seide zu bringen und es für die Herrin Schamsa herzurichten.

Der Beruf des Zeltaufschlägers dürfte inzwischen auch ausgestorben sein.

Sie legt ihr Federkleid ab und es kommt zur großen Vereinigung von Vater, Sohn und Schwiegertochter. Dschanschâh muss abermals seine Geschichte erzählen.

499.-500. Nacht, Letzter DDR-Pfennig-Artikel, Hochzeit in Kabul

499.-500. Nacht, Letzter DDR-Pfennig-Artikel, Hochzeit in Kabul

Am Montag, dem 2. Juli 1990, dem Tag nach der Währungsunion, befand ich, dass ich für meinen kleinen Campingtrip nach Prag einen Dosenöffner bräuchte. Nach der Arbeit fuhr ich daher ins Centrum Warenhaus am Alex. (Ich hätte ihn gewiss auch in einem kleineren Laden gefunden, aber das Warenhaus lag mehr oder weniger auf dem Weg, und bei kleinen Läden wusste man nie.)
Ich wurde fündig, zahlte die 25 Pfennig und fuhr die Rolltreppe hinab. Und da standen sie schon – die Kamerateams von ARD und ZDF, die darauf aus waren, DDR-Bürger vor die Kamera zu zerren und zu fragen, was sie sich denn nun als erstes von ihrem schönen neuen Westgeld gekauft hätten. Ich war damals wirklich nicht besonders kamerageil, aber in dem Moment spazierte ich absichtlich langsam auf die Teams zu, um ihnen im Falle der Befragung diesen unansehnlichen DDR-Pfennigartikel zu präsentieren.
Ob sie schon was geahnt hatten oder ich ihnen zu unfotogen war – sie ließen mich ziehen. Und jetzt kann es jeder wissen, der lesen kann.

*

(Fortsetzung von Die Abenteuer Bulûkijas in Die Geschichte der Schlangenkönigin)

499. Nacht

Die Schlangenkönigin fährt fort und berichtet, dass nachdem Bulûkija seine Erlebnisse vorgetragen hatte, der Jüngling vor den Grabmalen seine eigene Geschichte erzählt.

Die Geschichte von Dschanschâh

Wir haben nun also eine Geschichte (Dschanschâh) in einer Geschichte (Bulûkija) in einer Geschichte (Schlangenkönigin) in einer Geschichte (1001 Nacht).

Der König Tighmûs von Kabul ist ein reicher Herrscher, aber ohne Weib und Nachkommen. Seine Astrologen meinen, die einzig mögliche glückliche Heirat wäre die mit der Tochter des Königs von Chorasân. Er sendet daraufhin seinen Wesir mit einem riesigen Trupp und reichen Geschenken nach Chorasân, damit dieser um die Prinzessin wirbt, versehen mit der Drohung, sich ihn zum Feind zu machen, falls er widerstrebt.
Bahraqân, der König von Chorasân ist hoch erfreut und überbringt seiner Tochter diese Botschaft. Diese antwortet nur:

„Tu, was du willst.“

Die Beschreibung legt nahe, dass der Wesir mehrere Wochen unterwegs ist. Allerdings darf man nicht die heutige Distanz von zirka 1.500 km annehmen. Denn das alte Chorasân reichte zeitweise weit bis in das heutige Afghanistan hinein.

500. Nacht

Die Prinzessin wird ohne Anwesenheit des Bräutigams vermählt.

Man kann annehmen, dass ihr der kirchliche Segen gegeben wird, denn es es ist von christlichen Mönchen und Priestern die Rede.

Nach zwei Gastmonaten reist die Prinzessin mit dem Wesir zurück. Auch in Kabul findet eine Hochzeit statt.

Dann ging er zu der Prinzessin ein und nahm ihr das Mädchentum.

Sie empfängt auch sofort, und der Held unserer Geschichte (und Erzähler) Dschanschâh wird geboren, dem man die beste Erziehung angedeihen lässt, unter anderem begann er,

dass Evangelium zu lesen,

was nicht heißt, dass er christlich ist wie seine Mutter, sondern das Evangelium (Indschîl), hat eine spezielle Bedeutung im Islam.

Als er groß wird, jagt er eines Tages eine Gazelle, die ihm entkommt und sich ins Meer stürzt.

Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an.